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Studie zu inhaftierten JournalistenWebreporter im Visier der Zensoren

Die Zahl inhaftierter Online-Journalisten steigt. Vor allem in China, Kuba und Birma sind sie bedroht. Viele arbeiten frei und stehen staatlicher Repression alleine gegenüber.

Menschenrechtler Hu Jia ist einer von 28 inhaftierten Journalisten in China. Bild: ap

BERLIN taz/ap "Online first" heißt es derzeit in vielen Redaktionen. Das gilt zunehmend auch für die Repression, die Journalisten weltweit erleiden müssen. Fast die Hälfte der inhaftierten Journalisten arbeitete zuvor online. So meldet es das Komitee zum Schutz von Journalisten (Committee to Protect Journalists, CPJ) in seinem diesjährigen Bericht zur aktuellen Situation der Pressefreiheit, der am Donnerstag in New York vorgestellt wurde.

Zum Stichtag des Berichts, dem 1. Dezember, saßen weltweit 125 Journalisten hinter Gittern. 56 davon arbeiteten als Blogger, Internet-Reporter oder Online-Redakteure, so viele wie noch nie zuvor. Die Macht und der Einfluss einer neuen Generation von Online-Journalisten habe die Aufmerksamkeit repressiver Regierungen weltweit erregt, diese gingen nun verstärkt zum Gegenangriff über, sagte CPJ-Direktor Joel Simon.

Bereits zum zehnten Mal in Folge ist China Spitzenreiter. 28, also ein Fünftel, aller inhaftierten Journalisten sitzen in China ein. Der bekannteste von ihnen ist der zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilte Menschenrechtler Hu Jia. Anlass für seine Verhaftung waren nach Angaben von CPJ unter anderem Online-Kommentare. Hu Jia gehört nicht nur zur Gruppe der Internet-Journalisten, er ist zudem auch Freischaffender.

Freie Journalisten haben meist größere Probleme, wenn sie erst einmal ins Visier der staatlichen Repressions- oder Zensurstellen geraten. Ihnen fehlen oft rechtliche Ressourcen und politische Verbindungen, um sich zu wehren. "Das Bild des einsamen Bloggers, der zu Hause im Schlafanzug arbeitet, mag anziehend sein, aber wenn es an der Tür klopft, sind sie allein und verwundbar", sagte CPJ-Direktor Joel Simon. Freischaffende werden zudem immer häufiger inhaftiert, immerhin sind es bereits 45 von 125. Das ist eine Steigerung von über 40 Prozent in den letzten zwei Jahren. Die Zahlen spiegeln zwar den Trend der Medienentwicklung wider, doch die Macht des Wortes gilt im Hinblick auf Presserepression immer noch unangefochten. Fast 90 Prozent der verhafteten Journalisten sind entweder im Print- oder im Online-Geschäft tätig.

Auf 28 Länder verteilen sich die inhaftierten Journalisten des CPJ-Berichts. Nach China sind es vor allem Kuba mit 21 Journalisten im Gefängnis, Birma mit 14 und Eritrea mit 13 Inhaftierten, die die Pressefreiheit nicht beachten. Als Gründe für die Inhaftierung gaben die jeweiligen Länder dem Bericht zufolge meist die Verbreitung von Staatsgeheimnissen, das Verletzen nationaler Interessen oder das Untergraben der staatlichen Ordnung an. Knapp 13 Prozent aller Inhaftierten wird jedoch nicht einmal formal angeklagt. Außerdem ist von mindestens 16 Journalisten der Aufenthaltsort unbekannt. Zu ihnen gehört auch der dienstälteste Inhaftierte: Lin Youping aus China, der bereits 1983 verhaftet worden ist. Seit Jahren gibt es keine Informationen mehr darüber, ob er überhaupt noch lebt.

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1 Kommentar

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  • TH
    Thomas Hluchnik

    Wozu gibt es eigentlich Anonymisierungsnetzwerke wie z.B. Tor? Ich engagiere mich seit Jahren für dieses Netzwerk, indem ich Anomyisierungsknoten zur Verfügung stelle. Eine Sache, die auch die Zeitungsredaktionen ohne große Kosten tun könnten. Denn für ein solches Netzwerk ist wichtig, daß möglichst viele mitmachen. Und wer hätte ein größeres Interesse in diesen Zeiten als Journalisten an unüberwachbarer und zensurfreier Kommunikation? Wo sind sie also, die Tor-Knoten von taz, Spiegel, Süddeutscher, Faz und wie sie alle heissen mögen? Aufregen kann sich jeder, aber man kann auch etwas tun.