Supermärkte mit veganen Produkten: Veganz kannibalisiert sich

„Veganz meldet Insolvenz an“, schrieben Onlinemedien. „Fake News!“, plärrte das Unternehmen zurück. Was ist los bei der tierfreien Supermarktkette?

Ein Einkaufswagen im Veganz-Supermarkt in Frankfurt am Main

Alles ohne Tier: Regale im Veganz-Supermarkt Foto: dpa

BERLIN taz | Es sind schon wunderliche Zeiten, in denen sogar vegane Supermarktketten mit Trump-Formeln um sich werfen. „Fake News“, warf das Berliner Start-up Veganz in der vergangenen Woche dem Nachrichtenportal Spiegel Online in einem mittlerweile gelöschten Post vor. Das hatte in der vergangenen Woche „Veganz meldet Insolvenz an“ getitelt. Und tatsächlich hatte gerade wieder ein Veganz-Supermarkt dichtgemacht: Nach der Münchner Filiale im letzten August schloss Anfang des Monat nun der Frankfurter Standort. Was ist da los?

Tatsächlich könnten sogar weitere Filialen auf der Kippe stehen. Die Veganz Retail GmbH hat im Dezember einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Allerdings: Die Veganz Retail GmbH umfasst nur Veganz-Filialen außerhalb Berlins – alle weiteren Gesellschaften seien davon nicht betroffen, erklärt der Rechtsanwalt Christian Otto. Er beaufsichtigt das Verfahren als vorläufiger Sachverwalter. Denn bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung bleibt das Unternehmen in den Händen der Geschäftsführung statt bei einem Insolvenzverwalter.

Die Retail GmbH beschäftigt laut Christian Otto 50 Mitarbeiter. Welche Filialen genau noch von einer Schließung bedroht seien, sei offen. „Wir verhandeln derzeit mit jedem Standort außerhalb Berlins. Hauptthema ist dabei die Miete“, sagte Veganz-Chef Jan Bredack. Der einstige Daim­ler-­Manager hatte das Unternehmen 2011 mit einem ersten Standort in Berlin gegründet. Zuletzt war Veganz mit seinen Produkten als Großhändler in den Vordergrund gerückt: Ab August 2015 standen die tierfreien Waren beim Drogeriemarkt dm im Regal, später konnte sich das Start-up unter anderem Edeka als Geschäftspartner sichern.

Bredacks ursprüngliches Geschäftsmodell bleibt nun jedoch auf der Strecke: „Das Konzept veganer Supermarkt funktioniert nicht mehr“, sagt Bredack nun. „Das Angebot im Einzelhandel ist mittlerweile einfach zu groß, vegane Lebensmittel sind verfügbarer.“ Dazu gehören immerhin auch die Produkte von Bredacks Eigenmarke.

Supermärkte werden zu „Flagship-Stores“

Veganz hat sich also selbst ­abgeschafft? Schon, sagt Bredack, aber „wir sind ja selber am Drücker“. Wenn es nach ihm geht, ist alles Teil einer lange angelegten Strategie, in der jetzt der Umbau der Supermärkte auf den Plan tritt. Von einem „Markenerlebnis“ spricht Bredack, wenn er sein neues Konzept beschreibt.

Die Läden würden zu „Flagship-Stores“ umgebaut, in denen sehr viel verkostet werde und die eine Mischung aus Gastronomie und Laden seien. Dafür hatte das Start-up noch Ende 2016 mit einem Investoren zusammen das insolvente Unternehmen Goodies übernommen, dessen Cafés schon zuvor oft an Veganz-Supermärkte angeschlossen waren.

Als Erste sollen die Berliner dieses neue Konzept sehen können. In den Hauptstadt-Supermärkten sei die Situation eine andere, sagt Bredack. Hier laufe das Geschäft auch wegen der vielen Touristen noch.

Das Großhandelsgeschäft mag Veganz eine neue Richtung geben – aber auch das lief in den vergangenen Monaten nicht reibungslos. Zum Ärger über verfehlte Umsatzziele bei Edeka kam Streit über angeblich ausstehende Zahlungen des Einzelhandelsriesen: Im November ließ Veganz wissen, dass man eine Klageschrift vorbereite.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.