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Strom für alternative Technokraten

„Besonderer Trend“: Ab heute bieten auch HEW und Shell Ökostrom an  ■ Von Gernot Knödler

Auch die Konzerne wollen einen Teil vom entstehenden Markt für Ökostrom abhaben. Seit heute gibt es deshalb einen neuen Anbieter in Hamburg: Newpower, ein Sprößling der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) und Shell, bietet Strom an, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Die HEW gehen damit in den Spagat zwischen ökologisch korrektem Strom und solchem, der zu 80 Prozent unkorrekt ist, weil er aus Atomkraftwerken stammt.

Auf den ersten Blick wirkt das Angebot von Newpower verführerisch. Ihr Strom soll allein aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse erzeugt werden. Falls das nicht genügt, springt das Pumpspeicherwerk der HEW in Geesthacht ein. Dessen Hochbecken wird vollgepumpt, wenn die Sonne stärker scheint und der Wind schärfer weht, als es für das Decken des augenblicklichen Ökostrom-Bedarfs nötig ist. In sonnen- und windarmen Zeiten rauscht das Wasser turbinentreibend in die Tiefe.

Newpower garantiert, daß der Anteil des Stroms aus bereits existierenden Wasserkraftanlagen nach der Startphase bei höchstens 50 Prozent liegt. Der ökologisch korrekte Strom soll mindestens zur Hälfte in neuen Anlagen erzeugt werden. Dafür sollen auch mögliche Gewinne verwendet werden. „Wir wollen mit dem grünen Strom ausschließlich neue Anlagen finanzieren“, versprach der ehemalige Umweltsenator und heutige Shell-Vorstand Fritz Varenholt. Den Anfang machen zwei 130 Meter hohe Windräder, die bis Anfang kommenden Jahres auf der hohen Schaar aufgestellt werden und 2300 Haushalte versorgen sollen. Der Strom der Shell- und HEW-Tochter wird pro Kilowattstunde 9,2 Pfennige teurer sein als herkömmlicher HEW-Strom. Für den Durchschnittshaushalt ergebe das eine Mehrbelastung von 23 Mark im Monat. 30 bis 40 Prozent dieses Aufschlages sollten in regenerative Energien gesteckt werden, kündigte HEW-Vorstand Hans-Joachim Reh an.

Einen hinreichenden Grund für die Mutterfirma, von der Atomwirtschaft abzurücken, wollte Reh noch nicht erkennen. Die Atommeiler seien „am goldenen Ende“ ihrer Betriebszeit angelangt. Denn ihre Baukosten sind abgeschrieben. Sie machen fette Gewinne, was sich an stetig wachsenden Dividenden der HEW-Aktionäre zeigt. Im Geschäftsjahr 1997 lagen sie bei sagenhaften 23 Prozent. Für 1998 werden sie voraussichtlich noch höher liegen.

Die Tochter Newpower sei ein „Instrument der Produktdifferenzierung“, mit dem eine besondere Kundengruppe angesprochen werden solle. „Wir glauben, einen besonderen Trend entdeckt zu haben“, sagte Reh; nämlich, daß eine „gut verdienende bürgerliche Klientel“ gerne ihr ökologisches Gewissen per Stromrechnung erleichtern würde. Diese, vom Sinus-Institut als „technokratisch-alternatives Milieu“ bezeichnete, Gruppe mache rund zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung aus.

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