Studie zu Naturkatastrophen: Verheerender als Bomben
2013 mussten weltweit mehr Menschen vor Stürmen, Erdbeben und anderen extremen Wetterereignissen fliehen als vor kriegerischen Konflikten.
BERLIN taz | Krisen im Südsudan, Syrien, Irak – das Jahr 2013 war reich an Konflikten. Ihre Heimat verloren die meisten Menschen jedoch durch Naturkatastrophen: Nach einer Studie der Nichtregierungsorganisation Norwegischer Flüchtlingsrat (NRC) haben die Folgen von extremen Wetterereignissen wie etwa Stürmen, Erdbeben und Schlammlawinen im Jahr 2013 dreimal so viele Menschen um ihr Zuhause gebracht wie Konflikte. 22 Millionen wurden so aus ihrer Heimat vertrieben.
Besonders betroffen sind nach Angaben der Studie Entwicklungsländer. Dabei erfolgten seit 2008 mehr als 80 Prozent der Verdrängungen durch Naturkatastrophen in Asien. Im Jahr 2013 lagen die am stärksten betroffenen Regionen in den Philippinen, China, Indien, Bangladesch und Vietnam.
Das Problem bestehe jedoch weltweit, sagt Alexandra Bilak, MItarbeiterin des Beobachtungszentrums für Vertreigung (IDMC). Auch in Nord- und Südamerika richteten Wirbelstürme und Erdbeben etwa immer wieder massiven Schaden an.
Laut der Studie werden zudem kleinere, dafür öfter wiederkehrende Vorkommnisse wie Überschwemmungen unterschätzt und nicht ausreichend dokumentiert. Ein Beispiel dafür sei der Südsudan, sagt Bilak. Dort müssten die Menschen sowohl wegen Überschwemmungen als auch wegen kriegerischer Konflikte immer wieder aus ihrer Heimat flüchten.
Städter könnten künftig besonders gefährdet sein
Die Lage könnte sich noch verschlimmern: Experten rechnen aufgrund des Klimawandels mit immer extremeren Wetterereignissen. Hinzu kommt, dass immer mehr Menschen auf der Welt und zunehmend in Städten leben. Innerhalb der letzten 40 Jahre ist die Weltbevölkerung laut Studie um 96 Prozent gewachsen, die Stadtbevölkerung um 187 Prozent.
Für diese könnte es besonders gefährlich werden: Urbane Zentren würden bei Naturkatastrophen zu einer Falle, sagt Jan Egeland, Sekretär des Norwegischen Flüchtlingsrats, in der britischen Tageszeitung Guardian. Da die Menschen auf engem Raum zusammenlebten, gebe es keine Fluchtmöglichkeiten.
Mit der Studie will der Flüchtlingsrat erreichen, dass bei der UN-Klimakonferenz im Dezember im peruanischen Lima nach Lösungen für einen besseren Schutz vor den Naturkatastrophen gesucht wird. Der Flüchtlingsrat fordert unter anderem Katastrophenpläne für Slums. Benötigt werde ein besseres Risikomanagement und längerfristige Unterstützung der Betroffenen, sagt Bilak.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands