Studie zur Globalisierung: Industrieländer sind Hauptnutznießer

Von der Globalisierung profitieren vor allem Menschen in den Industrieländern. Deutschland liegt auf Platz 6 von 42. Die USA landen nur im Mittelfeld.

Eine Brücke in Rotterdam

Füße in Rotterdam: Die Niederlande sind laut der Studie – neben Irland – das am stärksten globalisierte Land der untersuchten Gruppe Foto: Niels Kehl / Unsplash

GÜTERSLOH dpa | Die Bevölkerung in Industrieländern profitiert einer Studie zufolge am stärksten von der Globalisierung. Das ist das Ergebnis des diesjährigen Globalisierungsreports, den die Bertelsmann-Stiftung am Freitag in Gütersloh vorlegte. Deutschland belegt demnach bei den Vorteilen globaler Wirtschaftsverflechtungen Platz 6. Auf Rang 1 liegt die Schweiz, gefolgt von Japan, Finnland, Irland und Israel. Schlusslicht ist Indien, vorletzter China. Auch andere Schwellenländer wie Argentinien und Russland schneiden schlecht ab. Der Report vergleicht 42 Industrie- und Schwellenländer und misst, welche Folgen deren internationalen Vernetzung für den Wohlstand hat.

So legte das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in Deutschland von 1990 bis 2016 dank Globalisierung um 1150 Euro pro Einwohner und Jahr zu. In der Schweiz waren es im gleichen Zeitraum 1900 Euro, in Indien nur 20 Euro. Auch China und Mexiko verzeichnen mit 80 beziehungsweise 120 Euro pro Jahr unterdurchschnittliche Zuwächse.

Die Wirtschaftsmacht USA landet mit 445 Euro nur auf Platz 25 im Mittelfeld. Der Grund dafür laut Studie: „Ausgehend von einem hohen Globalisierungsgrad bauten die USA ihre internationalen Verflechtungen seit 1990 kaum aus. Entsprechend verhalten sind die Zuwächse beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.“

Da es sich bei der Studie um Durchschnittberechnungen für ganze Länder handelt, zeigen die Zahlen keine einzelnen Globalisierungsverlierer. „Für Deutschland ist bekannt, dass zum Beispiel die Textil- und Teile der Elektronikbranche und auch einige Regionen Verlierer der Globalisierung sind, nicht alle in Deutschland sind Gewinner“, sagte Autorin Cora Jungbluth der Deutschen Presse-Agentur. Handys zum Beispiel würden längst nicht mehr in Deutschland gefertigt, sondern in Asien.

Wirtschaftliche, politische und soziale Faktoren

Grundlage für die Berechnung ist ein Index, den Wirtschaftsforscher der Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erstellt haben. Die internationalen Verflechtungen fließen dabei mit wirtschaftlichen, politischen und sozialen Faktoren für jedes Land in die Berechnung ein.

Demnach sind die Niederlande und Irland am stärksten globalisiert. Indien und China belegten die Schlussplätze, weil hier die Märkte im Vergleich zu vielen Industrieländern erst später geöffnet worden seien. Noch immer gebe es dort Zugangsschranken zum Markt oder nur der jeweilige Binnenmarkt spiele eine Rolle für die Politik des Landes.

„Der Report zeigt: Globalisierung kann eindeutig Wohlstandsgewinne schaffen. Protektionismus ist der falsche Weg. Doch die Globalisierung muss so gestaltet werden, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Nur so können wir ihr Erfolgsversprechen einlösen“, kommentiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung, die Ergebnisse.

Aart De Geus, Bertelsmann-Stiftung

Der Report zeigt: Globalisierung kann eindeutig Wohlstandsgewinne schaffen. Protektionismus ist der falsche Weg

Sie spielt damit auch auf den internationalen Handelskonflikt unter US-Präsident Donald Trump an, der Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium verhängte. Er hat Freihandel wiederholt als schädlich für sein Land bezeichnet. Die EU reagierte auf die Maßnahmen ebenfalls mit Zöllen, etwa auf Whiskey und Motorräder. Ökonomen fürchten eine Eskalation des Streits.

Basis des nun veröffentlichten Bertelsmann-Reports sind Zahlen des Jahres 2016. „Wir haben jetzt den dritten Report erstellt. Im Vergleich zu den Zahlen von 2014, als der Index insgesamt stagnierte, gab es jetzt eine leichte Erholung“, sagt Mitautorin Cora Jungbluth.

Die Stiftung vermutet, dass im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise vor rund zehn Jahren das Volumen im Welthandel zurückging und anschließend schwächer wuchs als vor der Krise. Anschließend gewannen die Binnenmärkte an Bedeutung und somit fielen die Zuwächse beim Bruttoinlandsprodukt getrieben durch die Globalisierung insgesamt geringer aus.

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