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Studie zu sexuellem MissbrauchSchrecken der Heime

Laut einer Studie gab es in 70 Prozent der Heime für Kinder Verdachtsfälle von sexueller Gewalt. Die Formen reichen von verbalen Übergriffen bis hin zur Penetration.

Sexueller Missbrauch ist nicht nur ein Thema der Vergangenheit, sondern ganz aktuell. Bild: madochab / photocase.com

BERLIN taz | Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts (DjI) zum Thema sexueller Missbrauch in Schulen, Internaten und Heimen kommt zu drastischen Ergebnissen. Demnach gab es in den vergangenen drei Jahren in rund 70 Prozent der befragten Heime Verdachtsfälle von sexueller Gewalt. Bei Internaten waren es knapp die Hälfte, bei Schulen etwa 40 Prozent.

"Sexueller Missbrauch ist in den Institutionen in all seinen Facetten so virulent, dass wir es nicht zur Seite schieben dürfen", sagte Thomas Rauschenbach, Direktor des DjI. Die Studie, die von der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Christine Bergmann, in Auftrag gegeben wurde, erfasste erstmals, wie oft sich Bildungsinstitutionen in Deutschland mit sexuellem Missbrauch konfrontiert sehen. Dafür wurden deutschlandweit rund 1.100 Schulleitungen, 325 Heim- und 100 Internatsleiter befragt. Bayern verweigerte wegen datenschutzrechtlicher Bedenken die Teilnahme.

Über das tatsächliche Ausmaß sexueller Gewalt können die Ergebnisse keine Auskunft geben, da nur die offiziell bekannt gewordenen Fälle einflossen. Rund 60 Prozent der Einrichtungen haben sich an der freiwilligen Befragung zudem nicht beteiligt. Ein Viertel der Fälle an Schulen haben sich als haltlos erwiesen. Bei etwa einem Drittel kam es zu straf- oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen. "Die Zahlen sind also mit Vorsicht zu genießen", sagte selbst DjI-Direktor Rauschenbach. Unterschieden wurde nach drei Konstellationen.

Einen Verdacht auf Übergriffe durch an den Einrichtungen tätige Erwachsene gab es in 4 beziehungsweise 3 Prozent der Schulen und Internate. Dagegen hat jedes zehnte befragte Heim davon berichtet. Kinder und Jugendliche selbst standen in 16 Prozent bei Schulen und rund 28 Prozent bei Internaten im Verdacht, sexuelle Gewalt an anderen ausgeübt zu haben. Fast 40 Prozent der Heimleitungen berichten davon. Die häufigsten Verdachtsfälle betrafen Personen außerhalb der Einrichtungen, also etwa Eltern oder Bekannte. Etwa ein Drittel der Schulen und Internate und die Hälfte der Heime berichten über derartige Fälle.

"Die Zahlen sind erschreckend"

Die Formen der sexuellen Gewalt reichen von verbalen Übergriffen über Berührungen am Körper, den Geschlechtsteilen bis hin zur Penetration. In Heimen waren schwere Fälle häufiger. Ein Fünftel der Verdachtsfälle - selbst bei Jugendlichen untereinander - betraf dort erfolgte Penetration.

"Die Zahlen sind erschreckend", sagte Christine Bergmann. DjI-Direktor Rauschenbach erklärte die höhere Missbrauchsrate in Heimen mit der Intimität innerhalb der Einrichtungen. "Die Kinder leben in Heime oft in einer Art Ersatzfamilie, es gibt dort eine große Emotionalität". Fast die Hälfte der betroffenen Kinder haben sich etwa Lehrern oder Gleichaltrigen anvertraut. "Wir brauchen deshalb in den Institutionen einen adäquaten Umfang mit dem Thema, eine Kultur der Offenheit und Sensibilität", sagte Rauschenbach.

Bergmann forderte konkrete Schutzkonzepte für die Bildungsinstitutionen. "Es müssen Mindeststandards eingehalten werden", sagte sie und sprach von einem "Klima, das es zulasst, über Missbrauch zu sprechen". Maßnahmen zur Prävention sind laut Studie bisher kaum verbreitet. Spezifische Veranstaltungen mit den Kindern gibt es nur in rund einem Drittel der Institutionen, Fortbildungen für Mitarbeiter in 20 Prozent der Schulen und 40 Prozent der Heime. In weniger als einem Viertel gibt es ein sexualpädagogisches Konzept.

Zwar sei die Gesellschaft im vergangenen Jahr durch verschiedene Fälle sensibilisiert worden, sagte Bergmann, aber noch habe die Gesellschaft nicht alles gelernt. "Sexueller Missbrauch an Jugendlichen ist nicht nur ein Thema der Vergangenheit, sondern ganz aktuell", sagte Bergmann.

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8 Kommentare

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  • D
    Dietmar

    Institutionelle Geilheit: Vom Missbrauch „sexuellen Missbrauchs“

     

    Institutionelle Geilheit: Vom Missbrauch „sexuellen Missbrauchs“

     

    Juli 15, 2011 von Michael Klein 1 Kommentar

     

    Manche Themen eignen sich perfekt als Träger moralischer Entrüstung. Wer würde nicht in den Chor mit einstimmen, dessen Vorsänger seine Stimme gegen sexuellen Missbrauch erhebt? Wenn der sexuelle Missbrauch zudem noch mit Kindern verbunden werden kann, dann ist dem Vorsänger nicht nur Unterstützung, sondern moralisch entrüstete Unterstützung sicher. Moralische Entrüstung wiederum ist leicht zu dirigieren und auszunutzen, so dass die Forderung nach Gegenmaßnahmen und die Bereitstellung der dafür notwendigen finanziellen Mittel auf große Zustimmung zählen kann. Gelingt es also, moralische Entrüstung herzustellen, dann ist dies eine fast unerschöpfliche Quelle finanzieller Prosperität für diejenigen, die auf der Welle der Entrüstung die Gegenmaßnahmen zu dirigieren vorgeben.

     

    Das Rezept zur finanziellen Nutzung moralischer Entrüstung ist einfach zu beschreiben:

    Identifiziere ein Objekt, das sich zur moralischen Entrüstung eignet, z.B. sexueller Missbrauch von Kindern.

    Behaupte, das Entrüstungsobjekt sei unglaublich weit verbreitet oder besser noch: man habe die Verbreitung dessen, was Entrüstung produziert, bislang unterschätzt.

    Präsentiere ein Gegenmittel, das verspricht, den Ursprung moralischer Entrüstung zwar nicht zu beseitigen, aber doch zu bekämpfen.

    Versprich in keinem Fall, das Objekt moralischer Entrüstung zu beseitigen, denn damit lieferst Du einerseits einen Maßstab, an dem Deine eigenen Aktivitäten gemessen werden können, andererseits, falls Du erfolgreich wärst, wäre Deine Erwerbsquelle weg.

     

    Das war der Trockenkurs.

     

    Der Chef der selbsternannten Bildungsgewerkschaft, Ulrich Thöne, hat eine ernste Problemlage erkannt. Die Problemlage erwächst aus einem Thema dessen „Bedeutung … bisher unterschätzt wurde“. Das ernste und bislang unterschätzte Thema ist der sexuelle Missbrauch an deutschen Schulen. Weil das Problem und seine Verbreitung bislang unterschätzt wurde, müssen nicht nur Lehrer und Sozialarbeiter im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs geschult werden, der Ausbau der Schulsozialarbeit als solcher „könne Potential für die Prävention und die Bewältigung von Fragen des sexuellen Missbrauchs schaffen“. Und deshalb fordert die GEW „nochmals nachdrücklich, an jeder Schule mindestens eine Stelle für Schulsozialarbeit zu schaffen“. Die Quelle der Erkenntnis, also die Untersuchung, die das Ergebnis der Unterschätzung des Problems sexuellen Missbrauchs an deutschen Schulen erbracht hat, sind Zahlen des Deutschen Jugendinstituts (DJI). Das DJI, so weiß die GEW in seiner Pressemitteilung, „hatte am Mittwoch Zahlen veröffentlicht, nach denen an 40 Prozent der Schulen Fälle sexuellen Missbrauchs festgestellt wurden„.

     

    Die GEW behauptet also, an 40% der deutschen Schulen gäbe es Fälle sexuellen Missbrauchs. An dieser Stelle möge jeder Leser einmal für sich überlegen, was der Begriff „sexueller Missbrauch“ für ihn als konkrete Handlung umfasst. Ich komme darauf zurück.

     

    Die von der GEW zitierte Pressemitteilung, der die weite Verbreitung sexueller Missbrauchsfälle an deutschen Schulen entnommen ist, 40% nach Ansicht der GEW, weiß nichts von dem, was die GEW behauptet. Statt dessen lautet eine der Kernaussagen der entsprechenden Pressemitteilung: „Schulen, Internate und Heime sind häufig mit Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt bzw. unterschiedliche Formen von Übergriffen konfrontiert – Heime sind am stärksten betroffen. Schulen sahen sich zu 43%, Internate zu knapp 40% und Heime zu über 70% mit verschiedenen Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt in den letzten drei Jahren konfrontiert“. Dieses Ergebnis stammt aus der telefonischen Befragung von 1.128 Schulleitern, 702 Lehrkräften, 324 Internatsleitern und 97 Heimleitern. Entsprechend handelt es sich nicht um eine Vollerhebung, wie dies die GEW in ihrer Pressemitteilung suggeriert, sondern um eine Stichprobe, für die noch zu klären wäre, welche Gültigkeit Aussagen über die Verbreitung von „sexueller Gewalt“ an Schulen, Internaten und Heimen für sich reklamieren können.

     

    Wichtig in diesem Zusammenhang ist nicht der Unterschied in den Zahlen. Auch die Tatsache, dass das DJI eben keine Daten hat, die Aussagen erlauben, die für ALLE deutschen Schulen Gültigkeit beanspruchen, muss nur festgestellt werden. Wichtig ist jedoch, dass die Studie des DJI von Verdachtsfällen und nicht von erfolgten Handlungen spricht und auch nur solche gemessen hat. Wichtig ist ferner der Unterschied in der Benennung. Die DJI-Pressemitteilung spricht im relevanten Teil von „sexueller Gewalt“ nicht von „sexuellem Missbrauch“ wie die GEW.

     

    Wenn Sozialwissenschaftler etwas wie „sexuelle Gewalt“ messen wollen, dann gehen sie nicht ins so genannte Feld und fragen wahllos Personen, ob sie Opfer sexueller Gewalt geworden sind – schon weil man dann nicht weiß, was der Befragte unter „sexueller Gewalt“ versteht. Sexuelle Gewalt ist eine Variable, eine latente obendrein, d.h. sexuelle Gewalt muss operationalisiert werden, um gemessen werden zu können. Und weil sexuelle Gewalt eine ganze Reihe verschiedener Verhaltensweisen umfasst, fragen Sozialwissenschaftler ausgehend von einer Definition dessen, was „sexuelle Gewalt“ sein soll, eine ganze Reihe unterschiedlicher Verhaltensweise ab. Die Studie des DJI basiert nach Angabe der Verfasser auf einer „breiten Definition von sexueller Gewalt„, die das Zeigen pornographischer Inhalte, Berührungen am Körper, Berührungen an Geschlechtsteilen, versuchte Penetration und erfolgte Penetration, physische Verletzung oder Misshandlung mit sexuellem Hintergrund und andere Formen eines sexuellen Übergriffs umfasst. Stimmt diese Liste mit dem überein, was Sie sich oben als konkrete Handlung, die unter den Begriff „sexueller Missbrauch“ fällt, überlegt haben?

     

    Es geht noch weiter. Die Befragung des DJI, die Schulleiter zu Verdachtsfällen befragt hat, erbringt das Ergebnis, dass 12,5% den Verdacht auf eine andere Form des sexuellen Missbrauchs berichten, was immer das auch sein mag, keiner vom Verdacht einer physischen Misshandlung mit sexuellem Hintergrund zu berichten weiß, 2,5% den Verdacht auf eine erfolgte Penetration, keiner den Verdacht auf eine versuchte Penetration erinnern und 2.5% Verdachtsfälle an ihrer Schule hatten, die das Zeigen pronographischer Inhalte zum Gegenstand hatten. Dagegen berichten 22,5% vom Verdacht der Berührung an Geschlechtsteilen, 32,5% vom Verdacht auf verbale sexuelle Übergriffe und 70% vom Verdacht auf Berührungen am Körper.

     

    Der „sexuelle Missbrauch“, der nach Ansicht der GEW an 40% der deutschen Schulen stattfindet, besteht also nach Angaben von 43% der 1.128 befragten Schulleiter vornehmlich im Verdacht auf zumeist Berührungen am Körper. Das ist ein komplett anderes Ergebnis als das von der GEW suggerierte, womit sich die Frage stellt, ob die GEW absichtlich die Presse durch solche Pressemitteilungen fehl informiert, um dadurch Arbeitsstellen für Schulpsychologen zu legitimieren, oder ob bei der GEW die Kompetenz fehlt, um einfachste Zusammenhänge aus Pressemeldungen zu entnehmen. Ich weiss nicht was schlimmer ist, und überlasse die Entscheidung den Lesern.

     

    von Michael Klein

    http://sciencefiles.org/2011/07/15/institutionelle-geilheit-vom-missbrauch-sexuellen-missbrauchs/

  • D
    Dietmar

    Institutionelle Geilheit: Vom Missbrauch „sexuellen Missbrauchs“

     

    Institutionelle Geilheit: Vom Missbrauch „sexuellen Missbrauchs“

     

    Juli 15, 2011 von Michael Klein 1 Kommentar

     

    Manche Themen eignen sich perfekt als Träger moralischer Entrüstung. Wer würde nicht in den Chor mit einstimmen, dessen Vorsänger seine Stimme gegen sexuellen Missbrauch erhebt? Wenn der sexuelle Missbrauch zudem noch mit Kindern verbunden werden kann, dann ist dem Vorsänger nicht nur Unterstützung, sondern moralisch entrüstete Unterstützung sicher. Moralische Entrüstung wiederum ist leicht zu dirigieren und auszunutzen, so dass die Forderung nach Gegenmaßnahmen und die Bereitstellung der dafür notwendigen finanziellen Mittel auf große Zustimmung zählen kann. Gelingt es also, moralische Entrüstung herzustellen, dann ist dies eine fast unerschöpfliche Quelle finanzieller Prosperität für diejenigen, die auf der Welle der Entrüstung die Gegenmaßnahmen zu dirigieren vorgeben.

     

    Das Rezept zur finanziellen Nutzung moralischer Entrüstung ist einfach zu beschreiben:

    Identifiziere ein Objekt, das sich zur moralischen Entrüstung eignet, z.B. sexueller Missbrauch von Kindern.

    Behaupte, das Entrüstungsobjekt sei unglaublich weit verbreitet oder besser noch: man habe die Verbreitung dessen, was Entrüstung produziert, bislang unterschätzt.

    Präsentiere ein Gegenmittel, das verspricht, den Ursprung moralischer Entrüstung zwar nicht zu beseitigen, aber doch zu bekämpfen.

    Versprich in keinem Fall, das Objekt moralischer Entrüstung zu beseitigen, denn damit lieferst Du einerseits einen Maßstab, an dem Deine eigenen Aktivitäten gemessen werden können, andererseits, falls Du erfolgreich wärst, wäre Deine Erwerbsquelle weg.

     

    Das war der Trockenkurs.

     

    Der Chef der selbsternannten Bildungsgewerkschaft, Ulrich Thöne, hat eine ernste Problemlage erkannt. Die Problemlage erwächst aus einem Thema dessen „Bedeutung … bisher unterschätzt wurde“. Das ernste und bislang unterschätzte Thema ist der sexuelle Missbrauch an deutschen Schulen. Weil das Problem und seine Verbreitung bislang unterschätzt wurde, müssen nicht nur Lehrer und Sozialarbeiter im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs geschult werden, der Ausbau der Schulsozialarbeit als solcher „könne Potential für die Prävention und die Bewältigung von Fragen des sexuellen Missbrauchs schaffen“. Und deshalb fordert die GEW „nochmals nachdrücklich, an jeder Schule mindestens eine Stelle für Schulsozialarbeit zu schaffen“. Die Quelle der Erkenntnis, also die Untersuchung, die das Ergebnis der Unterschätzung des Problems sexuellen Missbrauchs an deutschen Schulen erbracht hat, sind Zahlen des Deutschen Jugendinstituts (DJI). Das DJI, so weiß die GEW in seiner Pressemitteilung, „hatte am Mittwoch Zahlen veröffentlicht, nach denen an 40 Prozent der Schulen Fälle sexuellen Missbrauchs festgestellt wurden„.

     

    Die GEW behauptet also, an 40% der deutschen Schulen gäbe es Fälle sexuellen Missbrauchs. An dieser Stelle möge jeder Leser einmal für sich überlegen, was der Begriff „sexueller Missbrauch“ für ihn als konkrete Handlung umfasst. Ich komme darauf zurück.

     

    Die von der GEW zitierte Pressemitteilung, der die weite Verbreitung sexueller Missbrauchsfälle an deutschen Schulen entnommen ist, 40% nach Ansicht der GEW, weiß nichts von dem, was die GEW behauptet. Statt dessen lautet eine der Kernaussagen der entsprechenden Pressemitteilung: „Schulen, Internate und Heime sind häufig mit Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt bzw. unterschiedliche Formen von Übergriffen konfrontiert – Heime sind am stärksten betroffen. Schulen sahen sich zu 43%, Internate zu knapp 40% und Heime zu über 70% mit verschiedenen Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt in den letzten drei Jahren konfrontiert“. Dieses Ergebnis stammt aus der telefonischen Befragung von 1.128 Schulleitern, 702 Lehrkräften, 324 Internatsleitern und 97 Heimleitern. Entsprechend handelt es sich nicht um eine Vollerhebung, wie dies die GEW in ihrer Pressemitteilung suggeriert, sondern um eine Stichprobe, für die noch zu klären wäre, welche Gültigkeit Aussagen über die Verbreitung von „sexueller Gewalt“ an Schulen, Internaten und Heimen für sich reklamieren können.

     

    Wichtig in diesem Zusammenhang ist nicht der Unterschied in den Zahlen. Auch die Tatsache, dass das DJI eben keine Daten hat, die Aussagen erlauben, die für ALLE deutschen Schulen Gültigkeit beanspruchen, muss nur festgestellt werden. Wichtig ist jedoch, dass die Studie des DJI von Verdachtsfällen und nicht von erfolgten Handlungen spricht und auch nur solche gemessen hat. Wichtig ist ferner der Unterschied in der Benennung. Die DJI-Pressemitteilung spricht im relevanten Teil von „sexueller Gewalt“ nicht von „sexuellem Missbrauch“ wie die GEW.

     

    Wenn Sozialwissenschaftler etwas wie „sexuelle Gewalt“ messen wollen, dann gehen sie nicht ins so genannte Feld und fragen wahllos Personen, ob sie Opfer sexueller Gewalt geworden sind – schon weil man dann nicht weiß, was der Befragte unter „sexueller Gewalt“ versteht. Sexuelle Gewalt ist eine Variable, eine latente obendrein, d.h. sexuelle Gewalt muss operationalisiert werden, um gemessen werden zu können. Und weil sexuelle Gewalt eine ganze Reihe verschiedener Verhaltensweisen umfasst, fragen Sozialwissenschaftler ausgehend von einer Definition dessen, was „sexuelle Gewalt“ sein soll, eine ganze Reihe unterschiedlicher Verhaltensweise ab. Die Studie des DJI basiert nach Angabe der Verfasser auf einer „breiten Definition von sexueller Gewalt„, die das Zeigen pornographischer Inhalte, Berührungen am Körper, Berührungen an Geschlechtsteilen, versuchte Penetration und erfolgte Penetration, physische Verletzung oder Misshandlung mit sexuellem Hintergrund und andere Formen eines sexuellen Übergriffs umfasst. Stimmt diese Liste mit dem überein, was Sie sich oben als konkrete Handlung, die unter den Begriff „sexueller Missbrauch“ fällt, überlegt haben?

     

    Es geht noch weiter. Die Befragung des DJI, die Schulleiter zu Verdachtsfällen befragt hat, erbringt das Ergebnis, dass 12,5% den Verdacht auf eine andere Form des sexuellen Missbrauchs berichten, was immer das auch sein mag, keiner vom Verdacht einer physischen Misshandlung mit sexuellem Hintergrund zu berichten weiß, 2,5% den Verdacht auf eine erfolgte Penetration, keiner den Verdacht auf eine versuchte Penetration erinnern und 2.5% Verdachtsfälle an ihrer Schule hatten, die das Zeigen pronographischer Inhalte zum Gegenstand hatten. Dagegen berichten 22,5% vom Verdacht der Berührung an Geschlechtsteilen, 32,5% vom Verdacht auf verbale sexuelle Übergriffe und 70% vom Verdacht auf Berührungen am Körper.

     

    Der „sexuelle Missbrauch“, der nach Ansicht der GEW an 40% der deutschen Schulen stattfindet, besteht also nach Angaben von 43% der 1.128 befragten Schulleiter vornehmlich im Verdacht auf zumeist Berührungen am Körper. Das ist ein komplett anderes Ergebnis als das von der GEW suggerierte, womit sich die Frage stellt, ob die GEW absichtlich die Presse durch solche Pressemitteilungen fehl informiert, um dadurch Arbeitsstellen für Schulpsychologen zu legitimieren, oder ob bei der GEW die Kompetenz fehlt, um einfachste Zusammenhänge aus Pressemeldungen zu entnehmen. Ich weiss nicht was schlimmer ist, und überlasse die Entscheidung den Lesern.

     

    von Michael Klein

    http://sciencefiles.org/2011/07/15/institutionelle-geilheit-vom-missbrauch-sexuellen-missbrauchs/

  • L
    latein

    @Angelika Oetken

     

    die kinder kommen also alle aus dysfunktionalen familien und perpetuieren ergo nur den lebensstil, den sie selbst erlebt haben?

    heime haben einen ähnlichen effekt auf kinder und jugendliche wie gefängnisse?

    woher nehmen sie ihr umfangreiches wissen? welche studien beschäftigen sich eingehend mit den lebensumständen, der bildung, der sozialisation in heimen und den auswirkungen der heimerziehung auf einen menschen?

    keine? weil das thema gesellschaftlich ohnehin seit jahrhunderten ignoriert wird?

    da braucht es keine studien um auflärung zu iniziieren? stattdessen schwafelt man weiter von einer "Mischung aus sexualisierter Aggression, Unterdrückung gepaart mit Tabuisierung ... " oder der "christlich geprägten Kultur". böse familien, bekloppte kinder, überforderte betreuer (niemand hört ihnen zu), christliche kultur, unterschwellige gewalt durch schweigen --> apokalypse! shit! so einfach ist das also! ich denke nicht.

    solange kinder weiterhin in heimen untergebracht werden unterstüzt der deutsche staat die ungebrochene weigerung die verbrecherischen struckturen dieses systems zu reformieren und heime endlich abzuschaffen!

    das zeigt schon die unappetitliche situation des runden tisches, zu dem die bundesregierung auch vertreter der täterorganisationen, der kirche schickte, anstatt sie für ihre verbrechen öffentlich zu verurteilen und zur verantwortung zu zwingen. stattdessen endete all´ dies mit einem schlag ins gesicht für die opfer und einer gesichtswahrung der täter.

  • AO
    Angelika Oetken

    ÜBERHAUPT KEIN WUNDER!

     

    Heime haben insgesamt häufig einen ähnlich ungünstigen Effekt wie Gefängnisse. Das liegt einfach daran, dass hier Kinder aufeinandertreffen, die alle aus dysfunktionellen Familien stammen bzw. viele schlechte Erfahrungen gemacht haben.

    Die Betreuer erfahren zudem wenig Unterstützung. Im psychosozialen Bereich beschäftigte Menschen haben häufig ähnliche Erfahrungen gemacht wie ihre Schützlinge. Wenn man seine Biografie aufarbeiten kann, ist das eine tolle Ressource, tut man es nicht, droht ein Burn-out.

    In kirchlichen Heimen wird unterschwellig häufig noch der Geist der Aufopferung beschworen. Eine unzeitgemässe, menschenverachtende Aufforderung zur Selbstverleugnung.

    Da unsere christlich geprägte Kultur weit von einem selbstverständlichen, aufgeklärten Umgang mit Sexualität entfernt ist, entwickelt sich in solchen Einrichtungen schnell eine Mischung aus sexualisierter Aggression, Unterdrückung gepaart mit Tabuisierung. Es gibt dann bald nur noch Täter, Opfer und solche, die stark genug sind, sich rauszuhalten. Das betrifft die Kinder genauso wie die Erwachsenen.

     

    Also: weitere Studien sind erstmal nicht nötig. Besser wäre es, den betroffenen Kindern und ihren Betreuern genau zuzuhören und sie ernst zu nehmen. Heimerziehung kostet unsere Gesellschaft viel Geld. Frühzeitig gut angelegt in effektive Interventionen zahlt es sich aus. Menschlich und ökonomisch.

  • L
    lkjdjfskdfsfsjfkljfksdjfs

    Danke für den Artikel!

    Leider ein Thema, dass in den einschlägigen Studienfächern/Ausbildungsplänen leider bis heute sträflich vernachlässigt wird.

  • J
    jimmy

    "Rund 60 Prozent der Einrichtungen haben sich an der freiwilligen Befragung zudem nicht beteiligt."

     

    Na dann ist diese Studie ja richtig aussagekräftig!!!

  • T
    traktator

    ARSCH AN ARSCH

    spielen wir den Radetzky-Marsch;

    BAUCH AN BAUCH

    spielen wir mit dem Gartenschlauch...!

     

    ....das wird uns Vätern in der Badewanne das Genick brechen,ohne ausgerutscht zu sein...

     

    es wird also ein Klima der Denunziation geschaffen, wilde Kinderschützerinnen können unprofessionell mit Kindern über Geschlechtsteile reden wie Väter es nie tun würden, und Betreuer, Väter, Männer im Allgemeinen vorverurteilt anklagen, Familien zerstören und großes Leid verursachen.

    Na bitte, "sind so kleine Hände"...hat gewonnen, beherrschen sie jetzt die Pimmelchen der (frühreifen pornokonsumierenden 14-Jährigen) und haben die große Politik, also das Recht auf ihrer Seite...?

    Ich möchte mich übergeben, auch intellektuell.

    Was hat schon in den 6oigern Simone de B. essayiert, in ihren Gedanken zur vaterlosen Geselschafft?

    Feini...

  • S
    Seim

    Heime, Lehrer, Schulen, Sportvereine und verschwindend gering die kath. Kirche (warum die ev. Kirche immer rausgelassen wird, ist sehr interessant).

     

    Aber nach dem ganzen Gehetze gegen die Kirche, was bei Muslimen (Rassismus) gewesen wäre, kehrt nun amüsante Ruhe ein.

     

    Die Kirche löst die Probleme nun und der Rest bleibt still sitzen. Super Deutschland.