piwik no script img

Studie der Bertelsmann-StiftungViele Jugendliche ohne Schulabschluss

2021 haben über 47.490 Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen. Besonders hoch ist die Schulabbruchquote in Bremen.

Besonders viele männliche Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss Foto: Patrick Pleul/dpa

Gütersloh epd | Bundesweit haben im Jahr 2021 einer Studie zufolge 47.490 Jugendliche die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Gemessen an der Gesamtzahl der Gleichaltrigen betrug der Anteil 6,2 Prozent, wie die am Montag in Gütersloh veröffentlichte Analyse im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergab. Im Vergleich zum Jahr 2011 stagniere die Quote der Schulabbrecher auf hohem Niveau. Demnach lag der Anteil damals schon bei 6,1 Prozent.

Die Auswertung des Essener Bildungsforschers Klaus Klemm umfasst bundesweit alle Jugendlichen, die zum Ende ihrer Pflichtschulzeit keinen Schulabschluss erhalten. Im Jahr 2021 befanden sich in dieser Gruppe mit 60 Prozent mehr Jungen als Mädchen. Zudem seien junge Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft fast dreimal so oft vertreten gewesen wie gleichaltrige Deutsche (13,4 zu 4,6 Prozent). Jede und jeder zweite Jugendliche ohne Hauptschulabschluss habe eine Förderschule besucht.

Laut der Studie sind die Chancen auf einen Abschluss in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt. Im Vergleich aller Länder variierte im Jahr 2021 der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss zwischen 5,1 Prozent in Bayern und 10 Prozent in Bremen.

Sorge vor prekären Beschäftigungen

„Trotz positiver Entwicklungen in einzelnen Bundesländern ist es in den vergangenen zehn Jahren insgesamt nicht gelungen, den Anteil junger Menschen ohne Schulabschluss zu reduzieren“, kritisierte Nicole Hollenbach-Biele, Schulexpertin bei der Bertelsmann Stiftung. Das sei insbesondere deshalb ein Problem, weil die moderne Arbeitswelt immer komplexere Anforderungen stelle. Wer ohne Abschluss die Schule verlasse, habe ein höheres Risiko, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu landen.

Die Stiftung begrüßte die vom Bund geplante Ausbildungsgarantie. Ein weiteres gutes Instrument sieht sie in der „Schülerdatennorm“, die es den Ländern seit 2020 ermöglicht die Daten von Schülerinnen und Schülern ohne berufliche Anschlussperspektive an die zuständigen Jobcenter zu übermitteln. Bislang machen demnach aber nur die Stadtstaaten Hamburg und Bremen davon Gebrauch.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Wenn "Daten von Schülerinnen und Schülern ohne berufliche Anschlussperspektive an die zuständigen Jobcenter" übermittelt werden, ist es doch schon zu spät. Warum soll diese Maßnahme helfen, "den Anteil junger Menschen ohne Schulabschluss zu reduzieren?"

    • @Abid Kidoh:

      Das sollen sie ja nicht.

      Sie sollen die Jugendlichen, entweder in schulische Maßnahmen umlenken, die zu einem ersten Abschluss führen, oder sie sollen sie zu den Ausbildungen führen, die wenige oder keine Auszubildenden haben.

      Es gibt in Deutschland sehr viele Ausbildungen, die den Menschen gar nicht bekannt sind.



      Und es gibt Betriebe, die Auszubildende als billige Arbeitskräfte nutzen. Es gibt also nach dem Abschluss nur eine sehr geringe Chance auch in diesem Beruf zu arbeiten, Beispiele wären, "Bäckereifachverkäuferin" oder die früheren "Arzthelfer", die Ausbildung ist eigentlich eine Sackgasse.

      Die einfachste Hilfe wäre eine Ganztagsschule, die jedem Kind, die Unterstützung gibt die es braucht.

  • Für einen Moment hat mein Kopf gesagt "Vier Jugendliche ohne Schulabschluss". Man stelle sich mal vor, was diese 4 Jugendlichen, sich anhören müssten. Von wegen selber Schuld. Dabei ist die Partizipation in diesem Schulsystem eine Zumutung. Das deutsche System ist alt, autoritär (damit wenig partizipativ und freiwillig), separariert und mündet weiterhin in Orte strukturellen Missbrauchs. Wenn man sich so umhört, wer aus seiner Schulzeit alles mutmaßlich traumatische Erfahrungen mitgenommen hat, dann sind das zu viele. Es ist konstativ Mobbing unter den Schüler*innen oder Ausgrenzung marginalisierter Schüler*innen, es ist aber auch fortlaufend das Wegsehen von Personen mit Verantwortung, die fehlende (de-)konstruktive Auseinandersetzung mit der eigenen Autorität, die durch Hierarchie gestörten Beziehungen und der Vertrauensverlust, der Zwang im Hintergrund des Ganzen. Ganz stark ausschlaggebend ist die sogenannte "Disziplin", der Bauplan schulischer Autorität, welcher Hierarchie eingeschrieben hat, und Unterordnung kulturell normalisiert. Solche Strukturen tuen sich schwer Antworten zu finden und begünstigen Missbrauch.

  • Die Studie zeigt, dass der Bildungsstand der Jugendlichen in den Bildungserhebungen besser abgebildet wird und damit erst einen Vergleich zulässt. Der Abschluss hat keine Aussagekraft mehr, das zeigt sich in Berlin sehr gut.



    Was auch klar ist, es fehlen Daten, die Staatsangehörigkeit ist sinnlos, wenn wir in der Wirklichkeit von (deutschen) Kindern und Jugendlichen mit nicht-deutscher Muttersprache ausgehen. Ein gleiches gilt für den Begriff "Förderschule" oder "Förderbedarf", es fehlen Daten.

    Aber das machts aus, denn wir, und das sind nicht nur die Interessierten, wissen, welcher Teil der Gesellschaft von der Bildungsgesellschaft abgehängt wird, wir könnten sogar wissen, warum?

    Das System funktioniert, wenn das Kind in einem stabilen Umfeld aufwächst, das Bildung als relevant erachtet und/oder einen entsprechenden Bildungshintergrund hat. Gut wäre es, Nachhilfe oder Zusatzunterricht finanzieren zu können. Wenn das gegeben ist, spielt auch die "Muttersprache" keine Rolle, sie wird dann sogar zum Vorteil.