Studie zu linker Gewalt in Berlin: Innensenator will Linksextreme ächten

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) fordert Ausgrenzung linker Gewalttäter. Deren Gefährlichkeit untermauert er mit einer vom Landesverfassungsschutz erstellten Studie.

Fast jede zweite linke Gewalttat wird im Umfeld von Demonstrationen registriert: Gelandeter Stein am 1. Mai 2009 in Kreuzberg Bild: dpa

Autobrandstiftungen, ein gewalttätiger 1. Mai wie seit Jahren nicht mehr, Angriffe auf Polizeistationen und Neonazi-Treffpunkte – Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat die Nase voll. Am Mittwoch forderte Körting eine deutlichere gesellschaftliche Ausgrenzung von Linksextremisten. Ähnlich des demokratischen Konsens, rechts motivierte Gewalt abzulehnen, gelte es auch einen „Konsens in der Ausgrenzung links motivierter Gewalttäter zu erzielen“.

Als Fundament für diese Forderung legte Körting nun zusammen mit dem Verfassungsschutz eine Studie über „Linke Gewalt in Berlin“ vor. Demnach verübten Linke zwischen 2003 und 2008 835 Gewalttaten in der Hauptstadt: darunter 268 Brandstiftungen, 232 Körperverletzungen und rund 250 Landfriedensbruch-Delikte. 159 Personen kamen dabei zu Schaden. In 91 Fällen seien gefährliche Körperverletzungen verübt worden, zweimal wurden Anklagen wegen versuchten Totschlags erhoben. Damit hätten Berliner Linke mehr Straftaten fabriziert als Rechte – und so viele wie nirgends sonst in der Republik.

Für Körting ist somit bewiesen, dass auch Linksextremisten „großen Sachschaden und schwere Verletzungen von Menschen in Kauf nehmen, wenn sie diese als Feinde ansehen“. Das die Szene sich auf Werte wie „soziale Gerechtigkeit“ und „Antifaschismus“ berufe, sei nur ein Versuch, die eigene „Intoleranz und Gewaltbereitschaft“ zu rechtfertigen. „Wer meint, Sachen und Menschen mit Brandsätzen und Steinen attackieren zu müssen“, so Körting, „muss öffentlich geächtet und strafrechtlich verfolgt werden“.

Die komplette Studie "Linke Gewalt in Berlin" kann man auf den Internetseiten des Berliner Verfassungsschutzes als PDF runterladen.

Jeder müsse sich in Berlin in jedem Stadtteil angstfrei bewegen können – unabhängig von Aussehen, politischer Meinung oder Einkommensklasse. Wer andere mit Gewalt daran hindere, müsse wissen, dass „er sich außerhalb unserer Gesellschaftsordnung stellt“, stellte Körting klar.

Berlins Verfassungsschutz-Chefin Claudia Schmid pflichtete Körting bei. Man müsse der „Sprache der Gewalt ein deutliches Zeichen entgegensetzen“. Aufklärung über Linksextremismus müsse bereits in den Schulen und Kiezen beginnen. Schmid warf Politikern aus dem linken Spektrum vor, sich nicht hinreichend von linksextremer Gewalt zu distanzieren. Man könne ihnen nur raten, "sehr klar Grenzen zu ziehen und insbesondere keine gemeinsame Sache zu machen mit Militanten", mahnte Schmid am Mittwoch.

Die Studie selbst trägt die harten Vorwürfe Körtings aber nicht durchgängig. So betreffen rechte Gewalttaten zu 86 Prozent Körperverletzungen, bei linken beträgt dieser Anteil 30 Prozent. Knapp die Hälfte der linken Taten richtet sich gegen Objekte. Bei den Fällen versuchten Totschlags endete ein Prozess mit Freispruch, der zweite Prozess steht noch aus. Und wer heute hinter den unzähligen Autobrandstiftungen stecke, sei „häufig nicht ermittelbar“, heißt es in der Studie.

Genau hier steht Körting aber mächtig unter Druck. Seit Monaten fordern Opposition und Boulevard-Medien ein Ende des allnächtlichen „Linksterrorismus“. Laut Polizei fielen in diesem Jahr in Berlin bereits über 250 Autos 128 politischen motivierten Brandstiftungen zum Opfer.

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