Studie zu Leistungsdruck bei Kindern: Ostkinder sind glücklicher
Deutsche Kinder stehen immer stärker unter Druck. Fast die Hälfte der 6- bis 12-Jährigen kommt vor lauter Lernen kaum noch zu anderen Dingen. Glücklich sind sie dennoch.
BERLIN taz | Kinder in Deutschland fühlen sich heute mehr unter Leistungsdruck als noch vor einigen Jahren. Dies ergab eine am Montag in Berlin vorgestellte Studie des Marktforschungsinstituts iconkids & youth im Auftrag der Zeitschrift Eltern. Danach erklärten 46 Prozent der befragten Kinder, dass sie vor lauter Lernen kaum noch Zeit für andere Dinge hätten, die sie gerne machten. Im Jahre 2006 hatten dies nur 28 Prozent der Kinder gesagt.
Die Kinder in den neuen Bundesländern fühlten sich dabei weniger unter Stress als ihre Altersgenossen im Westen. Während jedes dritte Kind im Westen sich wünschte, „nie wieder in die Schule zu müssen“, erklärte dies im Osten nur jedes vierte Kind. In früheren Vergleichsstudien war diese Abneigung gegen die Schule bei den Kinder sehr viel geringer gewesen. Iconkids & youth hatte für die Studie im Jahre 2011 insgesamt 714 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren befragt.
Obwohl sich viele Kinder unter Stress fühlen, hat die Mehrheit dennoch einen optimistischen Blick auf die Welt. 96 Prozent der Kinder finden es schön, auf der Welt zu sein. 91 Prozent der Kinder stimmten der Aussage zu, die Eltern seien „die besten Eltern, die ich mir vorstellen kann“. Allerdings ist es wahrscheinlich auch schwierig für ein Kind, bei einer Befragung diese vorgegebene positive Aussage abzulehnen.
Im Westen wünschen sich mehr Kinder als im Osten, schon erwachsen zu sein und mehr Freunde zu haben. Obwohl Kinder in den neuen Bundesländern häufiger getrennte Eltern haben, sind sie weniger traurig darüber als ihre Altersgenossen im Westen. Und obgleich die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern nach wie vor höher ist, erklärten im Westen mehr Kinder als im Osten, dass sie Arbeitslosigkeit „ganz schlimm“ finden.
Geringere Erwartungen, höhere Zufriedenheit
Axel Dammler, geschäftsführender Gesellschafter des Marktforschungsinstituts, begründete die West-Ost-Unterschiede damit, dass die Selbstwahrnehmung der Kinder in den neuen Bundesländern möglicherweise weniger stark durch die Erwartungen der Eltern geprägt sei als im Westen. Damit seien die Kinder in den neuen Bundesländern entlasteter. Die Kinder im Osten erlebten sich mehr im Kreise von Gleichaltrigen – dies liege auch daran, dass im Osten 75 Prozent der Kinder eine Ganztagsschule besuchten, im Westen seien dies nur 21 Prozent.
Eine frühere Studie der Unicef hatte ebenfalls ergeben, dass das „subjektive Wohlbefinden“ der Kinder etwa in Thüringen höher sei als in Baden-Württemberg. Zum „subjektiven Wohlbefinden“ trage etwa ein gemeinsames Hobby mit dem Vater bei, hieß es damals in der Studie. Für diese Ergebnisse werteten Wissenschaftler im Auftrag von Unicef Daten wie den Mikrozensus 2008 und die Verbraucherstichprobe des Statistischen Bundesamtes aus.
Ebenfalls im Auftrag der Zeitschrift Eltern hatte Forsa eine Umfrage zur Gewalt in der Erziehung gemacht. Danach hat die Gewalt in der Erziehung im Vergleich zu einer Erhebung aus den Jahren 2006/07 leicht abgenommen. Vier von zehn Eltern bestrafen ihre Kinder heute demnach mit einem „Klaps auf den Po“ (2006: 46 Prozent). Zehn Prozent geben eine Ohrfeige (2006: elf Prozent) und vier Prozent gaben an, „den Hintern zu versohlen“. Für die Studie wurden 1.003 Eltern befragt.
Eltern-Chefredakteurin Marie-Lusie Lewicki erklärte allerdings, nach den Erkenntnissen von Psychologen sei die schlimmste Strafe für die Kinder immer die Nichtbeachtung – etwa, wenn die Eltern tagelang nicht mehr mit ihnen sprächen.
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