Studie: Ozon ist doppelt schlecht fürs Klima
Ozon schadet nicht nur den Menschen, sondern auch den Pflanzen, die dann weniger Kohlendioxid binden, sagen britische Wissenschaftler.
Wie sich eine zu hohe Ozonkonzentration der Atemluft anfühlt, weiß jeder: Kopfschmerzen, Augenreizungen, Husten. Aber auch Pflanzen spüren die Auswirkungen: Sie können weniger Kohlendioxid (CO2) aus der Luft aufnehmen, das sie für ihr Wachstum brauchen. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Wissenschaftler an der University of Exeter haben jetzt allerdings erstmals genauer untersucht, was das eigentlich für das Klima bedeutet - schließlich ist CO2 das wichtigste Treibhausgas. Ihr Ergebnis: "Ozon könnte einen doppelt so starken Einfluss auf die globale Erwärmung haben, wie wir bislang gedacht haben", sagt Peter Cox, Mitautor der Studie, die das Wissenschaftsmagazin Nature in seiner aktuellen Ausgabe veröffentlicht hat.
Ozon ist Sauerstoff in einer instabilen dreiatomigen Form: O3. Und es ist schon länger als direktes Treibhausgas bekannt. Während es in der Stratosphäre, die in etwa 12 Kilometer Höhe beginnt, einen Schutzschild gegen gefährliche UV-B-Strahlen bildet, absorbiert es in der darunter liegenden Troposphäre Erdwärme und trägt so zum Temperaturanstieg bei. Auf der Rangliste der wichtigsten anthropogenen Klimagase steht es schon jetzt hinter Kohlendioxid und Methan auf Platz drei.
Bei Pflanzen gelangt O3 über die Atemöffnungen der Blätter in die Zellen. Dort wird es wieder in ein normales Sauerstoffmolekül aus zwei Atomen (O2) und ein sehr reaktionsfreudiges Sauerstoffradikal, also ein einzelnes Sauerstoffatom, zerlegt. Die Pflanzen reagieren darauf wie auf einen Angriff durch Bakterien oder Pilze und produzieren zusätzliche Sauerstoffradikale oder schließen die Poren, um den Eindringling abzuwehren. Das nützt aber nicht nur nichts gegen das Ozon, sondern zieht auch Energie ab, die die Pflanze zum Wachsen braucht. "Der Effekt, den Ozon über diesen Umweg auf die Erderwärmung hat, ist mindestens so groß wie der direkte Effekt", so Peter Cox.
"Das Problem ist, dass Disziplinen wie Biogeochemie und Klimaforschung oder atmosphärische Chemie und Ökosystemforschung bislang zu wenig verschränkt arbeiten", sagt Christoph Brühl, Klimaexperte am Max-Planck-Institut (MPI) in Mainz. "Wir wissen deshalb viel zu wenig über Wechselwirkungen und erleben immer wieder üble Überraschungen."
So haben die Autoren der Studie errechnet, dass die Pflanzen in Folge der Ozonbelastung bis zum Jahr 2100 wohl bis zu 23 Prozent weniger CO2 binden, als bislang angenommen wurde.
Die Ergebnisse sind nicht nur interessant für die Klimaforschung, sondern auch für die Luftreinhaltungs- und damit die Verkehrspolitik: Ozon entsteht immer, wenn Luft und Stickoxide unter Lichteinstrahlung zusammentreffen, also vor allem tagsüber im Sommer und in verkehrsreichen Gebieten.
"Den allergrößten Beitrag zum Stickoxidausstoß liefert der Auto- und insbesondere der Lkw-Verkehr", sagt MPI-Experte Brühl. Aber auch Schwerindustrie, Kraftwerke und sogar die Verbrennung der Biomasse emittieren das Ozon-Vorläufergas.
In vielen deutschen Städten liegt die Stickoxid-Konzentration derzeit im Jahresdurchschnitt bei über 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft - obwohl zumindest bei den Pkw Katalysatoren inzwischen Standard sind, die auch Stickoxide eliminieren. Bis 2010 muss sich das ändern, denn dann werden die 40 Mikrogramm zum EU-weit verbindlichen Grenzwert.
Weit stärker belastet sind jedoch die Chinesen: Schon jetzt sind die Gegend um Peking und der Nordosten Chinas die Gebiete mit der höchsten Stickoxid-Belastung der Welt.
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