Studie über Gladiatoren: Die Hipster unter den Römern
Gerichtsmediziner untersuchten Knochen: Gladiatoren ernährten sich meist vegetarisch-vegan und tranken Energydrinks aus pflanzlicher Asche.
Gerichtsmediziner der Universitäten in Wien und Bern haben die Knochen eines Gladiatorenfriedhofs aus dem zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus im damals römischen und heutigen türkischen Ephesos untersucht. Mit spektroskopischen Methoden wollten sie herausfinden, wie sich die Kämpfer damals ernährt haben.
Das Ergebnis zeigt, dass Gladiatoren hauptsächlich pflanzliche Nahrung zu sich nahmen, mit Getreide von minderer Qualität. Bei dem Fleischkonsum gab es „keine signifikanten Unterschiede zur Normalbevölkerung von Ephesos“, schreibt Sandra Lösch von der Universität Bern, die die Isotopenanalysen gemacht hat.
Man hätte sich das denken können: Schon der römische Gelehrte Plinius der Ältere nannte die mutigen Muskelmänner „Gerstenfresser“ in seiner Naturalis-Historia-Enzyklopädie. Die Knochenstudie liefert dazu nun einen weiteren wissenschaftlichen Beweis.
Was die Analysen noch zeigen, ist, dass zur Athletendiät der Gladiatoren auch natürliche Energydrinks gehörten – aus Pflanzasche. „Pflanzliche Asche wurde offenbar zur Kräftigung nach körperlicher Anstrengung und zur verbesserten Knochenheilung eingenommen“, so der Leiter der Studie. „Da verhielt es sich ähnlich wie heutzutage die Einnahme von Magnesium und Calcium nach körperlicher Anstrengung.“
Vitaminreiche Energydrinks und vegetarische Bohnenaufläufe – mit der modernen Vorstellung von Fleischorgien und römischen Saufgelagen hat das nicht viel zu tun. Sollte Russel Crowe uns also belogen haben? Gladiatoren waren doch keine schwitzenden, brutalen Machokämpfer, sondern die Hipster unter den Römern, mit einer Flasche „Club Asché“ und grünen Pflanzensmoothies. Vielleicht sollte man nun untersuchen, ob ihre blutigen Zirkuskämpfe auch bloß inszenierte Performances waren, um „Daumen hoch“-Likes zu kriegen.
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