Studie über Kitas in Deutschland: Es hapert bei der Sprachförderung

Der Deutsche Kitaleitungskongress hat seine Studie zu Kitas vorgestellt. Vor allem die Sprachförderung steht im Vordergrund.

Buchstabensalat auf einer Tafel in der Kita

Vorkurs Deutsch Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Fachkräftemangel, zu wenig Zeit für zu viele Verwaltungsaufgaben, und ein nicht zu bewältigender Auftrag der Sprachförderung aus der Politik: Das sind die größten Probleme, die sich Kitaleitungen in Deutschland aktuell gegenüber gestellt sehen. Der Deutsche Kitaleitungskongress hat in Düsseldorf die Ergebnisse seiner jährlich erhobenen Studie unter Kitaleitungen vorgestellt. Mehr als 3.000 Kitaleitungen haben sich 2023 daran beteiligt.

„Wenn die politisch Verantwortlichen wirklich wollen, dass die Beschäftigten in den Kitas ihrem Bildungsanspruch gerecht werden können, dann gibt es nur die eine richtige Schlussfolgerung: Die pädagogische Arbeit, die in den Kitas geleistet wird, muss in allen Bereichen wertgeschätzt werden“, fordert Anne Deimel, Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Nordrhein-Westfalen.

Wertschätzung ist den Kitaleitungen ein wichtiges Anliegen: Zwar fühlen sich über 99 Prozent von Kindern, über 88 Prozent von Trägern sowie von Eltern und Familien laut der DKLK-Studie wertgeschätzt. Allerdings empfinden nur wenige Kitaleitungen eine Wertschätzung durch die Politik: Nur circa 13 Prozent fühlen sich durch die Bundespolitik gewertschätzt. Eine Wertschätzung durch Politiker auf kommunaler Ebene empfinden immerhin über 41 Prozent.

Auch von den Medien fühlen sich lediglich 37 Prozent der Kitaleitungen gewertschätzt. Das liege vor allem an einer negativen Berichterstattung über die Situation in deutschen Kitas. Eine Teilnehmerin der Pressekonferenz in Düsseldorf, selbst langjährige Erzieherin in Nordrhein-Westfalen, findet, die Medien sollten nicht nur über fehlendes Personal und unzureichende Bezahlung im Erzieherberuf berichten, sondern auch über die positiven Seiten des Kita-Alltags. Außerdem betont die Erzieherin, dass die Gehälter in Erzieherberufen in den letzten Jahren durchaus gestiegen seien.

Schwerpunkt: Sprachliche Bildung

Die positiven Seiten, von denen die Teilnehmerin sprach, schlagen sich auch in den aktuellen Studienergebnissen nieder: So üben 60 Prozent der Kitaleitungen ihre Leitungstätigkeit sehr gerne oder überwiegend gerne aus, über ein Viertel der Befragten gab an, dass sich das Empfinden, wie gern die Leitungstätigkeit ausgeübt wird, die Waage hält.

Ein Schwerpunkt der Erhebung lag diesmal auf dem Thema „sprachliche Bildung“. Tomi Neckov, stellvertretender Bundesvorsitzender des VBE, kritisierte eine unterkomplexe Forderung in Teilen der Politik, nach der Kinder mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen nicht eingeschult oder nicht gemeinsam mit deutschsprachigen Kindern unterrichtet werden sollten. Neckov spricht dabei von einer Art „Kita-Abitur“, mit dem nicht-deutschsprachige Kinder abgestraft würden.

Er fordert „ein Umdenken in der Politik: Jedes Kind muss eingeschult werden“. Über die reine Diagnostik in Form von Sprachstandstests hinaus müssten darauf auf praktische Maßnahmen folgen. Als eine Möglichkeit, mithilfe derer die frühkindliche Sprachkompetenz besser gefördert werden könnte, nennt Neckov die Anwerbung von Fachkräften mit anderen als deutschen Sprachkenntnissen.

Die Studie zeigt: Im Durchschnitt spricht die Gesamtheit der Kinder einer Kita mindestens sechs Sprachen, die Gesamtheit der Fachkräfte einer Kita hingegen etwa drei und damit halb so viele Sprachen. Um dieser Diskrepanz gerecht zu werden, bräuchte es in den Kitas genug pädagogisch und fachlich geschultes Personal. Fachkräfte sind jedoch im Erziehungs-Sektor ebenso rar wie in vielen anderen Bereichen, das geben auch die Kitaleitungen in der DKLK-Studie an: Über 84 Prozent gaben an, dass sich der Personalmangel in den letzten zwölf Monaten verschärft hat und es noch schwieriger geworden ist, offene Stellen mit passenden Be­wer­be­r:in­nen zu besetzen.

Unzureichender Fachkraft-Kind-Schlüssel

Gleichzeitig zeigen die Zahlen, dass mit über 52 Prozent ein Großteil der Kitaleitungen mehr arbeitet, als vertraglich festgelegt. Der Personal- und Zeitmangel in den Kitas äußert sich vor allem in einer unzureichenden Fachkraft-Kind-Relation: So kommen in der überwiegenden Mehrheit der Kitas auf eine Fachkraft im U3-Bereich durchschnittlich 5,3 Kinder, wissenschaftlich empfohlen ist jedoch eine Relation von 1 zu 3. Im Ü3-Bereich wird ein Fachkraft-Kind-Schlüssel von 1 zu 7,5 empfohlen, die Studie weist allerdings eine tatsächliche Relation von 1 zu 10,8 aus.

Schon jetzt sind die Kitas in Deutschland also unterbesetzt und können keine fachgerechte Betreuung gewährleisten. Tomi Neckov appelliert deshalb an die Politik: „Wann und wie soll die sprachliche Bildung verbessert werden?“ Um die sprachliche Bildung in Kitas trotz Personal- und Zeitmangel zu verbessern, fordert der VBE unter anderem eine von Bund, Ländern und Kommunen getragene Fachkräfteoffensive, die leichtere Anerkennung ausländischer Abschlüsse, nachhaltige Investitionen in Ausstattung und Personal sowie eine Anpassung der Leitungszeit an den tatsächlichen Bedarf der Kitaleitungen.

Auf die große Bedeutung frühkindlicher Sprachförderung, und zwar nicht allein der deutschen Sprache, macht auch Ilka Maserkopf aufmerksam. Die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Frühe Mehrsprachigkeit an Kitas und Schulen fordert von der Politik, aber auch der Gesamtgesellschaft eine höhere Wertschätzung der sprachlichen Kompetenzen: „Wir müssen in unserer Gesellschaft die Ressourcen, die sich durch Mehrsprachigkeit bieten, besser wertschätzen.“

Sie kritisiert, dass in einigen Kitas nicht-deutschsprachigen Kindern mitunter sogar das Sprechen in ihrer Muttersprache verboten werde. Stattdessen sollte bereits in den Kitas die Mehrsprachigkeit der Kinder gefördert werden: „Wir haben so viele Nachbarländer, wir könnten in unserer Gesellschaft sehr von einer höheren Mehrsprachigkeit profitieren.“ Doch natürlich sieht auch Maserkopf, dass eine solche Sprachförderung, die sogar über die rein deutsche Förderung hinausgeht, mehr Personal und Kompetenzen erfordert.

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