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Studiengang soll schließenAdiós, Lateinamerika!

Der Lateinamerika-Studiengang der Uni Hamburg gilt als Aushängeschild der interdisziplinären Lehre. Nun soll er schließen – wegen 40.000 Euro.

Irrweg: Wenn es nach der Uni geht, müssen Hamburger Studenten sich bald auf der Reisemesse nach Lateinamerika orientieren. Bild: dpa

Der Hinweis auf der Homepage der Universität Hamburg ist deutlich: „Entgegen dem Willen der Gemeinsamen Kommission der Lateinamerika-Studien und trotz großer Nachfrage wird es zum Wintersemester 2014/15 keine Zulassungen auf die Studiengänge der Lateinamerika-Studien (Bachelor Nebenfach und Master) geben“.

Der Studiengang gilt als Aushängeschild der Universität Hamburg und ist einer der Gründe, weshalb Hamburg neben Berlin und Köln als Hochburg der interdisziplinären Forschung zu Lateinamerika gilt.

Das könnte bald Vergangenheit sein, denn wie und ob es mit dem Studiengang weitergeht, wissen nicht einmal die Lehrenden wie Inke Gunia, stellvertretende Sprecherin der Lateinamerika-Studiengangs (LAST). „Wir wissen nicht, wer den Beschluss zu verantworten hat, dass keine Studierenden zugelassen werden.

Es liegt keine Entscheidung des Fakultätsrates vor, der dafür verantwortlich ist“, sagt sie. Dass es um Geld geht, weiß die Romanistik-Professorin allerdings sehr genau: Die geisteswissenschaftliche Fakultät will ihren Etat um die rund 40.000 Euro entlasten, die der Lateinamerika-Studiengang kostet.

Interdisziplinarität kostet Geld, denn in Hamburg wird nicht einfach ein bestehendes Kursangebot für die Studierenden anderer Fächer geöffnet – die verantwortlichen Professoren stimmten bislang die Inhalte miteinander ab. So ist ein breites Fächerangebot entstanden, das mit Geschichte, Ethnologie, Literaturwissenschaft, Geografie und Sozialwissenschaften seinesgleichen sucht.

Das nun zu zerschlagen sei „engstirnig“, meint Detlef Nolte, kommissarischer Präsident des Leibnitz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA), und ausgewiesener Lateinamerika-Kenner. Leichtfertig werde ein Wettbewerbsvorteil im Bereich der auf Lateinamerika bezogenen Lehre und Forschung aufgegeben. „Zudem ist der Studiengang nachgefragt und etabliert“, so Nolte.

Auch in der Wirtschaft ist die Entscheidung der Fakultät, die Mitte letzter Woche bekannt wurde, auf Unverständnis gestoßen. Unternehmer Peter Michael Schirrmann sagt, erst in der vorigen Woche habe man bei einem Treffen mit Staatsrat Wolfgang Schmidt über Wege diskutiert, die traditionell guten Beziehungen nach Lateinamerika besser nach außen darzustellen.

„Zwei Tage später vom Ende des Lateinamerika-Studiengangs zu erfahren, ist psychologisch alles andere als positiv und ein herber Verlust“, so der Geschäftsführer der Handelsgesellschaft Delatrade. Die ist seit Jahrzehnten im Handel mit Kuba, Guatemala und anderen Staaten tätig und Mitglied im Lateinamerika-Verein, in dem die deutschen im Lateinamerikageschäft tätigen Handelsunternehmen organisiert sind.

Für die könnte das Aus des Studiengangs direkte Folgen haben, so der Pressesprecher der Handelskammer, Jörn Arfs. Auf weniger qualifizierten Nachwuchs, aber auch auf den Verlust von Know-how müsse sich Hamburg einstellen.

Ein negatives Signal, denn schließlich ist die EU-Lateinamerika-Stiftung 2011 vor allem in Hamburg angesiedelt worden, weil die Stadt Lateinamerika-Expertise vorweisen kann. Die droht mit dem Ende des Lateinamerika Studiengangs nun dünner zu werden.

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