Studie zu Straßenbau: Autobahnen könnten mehr kosten

Eine Studie der Umweltorganisation Greenpeace zeigt, dass der Bundesverkehrsminister bei 325 Projekten tiefer in die Tasche greifen müsste.

Rund 800 Straßenprojekte könnten der Berechnung zufolge bis 2035 dreimal mehr kosten als erwartet Foto: imago

BERLIN taz | Laut einer Studie der Umweltschutzorganisation Greenpeace könnte der Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesfernstraßen rund drei Mal teuer werden als bislang vom Bundesverkehrsministerium (BMDV) angenommen.

Rund 800 Straßenprojekte könnten der Berechnung zufolge bis 2035 insgesamt 153 Milliarden Euro kosten – anstatt der ursprünglich dafür angesetzten 50,9 Milliarden.

Damit könnte die Lücke im Etat des Verkehrsministeriums noch größer sein als gedacht. Wegen der anfallenden Mehrkosten durch die gestiegenen Preise in der Baubranche rechnete man ohnehin bereits mit starken Steigerungen.

Die Studie von Greenpeace basiert auf den Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken. Dort wird die Kostenentwicklung von insgesamt 351 Bauvorhaben aus dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP) ausgewertet, dem zentralen Planungsinstrument beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.

Greenpeace zufolge sollen bei 13 der dort gelisteten Projekte die Kosten gesunken sein. Bei 13 weiteren sollen sie konstant gleich geblieben sein. Alle weiteren 325 Projekten verteuerten sich laut der Studie dagegen aber deutlich – um mehrere Hundert Prozent.

„Wer richtig rechnet, sieht, dass Straßen teurer werden“

„Das Verkehrsministerium rechnet sich seine klimaschädlichen Straßenbaupläne systematisch schön“, glaubt daher die Verkehrsexpertin von Greenpeace, Lena Donat. „Wer richtig rechnet, sieht, dass die geplanten Straßen tatsächlich gut 100 Milliarden Euro teurer werden.“

In der Kleinen Anfrage, auf die sich die Umweltschutzorganisation bezieht, wird zudem auch der Dialogprozess im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeplan thematisiert. Im Koalitionsvertrag wird er als „Neuer Infrastrukturkonsens“ bezeichnet.

Innerhalb der Ampel drängen besonders die Grünen darauf, dass der geltende BVWP einer grundlegenden Überprüfung unterzogen werden soll. Das Verkehrsministerium dagegen spricht nur von einem Dialog, der „parallel“ zur ohnehin turnusmäßig anstehenden Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans stattfinden soll. Dieser stammt aus dem Jahr 2016.

Laut Aussagen des Bundesrechnungshofs waren bereits seinerzeit die Kosten für den Bau von Autobahnen dort viel zu niedrig angesetzt gewesen. Ungenauigkeiten und etwa fehlende Kostendaten hätten bei den Berechnungen dazu geführt, dass die veranschlagte Summe laut Rechnungshof nicht den wirklichen Kosten entspräche.

„Systematische Kleinrechnung“ bei der Planung?

Greenpeace sieht in diesem Vorgang eine „systematische Kleinrechnung“ bei der Planung von neuen Straßen durch die Bundesregierung. Denn die Kosten-Nutzen-Analyse sei ein zentrales Bewertungskriterium im Bundesverkehrswegeplan.

Tatsächlich spielen bei der Frage, welche Bauvorhaben in die Umsetzung kommen, auch die Kosten eine entscheidende Rolle. Zu hohe Beträge können ein geplantes Bauprojekt, das nicht dringend gebraucht wird, in der Prioritätenliste deutlich nach unten rutschen lassen.

Die veröffentlichen Greenpeace-Zahlen könnten den Streit in der Ampel um die Planungsbeschleunigung von Autobahnen erneut befeuern. Dieser soll am Sonntag beim Koalitionsausschuss auf den Tisch.

Vonseiten des BMDV hieß es am Donnerstag auf der Verkehrsministerkonferenz dazu, dass in Zukunft auch der Bau neuer Straßen beschleunigt werden müsse. Noch mehr fehlendes Geld in den ohnehin angespannten Haushaltsverhandlungen lässt die Frage, was am Ende nun priorisiert werden soll – Straßen, Brücken oder Schiene – aber noch drängender erscheinen.

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