piwik no script img

Super Bowl geht nach WisconsinKleine Stadt ganz groß

Die Green Bay Packers siegen in der Super Bowl 31:25 gegen Pittsburgh - dank eines in jeder Hinsicht akkuraten Quarterbacks Aaron Rodgers.

Aaron Rodgers wirft die Green Bay Packers zur Meisterschaft. Bild: reuters

DALLAS taz | Die Umkleidekabine ist fast so groß wie ein Basketballfeld, in Texas ist eben alles ein bisschen größer. Und in all dem Gewusel wirkt der Spind von Aaron Rodgers noch steriler. In einer Ecke liegt ein nassgeschwitztes Trikot, die Spieler schneiden sich die Tapes von Armen und Knöcheln und werfen sie weg, es riecht wie in einem Rodeo-Stadion.

Ganz hinten im Eck aber hängt ein hellblaues, steif gebügeltes Hemd auf einem Haken, im Fach darüber steht ein Paar glänzender Budapester. Quarterback Rodgers hat es noch nicht bis in die Kabine der Green Bay Packers geschafft: Ein Preis hier, ein Schulterklopfer dort, was man eben so mitnimmt nach einer gewonnen Super Bowl inklusive eines Preises für den besten Spieler - ein rotes Cabriolet übrigens. Erst zwei Stunden nach dem Spiel kommt er an, er hat ein Lächeln im Gesicht, ansonsten wirkt er wie immer: ruhig, aufgeräumt, korrekt. Und als ob er schon geduscht hätte.

Der Quarterback der Green Bay Packers führte in der 45. Ausgabe der Super Bowl seine Mannschaft zu einem 31:25-Sieg über die Pittsburgh Steelers. Es war ein emotionaler Sieg, nicht nur, weil es gegen Ende noch einmal richtig spannend geworden ist. Doch Rodgers blieb cool. Er gewann nicht, weil er etwa besonders spektakulär spielte, wie es seine Statistiken suggerieren: 304 Yards ohne einen einzigen abgefangenen Pass, noch präziser waren in einer Super Bowl erst zwei Spielmacher.

Im ersten Viertel fand Rodgers mit einem 29-Yard-Pass seinen Receiver Jordy Nelson, gut zwei Minuten vor der Pause fing Greg Jennings einen Touchdown in der Endzone, die Packers führten 21:3. "Wir haben ihm das Spiel auf die Schultern gepackt", sagte Packers-Cheftrainer Mike McCarthy. Indem er alle Verantwortung seinem Quarterback übertrug, wollten die Packers die starke Defensive der Steelers gegen das Laufspiel umgehen. Das gelang aber nur zeitweise, die Steelers fanden zu Ende der ersten Halbzeit ihren Rhythmus und das Spiel wurde spannend. Im letzten Viertel kam Pittsburgh noch einmal auf 25:28 heran. Aber Rodgers hielt dagegen und spielte - anders als sein Gegenüber, Pittsburghs Quarterback Ben Roethlisberger - fehlerlos. Das genügte an diesem Abend gegen die Steelers, die sich drei folgenschwere Ballverluste leisteten.

So groß der Erfolg, so klein ist die Stadt, aus der die Packers kommen. Green Bay ist der kleinste Ort mit einem NFL-Team, aber der mit der größten Tradition. Schon 13 Mal haben die Packers nun den NFL-Titel gewonnen , auch die ersten beiden Super-Bowl-Siege in den Sechziger Jahren gehen auf ihr Konto, der dazugehörige Pokal ist nach ihrem legendären Trainer benannt. Nun kommt die Vince-Lombardi-Trophäe wieder "nach Hause", sagten alle Packers nach dem Sieg unisono, heim nach "Titletown", wie Green Bay auch genannt wird, dorthin, wo Trainer Lombardi einst wirkte. "Die kleinste Stadt der Liga hat das größte Spiel gewonnen", sagte der NFL-Chef Roger Goodell bei der Siegerehrung.

Goodell hatte mit der Vergabe des Finales nach Dallas einen Superlativ angestrebt, und weitestgehend ist das auch gelungen. Spiel und Stadion hatten das Prädikat "Super" verdient, in der Organisation ging aber einiges daneben. 103.219 Zuschauer kamen ins erst zwei Jahre alte, hochmoderne Cowboys Stadium, aber der angestrebte Zuschauerrekord für Super Bowls wurde verfehlt.

Noch wenige Stunden vor dem Spiel waren Stadionmitarbeiter damit beschäftigt, Sitze einzubauen, insgesamt sollte es am Sonntag 14.000 zusätzliche Stühle geben. Doch einige wurden nicht rechtzeitig fertig, andere wurden den Sicherheitsansprüchen nicht gerecht. 400 Zuschauer mussten das Stadion wieder verlassen, ihnen wurde eine Entschädigung von 2.700 Dollar für ihre 900-Dollar-Tickets zugesagt, andere mussten im Stadion umziehen. Am Ende wurde der Rekord aus dem Jahre 1980 um ein paar hundert Zuschauer verfehlt.

Die Green Bay Packers haben aber dafür gesorgt, dass später nicht über die Randerscheinungen geredet wurde, sie haben inmitten des Pomps Aschenputtel-Geschichte geschrieben: Während der Saison von Verletzungen geplagt konnten sie sich erst am letzten Spieltag der Saison für die Playoffs qualifizieren und mussten drei Auswärtsspiele gewinnen, um die Super Bowl zu erreichen. Dann fielen auch gegen die Steelers während des Spiels vier weitere wichtige Profis aus, das Spiel schien sich in Halbzeit zwei zu drehen. Aber Aaron Rodgers behielt die Ruhe - und seine Pässe blieben so akkurat wie sein aufgeräumter Spind nach dem Spiel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • G
    Grünling

    @WTF: dem kann ich nur zustimmen. Eine Beobachtung wollte ich noch ergänzen. In Deutschland scheint es eine ganz andere Sportkultur zu geben, besonders bei der Betrachtung. Wenn man Fußball guckt, dann gucken alle auf die Bildschirme bzw. das Spielfeld. In Amerika erscheint der Sport eher eine Nebensache zu sein; man unterhält sich, macht Picknick und isst. Dazu passen dann Sportarten wie Baseball und Football ganz gut. Aber vielleicht ist das eine zu grobe Verallgemeinerung...

  • W
    WTF

    Ich kann ihnen sagen, warum diese Sportarten nicht präsenter sind: sie sind langweilig ohne Ende. Andauernd wird unterbrochen, damit die Sponsoren sich präsentieren können, es gibt keinen Fluss im Spiel und es fehlt an jeder Transzendenz.

    Sowas kann man sich nicht wünschen!

  • P
    Paulson

    ich finde es wirklich Schade das diese Sportart in Europa praktisch gar nicht existent ist. Ich finde diese Sportart echt super interessant und würde gerne öfter was davon im Fernseh sehen. Das denk ich auch über die anderen typisch amerikanischen Sportarten wie Baseball.