piwik no script img

Streit um missglückte FlüchtlingskomödieKabongo? Kennt doch keiner

Blöde Scherze, unsensible Poster? Nicht das einzige Problem des Films „Willkommen bei den Hartmanns“. Die Erklärungen sind noch schlimmer.

Wer ist der Mann da neben Senta Berger? Ach so, nur der Hauptdarsteller Eric Kabongo Foto: dpa

Sagt der nigerianische Flüchtling zum Münchner Chefarzt, der ihn bei sich zu Hause aufgenommen hat: „Vielen Dank auch, jetzt hole ich meine ganze Familie nach.“ Chefarzt guckt total entgeistert. Flüchtling so: „Kleiner Scherz!“ Puh, man dachte schon, jetzt kommt ganz Afrika nach München, aber Obergrenzen müssen sein, scheint uns Simon Verhoevens „Willkommen bei den Hartmanns“, der ersten „Flüchtlingskomödie“ aus Deutschland, zu sagen.

Die Szene ist die Schlusspointe eines Films, dessen Drehbuch derart vollgestopft ist, dass man am Ende nicht mehr weiß, was der Film eigentlich sagen will, außer vielleicht, dass gewisse Bedenken bei „uns Deutschen“ berechtigt sind. Etwa als die Hartmanns bei sich Flüchtlinge casten und ständig diese nervigen Großfamilien aufschlagen.

Zu viel ist zu viel, Großfamilie gerne, aber bitte nur eine deutsche wie die Hartmanns. Man weiß ja nie: Ein Mitbewohner des nigerianischen Flüchtlings Diallo wird ja am Ende auch verhaftet, weil er Islamist ist. Siehste!

Die Hauptrolle des Diallo wird im Film gespielt vom Eric Kabongo, einem belgischen Musiker und Schauspieler, der auf dem Plakat zum Film mittig zwischen Stars wie Senta Berger, Heiner Lauterbach und Florian David Fitz sitzt. Einziger Name, der auf dem Plakat fehlt: Eric Kabongo. Na ja, kennt ja auch kein Schwein. Schwarz ist er auch noch.

Ein vollkommen gerechtfertigter Shitstorm

Damit hat aber der Regisseur nichts zu tun, sondern das Marketing. Er selbst findet das „unsensibel und unglücklich“. Auf der Facebook-Seite des Films nennt man „verschiedene Gründe“, weshalb Kabongos Name fehlt, freut sich aber, dass die Kritikerin „sensibel mit dem Thema Diskriminierung“ umgeht. Ein mittlerer Shitstorm regnet seitdem und vollkommen gerechtfertigt auf die Hartmanns nieder.

Viel schlimmer aber als die vielen faulen Gags im Film und dem Poster-Fauxpas sind die Erklärungsversuche. Bitte jetzt nicht mit Rassismus kommen! Dass schwarze SchauspielerInnen nicht nur in der deutschen Film- und Fernsehindustrie massiv unter strukturellem und institutionellem Rassismus leiden und auf Drogendealer, DJs, Dienstmädchen, Sklaven und Flüchtlinge abonniert sind – und bei seltenen Hauptrollen auf dem Plakat vergessen werden –, nicht das Thema.

Es wären ja auch Florian David Fitz, Wotan Wilke Möhring und Maxim Mehmet von Rassismus betroffen, die auf dem Plakat von Verhoevens Film „Männerherzen“ nicht genannt werden. Sagt der Regisseur ohne Scheiß genauso in einem Facebook-Kommentar. Und wer jetzt stänkert, der ist von „deutscher Missgunst und Zerstörungsfreude“ getrieben. Sagt Heiner Lauterbach in einem Interview zum Film: Einen Flüchtling würde er nicht bei sich aufnehmen, er sei ja zu selten zu Hause. „Und die Frau mit den Kindern allein würde das auch nicht wollen.“ Man weiß ja nie.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Ja, man weiß nie. Dafür vermutet man fast immer um so vehementer. Und lässt sich von Skandalgeschichten aus den Medien bestätigen. So nach dem Motto: "Siehste woll!"

     

    In der Folge fehlen einem dann dank Angstverweigerung Erfahrungen – und damit auch die Lockerheit im Umgang mit dem Phänomen. Im echten Leben ebenso wie auf der Leinwand oder einer Bühne. Was einen, wenn man ganz gern auch in Zukunft noch etwas zu sagen haben will, leicht auf die Ausweichspur abdrängen kann: Man hat ja schließlich Frau und Kind und ist selten zu Hause.

     

    Schade, dass das hier und heute nicht einfach Feigheit vor dem (potentiellen) Freund heißen kann, sondern - so viel Autorität muss eben sein im Land der Richter und der Henker - Rassismus genannt werden muss.

     

    Feigheit ließe sich mit etwas Solidarität (und sehr viel Zeit) vielleicht sogar bewältigen. Seine Überzeugungen - und seien sie auch nicht so recht erwünscht - muss man bis ganz zuletzt verteidigen, wenn man ein Mann und Promi sein und bleiben will.

  • Ich finde ja die beste Methode den allgemeinen Rassisten in uns zu befriedigen ist die Web-Serie "The Wizards of Aus".

    Darin geht es dann um Zauberer aus einer Fantasydimension die im Australien der Realwelt Asyl beantragen.

    Eine Mischung aus Catweazle und realer Flüchtlingsproblematik zum totlachen.

  • Wo liegt eigentlich dieses Flücht? Warum reisen da so viele aus? Und warum sind die alle fremd?

  • Wenn Sie (liebe Taz-Redaktion) mal einen lustigen Film über das Thema Flüchtlinge sehen wollen, dann gönnen Sie sich den Film "Welcome to Norway". Der kennt deutlich weniger Berührungsängste als diese schändliche deutsche Produktion, in die auch noch Gelder der deutschen Filmförderung geflossen sind. Hier ein Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=IhNUedsgKCY

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Ist das echt? Dieser Film?