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Strieder will mehr steuern können

Neues Unternehmen soll Planungszuständigkeiten bündeln und Einfluss des Landes beim Nahverkehr stärken. Der Verkehrsverbund VBB lehnt eine solche eigene Berliner Gesellschaft als falsches Zeichen für die Länderfusion ab

Pläne von Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) sorgen für Verärgerung beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Strieder plant eine neue Verkehrsgesellschaft für Bus und Bahn in Berlin. Sie soll neben dem VBB arbeiten, Planungszuständigkeiten bündeln und „die Steuerungsfähigkeit des Landes als Besteller des lokalen Berliner Verkehrs sichern“. Schlicht gesagt: Das Land will mehr mitreden können, angeblich ohne den VBB verdrängen zu wollen.

„Damit werden die Kompetenzen des Verkehrsverbunds beschnitten“, sagt VBB-Sprecherin Ingrid Kudirka. Sie hält das für kontraproduktiv. „Wir verstehen uns als Fusionsprojekt für Berlin und Brandenburg“, erklärte sie. „Diese neue Gesellschaft aber wäre ein kleiner Schritt in die Richtung: Wir machen was Eigenes.“ Kudirka räumt zwar Verbesserungsmöglichkeiten beim VBB ein, hält aber die geplante neue Gesellschaft auf dem Weg dorthin für wenig effektiv.

Das neue Unternehmen wird nach Angaben eines Sprechers der Senatsverwaltung für das Land Berlin keine zusätzlichen Personalkosten verursachen. Die Mitarbeiter – nach Kudirkas Informationen anfangs 60, später 150 bis 250 – sollen aus den landeseigenen Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und der Senatsverwaltung kommen. Der komplette VBB mit seiner Zentrale am Hardenbergplatz hat 60 Mitarbeiter.

Der Senatsverwaltung war es gestern hörbar unangenehm, dass die Strieder-Planungen öffentlich diskutiert werden. „Es gibt noch keine Vorlage, sondern nur die Idee dazu“, sagte ihr Sprecher Joachim Günther. Der VBB sei keineswegs überflüssig geworden. Laut seiner VBB-Kollegin Kudirka beruht die „Idee“ auf einem Gutachten, das die Senatsverwaltung in Auftrag gab.

Der 1996 gegründete VBB bestellt bislang im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg den Bahn-, Regional- und S-Bahn-Verkehr und arbeitet mit 36 öffentlichen und privaten Verkehrsunternehmen wie der BVG zusammen. Zentraler Punkt ist ein gemeinsames Tarifsystem.

Im Koalitionsvertrag der Senatsparteien SPD und PDS ist von einer angestrebten Optimierung des Verkehrsverbundes die Rede. Ziel soll es sein, Doppelarbeiten zu vermeiden und Koordinierungsfunktionen zu stärken. „Die BVG muss zu einem starken und wettbewerbsfähigen Unternehmen entwickelt werden, damit ein attraktives Verkehrsangebot bei rückläufiger öffentlicher Förderung gesichert ist“, heißt es. Im jüngst beschlossenen Landeshaushalt verringern sich die Zuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr von bisher 99,7 auf 95 Millionen Euro jährlich. STEFAN ALBERTI

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