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Stuttgart 21Klage pro Juchtenkäfer angekündigt

Das Verwaltungsgericht gibt grünes Licht für die Räumungen im Schlosspark. Die Baumfällungen können aber erst beginnen, wenn die Genehmigung da ist.

Noch steht der Baum, weil die Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes aussteht. Bild: dpa

STUTTGART taz | Noch steht die Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes aus: Bekommt die Deutsche Bahn die Erlaubnis, die Bäume im Schlossgarten abzuholzen oder nicht? Für den Umweltverband BUND ist bereits klar: Sollte die Baumfällung für das Großprojekt Stuttgart 21 erlaubt werden, will er gerichtlich dagegen vorgehen.

"Die schweren artenschutzrechtlichen Bedenken gegen die Fällung von Bäumen zum jetzigen Zeitpunkt sind nicht ausgeräumt", sagte die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender am Mittwoch in Stuttgart. Das Eisenbahn-Bundesamt hatte am 5. Oktober 2010 verlangt, dass die Bahn nachweist, wie sie bedrohte Tierarten wie den Juchtenkäfer schützen will, bevor sie eine Genehmigung bekommt.

Nachdem das Unternehmen dann Ende 2011 entsprechende Unterlagen beim Eisenbahn-Bundesamt eingereicht hatte, bekam der BUND am Freitag die Möglichkeit, dazu eine Stellungnahme abzugeben - innerhalb von drei Arbeitstagen. "Diese Eile ist offenbar dem Umstand geschuldet, dass der Bahn die Möglichkeit einer Durchführung der Baumfällarbeiten bis Ende Februar eröffnet werden soll", sagte Dahlbender. "Für dieses Ziel scheint das Eisenbahn-Bundesamt sogar bereit zu sein, sich über erhebliche rechtliche und fachliche Zweifel hinwegzusetzen." Ende Februar endet die vegetationsfreie Periode. Nur in dieser Zeit dürfen Bäume abgeholzt werden.

Sollte das Bundesamt die Genehmigung erteilen, würde der BUND seinen Eilantrag doppelt begründen: Zum einen seien die eingereichten Unterlagen völlig unzureichend. Ein Beispiel: Die Bestandserhebungen der überwinternden Fledermäuse endeten im November. Viele Tierarten gingen aber erst Anfang Dezember in den Winterschlaf.

Der zweite Grund liegt in einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom Dezember. Danach müsste ein komplettes Planänderungsverfahren durchgeführt werden, um die artenschutzrechtlichen Probleme zu bewältigen - unter Beteiligung der Naturschutzverbände, wie der Anwalt des BUND, Tobias Lieber, erklärte. Das gebe es jedoch nicht. Zu der Kritik vom BUND äußerte sich das Eisenbahn-Bundesamt auf taz-Anfrage bis zum Redaktionsschluss nicht.

Unterdessen lehnte das Verwaltungsgericht am Mittwoch Eilanträge von S-21-Gegnern gegen eine mögliche Schlossgarten-Räumung ab. Sie wollten sich gegen das Verbot der Stadt wehren, Teile des Schlossgartens zu betreten.

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8 Kommentare

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  • G
    Gunni

    Es geht nicht um Prozesshanselei , aber es geht sehr wohl um sinnlos verbratene Steuergelder. Bisher ist immer noch nicht gesichert, dass der Tiefbahnhof den Kostendeckel einhalten kann, eher zeigen viele Indizien Richtung "erheblich teurer". Wir als Steuerzahler sind dann diejenigen, die dafür neben Bankenrettung und Eurorettung dafür auch noch blechen dürfen.

    Und wen triffts, wenn was schief geht? Wenn das Wassermanagement nicht stimmt? Dann ist vielleicht der schöne neue Bahnhof geflutet und die Mineralquellen verdreckt.

    Letzthin hab ich mal bei dem schicken neuen Berliner Hauptbahnhof einen Test gemacht, mit Fahrrad umsteigen. Und weil ich genug Zeit hatte, bin ich mit der Liftanlage ein bisserl herumgefahren. Zwei Bahnsteige waren wegen kaputtem Lift überhaupt nicht erreichbar, die anderen nur schwer.

    Und Ihr erinnert Euch, kaum war das Ding eingeweiht (wobei sich zeigte, dass die Lifte bei größerem Besucherandrang total unterdimensioniert sind) und die Besucher wieder heimgegangen, fiel schon eine Glasscheibe, mehrere Zentner schwer, von der Fassade.

  • A
    AntiMüsli

    Das ist ja nicht mehr auszuhalten.

    WEN zur Hölle interessieren ein paar scheiß Insekten und dämliche Juchtenkäfer? - Nur die paar ewiggestrigen Müslis, die mit ihrem Schwachsinn u.a. meine Kohle kosten. Geht mal arbeiten oder grabt euch mit eurem Ekelviehzeugs irgendwo ein. Aber hört endlich auf 99% der Menschheit mit eurem Mist zu belästigen.

  • B
    babine

    Wenn man die Kommentare von sigibold und Demokratin liest, muss man feststellen, dass beide sich mit dem Projekt Stuttgart 21 wenig bis null auseinandergesetzt haben. Schade.

  • V
    vic

    Es geht ncht nur um den Juchtenkäfer. Viele Klein- und Kleinstlebewesen können nur in sehr alter Baumumgebung existieren. In der Umgebung von Bäumen, wie sie noch im Stadpark/Schlosspark stehen.

  • S
    Stefan

    Haben die Protestler denn den Nachweis erbracht, dass bei ihren Camps etc. kein Juchtenkäfer beeinträchtigt oder gar getötet wurde?

  • D
    Demokratin

    Was für eine schwachsinnige Gesellschaft sind wir eigentlich geworden?

     

    Egal ob man nun für oder gegen S21 ist. Die Maßnahme ist beschlossen und mittels Volksentscheid bestätigt.

     

    Daß es allein möglich sein KÖNNTE solch ein Vorhaben zum Schutz eines Käfers zu verzögern passt in eine Comedy-Show, aber nicht in eine Gesellschaft mit Zukunftsansprüchen im globalen Wettbewerb.

  • EB
    echt Blöd

    Der Käfer ist nach EU-Recht (FFH) geschützt...... wenn die Bäume und Käfer im nächsten Bericht nicht mehr auftauchen muss die EU eh gegen Deutschland klagen, da die Bäume samt Käfer hätten umgesetzt werden müssen.. und ganz Deutschland darf dann die schlampige Arbeit der Planungsbüros und genehmigender Behörde ausbaden.... vielen Dank an B-W!

  • S
    sigibold

    Vielleicht sollten die Prozesshanseln vom BUND einfach mal darüber nachdenken, ob es nicht wesentlich besser für die Umwelt ist, wenn zügig gebaut werden kann.

    Es kann einen machmal ankotzen, wenn Steuergelder sinnlos verbraten werden müssen, weil gewisse Leute nicht einsehen können wann es vorbei ist.

    Das Volk hat sich in Stuttgart mehrheitlich für den neuen Bahnhof ausgesprochen. Damit liegen die Fakten klar. Die Welt besteht nicht nur aus Juchtenkäfern.

     

    sigibold