Studie zur Klimapolitik der AfD: Warten auf die Spaltung
Die AfD stellt sich weiter gegen Klimaschutz. Ihre Idee ist, auf die Konflikte zu warten, die Schutzmaßnahmen mit sich bringen – und dann zu punkten.
Die beteiligten Wissenschaftler:innen haben zu Rechtspopulismus und den Folgen für den Klimaschutz geforscht. „In Deutschland stimmt nur eine ganz kleine Minderheit Aussagen zu, die den menschengemachten Klimawandel leugnen, auch ein geringerer Prozentsatz als die AfD bei Wahlen gewinnt“, erklärt Bernd Sommer, Leiter des Flensburger Projektteils. „Selbst bei Menschen, die rechtspopulistische Einstellungen teilen, sehen wir allgemein hohe Zustimmungswerte für den Schutz von Klima und Umwelt.“
Einen Zusammenhang zwischen rechtspopulistischen Haltungen in der Bevölkerung und der Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen haben die Forscher:innen aber durchaus gefunden und zwar dann, wenn Klimaschutzmaßnahmen spürbare Folgen für die Bürger:innen haben. Geht es beispielsweise um höhere Steuern, sinkt die Zustimmung vor allem in den Bevölkerungsteilen, die rechtspopulistische Aussagen teilen.
Insbesondere Ausländerfeindlichkeit, islamfeindliche Einstellungen oder Nationalismus korrelieren dann mit der Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen. Sommer erklärt diesen Zusammenhang mit einer Gemeinsamkeit: „Diese Themen drücken den Wunsch aus, die soziale Ordnung und die Privilegien, die wir derzeit genießen, zu sichern. Durch den Klimaschutz wird das ein Stück weit infrage gestellt.“
Obwohl die Leugnung innerhalb der Bevölkerung wenig verbreitet ist, hat die AfD das Klima als Mobilisierungsthema erkannt. Bereits 2019 sagte Alexander Gauland (AfD): „Die Kritik an der sogenannten Klimaschutzpolitik ist nach dem Euro und der Zuwanderung das dritte große Thema für die AfD.“
Faktisch falsche Aussage im Wahlprogramm
Immer wieder sorgen AfD-Politker:innen mit Aussagen zu Klimawandel und -schutz für Aufsehen – von Gauland, der von „politisch motivierter Panikmache“ spricht und behauptet, man könne nichts gegen den Klimawandel tun, bis hin zu Beatrix von Storch (AfD), die die Sonne darauf verklagen möchte, weniger zu scheinen. Im aktuellen Wahlprogramm der Partei ist weiterhin zu lesen: Es sei nicht nachgewiesen, dass der Mensch für den Wandel des Klimas maßgeblich verantwortlich sei. Eine Aussage, die faktisch falsch ist.
Wie Sommer erklärt, sei es der Partei bislang aber nicht gelungen, mit dem Thema „Klima“ in einer Form zu mobilisieren wie in der Diskussion um Migration. Noch gäbe es eine gewisse Diskrepanz zwischen den Einstellungen zum Klimaschutz bei potenziellen AfD-Wählenden und der Linie der Partei. „Aber aus strategischer Perspektive der AfD ist diese Positionierung gar nicht unklug“, so Sommer. Denn mit ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen würden Konflikte zunehmen. „Zum Beispiel, wenn es um den Abbau von Privilegien wie dem motorisierten Individualverkehr oder Billigflügen geht.“
Sommer sieht dabei mögliche Parallelen zur Coronapandemie: Je stärker die Coronamaßnahmen in das tägliche Leben eingegriffen hätten, desto lauter und zahlreicher seien auch die Anhänger von Verschwörungserzählungen geworden. Analog dazu könnte „die Leugnung des Klimawandels durch die AfD bestimmte Gruppen stärker ansprechen, sobald die Klimaschutzmaßnahmen die Lebensweise der Menschen wirklich betreffen“.
Neben diesem strategischen Kalkül zur Mobilisierung spiele aber auch die ideologische Überzeugung und eine aus ihr resultierende grundsätzliche Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen eine entscheidende Rolle für die Positionen der AfD.
Eine Gefahr sieht Sommer dabei vor allem darin, dass die AfD ihre fundamentale Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen in der Gesellschaft etablieren und damit eine Polarisierung vorantreiben könnte. Das Thema werde in Zukunft an Brisanz gewinnen, da Maßnahmen zur Einhaltung der Pariser Klimaziele Konflikte in verschiedenen Teilen der Gesellschaft auslösen könnten.
„Wenn es den Rechtspopulist:innen gelingt, diesen Konflikt zu fundamentalisieren, werden grundsätzliche Fragen gestellt.“ Fragen, ob die Energiewende überhaupt notwendig sei oder ob die Folgen von Klimaschutz nicht viel schlimmer seien als die Klimakrise selbst. Kompromisse seien dann nicht mehr möglich. „Aber noch gibt es in der Gesellschaft den Konsens, dass etwas gegen den Klimawandel getan werden muss und wir auf dieser Grundlage über das Wie streiten können.“
Damit es nicht zu Fundamentalisierungen kommt, spricht sich Sommer dafür aus, dass Klimaschutzmaßnahmen sozialverträglich umgesetzt werden. Außerdem könnten andere Beteiligungs- und Repräsentationsformate wie beispielsweise Bürger:innenräte für eine höhere Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen sorgen.
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