Studie zur Waldzerstörung: Viel geredet, trotzdem gerodet
Staaten und Konzerne tun wenig, um die Zerstörung der Tropenwälder zu stoppen, sagt eine Studie. Gute Noten gibt es für Firmen aus Europa und den USA.
BERLIN taz | Bei der geplanten Rettung der großen Tropenwälder tun die verantwortlichen Staaten, Unternehmen und Investoren nach einer aktuellen Studie weit weniger, als nötig wäre. Während manche der entscheidenden Akteure vorbildlich „den Weg bereiteten“, blieben „viele hinter den notwendigen Handlungen zurück, um die Risiken der Entwaldung zu minimieren“.
Das ist das Fazit des Berichts „Forest 500 – Powerbrokers of Global Deforestation“, den der britische Thinktank Global Canopy Programme (GCP) jetzt vorgelegt hat. „Starke Zeichen des Fortschritts“ sieht der Bericht dagegen bei multinationalen Konzernen wie Danone oder Nestlé, die in der Vergangenheit wegen dieses Themas häufig in der Kritik standen.
Die Studie listet die 500 Staaten, Firmen und Investoren auf, die „zusammen praktisch die Entwaldung aus globalen Handelsströmen beenden könnten“, heißt es. Denn die Hälfte der Waldzerstörung in Brasilien, Indonesien oder Zentralafrika werde durch die Nachfrage an Palmöl, Soja, Rindfleisch, Leder, Holz und Papier verursacht. Weil diese Produkte weltweit gehandelt werden, müsse hier auch eine Lösung ansetzen, schreibt das GCP.
Im letzten Jahr haben daher viele Staaten beim UN-Gipfel die „New Yorker Wald-Erklärung“ unterschrieben: Danach soll der Waldverlust bis 2030 beendet werden, und bis 2020 sollen keine Produkte aus Entwaldung mehr global gehandelt werden. Außerdem haben sich über 400 Unternehmen im „Consumer Goods Forum“ dazu verpflichtet, auf das Ziel „netto Null-Entwaldung bis 2020“ hinzuarbeiten.
Das GCF hat nun untersucht, wie die praktische Umsetzung dieser Versprechen vorankommt – mit ernüchternden Ergebnissen. Staaten wie Kolumbien, Indonesien, Peru und die Demokratische Republik Kongo haben zwar die „Wald-Erklärung“ unterschrieben, „müssen aber diese konkreten Ziele noch in nationale Politik umsetzen“. Die EU-Staaten bekommen in der Bewertung die höchste Punktzahl. Eine wichtige Verbesserung, weil Europa mit 23 Prozent der gehandelten Waldprodukte den größten Anteil der Nachfrager stellt. Ganz schlecht schneiden die ressourcenhungrigen Länder China, Russland und Indien ab.
Besonders negativ fiel den Forschern der Futtermittel-Sektor auf. Von zwanzig untersuchten Branchen kümmerten sich die Importeure von Soja und Palmöl für Tierfutter am wenigsten um die Zerstörung der Wälder. Wenig Skrupel zeigten auch Banken und Hedgefonds, die den Handel finanzierten: Von 100 möglichen Punkten erreichte der Finanzsektor nur 18, kein Akteur habe den Kampf gegen den Waldverlust in seine Geschäftsprinzipien aufgenommen.
Industriebranche mit schwachen Ergebnissen
Einen klaren positiven Trend sieht der Bericht über die „Forest 500“ überall dort, wo Verbraucher und Umweltgruppen unangenehme Fragen stellen: So schnitten börsennotierte multinationale Unternehmen mit Jahresgewinnen von mehr als 10 Milliarden Dollar und mit Konzernzentralen in Europa oder den USA am besten ab, „Staatskonzerne zeigten relativ schlechte Ergebnisse“.
Während sich sechs Firmen (Danone, Kao Corp., Nestlé, Procter & Gamble, Reckitt Benckiser und Unilever) anstrengen, ihre Produkte nicht aus Waldzerstörung zu beziehen, sieht das Gesamtbild der Industrie schwach aus. Die Branche, die jährlich mehr als 4,5 Billionen Dollar verdient, „wird als Gruppe ihrem Anspruch nicht gerecht“, schreibt das GCP.
Die Studie bestätige die Erfahrung, dass sich manche Firmen „durch den großen gesellschaftlichen Druck der letzten zehn Jahre bewegt haben“, sagt Jörg Andreas Krüger, Waldexperte vom Umweltverband WWF. Während in Lateinamerika Fortschritte beim Waldschutz gemacht worden seien, stünden die Gebiete in Indonesien und Zentralafrika immer stärker unter Druck. Die Nachfrage verlagere sich in die Wachstumsländer China und Indien – keine gute Nachricht für die Wälder.
Und Krüger weist darauf hin, dass „netto Null-Entwaldung“ nicht garantiere, dass wertvolle Gebiete erhalten würden: Wenn Bäume fallen, verschwänden mit ihnen auch Tiere und Pflanzen, die Wasserspeicher und das Einkommen der Bevölkerung. Eine aufgeforstete Plantage bringe das nicht zurück, auch wenn sie auf dem Papier als Ausgleich gelte.
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