Suche nach Flughafen-Chef: Patrioten werden tief enttäuscht
Der hochgelobte Ex-Chef des Frankfurter Flughafens sagt ab: Er wird den BER nicht retten. Die Suche kann noch dauern, verkündet Aufsichtsratschef Platzeck.
Nicht einmal Appelle an die Vaterlandsliebe haben geholfen: Der Ex-Chef des Frankfurter Flughafens, Wilhelm Bender, will nicht neuer Geschäftsführer des Flughafens Berlin Brandenburg BER werden. Bender stehe zwar als Berater zur Verfügung, nicht aber für einen festen Posten im operativen Geschäft, sagte Brandenburgs Ministerpräsident und Flughafen-Aufsichtsratschef Matthias Platzeck (SPD) am Montag.
Zuvor hatte der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf-Henkel, gesagt: „Wenn sich Bender noch einmal von einer patriotischen Pflichtübung überzeugen ließe, hätten wir einen Riesenfortschritt gemacht.“ Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sekundierte, ein neuer Flughafenchef brauche „eine patriotische Berufung“.
Wahrscheinlich waren es weniger ein Mangel an Patriotismus als private Gründe, die Bender von einem Engagement in Brandenburg abgehalten haben: Der 68-Jährige war 2009 nach 17 Jahren als Vorstandsvorsitzender des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport abgetreten, er hat eine kleine Tochter und seinen Wohnsitz in Frankfurt. Diverse Berater- und Aufsichtsratsämter, unter anderem beim Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, dürften dafür sorgen, dass sich der Rentner auch ohne BER-Chefposten nicht langweilt.
Bender hat sich seine Meriten verdient, indem er den Ausbau des Frankfurter Flughafens gegen alle Widerstände von Umweltschützern und Anwohnern durchsetzte und das Drehkreuz zum neuntgrößten Passagierflughafen der Welt machte. Ein ähnliches Kaliber zu verpflichten, wird schwer für Platzeck und dessen seit einer Woche amtierenden Flughafen-Koordinator Rainer Bretschneider. Gesucht werde eine langfristige Lösung – und das könne eben dauern, sagte Platzeck am Montag. Es ist also unwahrscheinlich, dass der Aufsichtsrat bei seiner nächsten Sitzung am 13. Februar schon den neuen Geschäftsführer begrüßen kann.
Zumal auf dessen Schultern gehörige Verantwortung lasten würde: Er soll als vollverantwortlicher Vorstand der Geschäftsführung und nicht mehr nur, wie Ex-Chef Rainer Schwarz, als deren Sprecher fungieren. Ihm unterstellt würden Technik-Chef Horst Amann und eine für Finanzen zuständige Person. Letztere müssen Platzeck und Bretschneider ebenso noch finden und von einer Tätigkeit mit begrenztem Gestaltungsspielraum überzeugen: Die Gesellschafter haben den Flughafen an die Kandare genommen und überweisen den Mehrbedarf von 1,2 Milliarden Euro nur häppchenweise. Knapp 71 Millionen Euro flossen etwa Anfang des Jahres aus Berlin für die Monate Januar und Februar und erst, nachdem die Flughafengesellschaft präzise aufgeschlüsselt hatte, für was genau sie wie viel Geld braucht.
Für die beiden unbesetzten Posten geistern zwar Namen von Flughafenmanagern aus Wien, Zürich und der albanischen Hauptstadt Tirana durch die Medien. Doch offiziell äußert sich dazu kein Verantwortlicher. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte scharf kritisiert, dass die Personalie Bender durch Indiskretion „hochrangiger Vertreter“ öffentlich geworden war. Eine Sprecherin von Bundesverkehrsminister Ramsauer pflichtete bei: „Auch wir sind der Meinung, dass Verhandlungen mit potenziellen Kandidaten der Vertraulichkeit unterliegen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern