Streit um faire Textilproduktion: Dann eben weiter Ausbeutung
Entwicklungsminister Müller will, dass Kleidung fairer hergestellt wird. Doch zwei Firmenverbände halten seinen Plan für „nicht entscheidungsreif“.
BERLIN taz | Mit besseren Arbeits- und Umweltbedingungen in der globalen Textilproduktion wird es - zumindest in Hinblick auf Zulieferer deutscher Hersteller - vorerst wahrscheinlich nichts. Eigentlich wollte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) dazu ein Bündnis mit der Wirtschaft schmieden, doch zwei große Unternehmensverbände verweigern die Unterschrift. Der Handelsverband Deutschland (HDE) und die Außenhandelsvereinigung des Einzelhandels (AVE) halten Müllers Plan für „noch nicht entscheidungsreif“. Auch die Otto Gruppe ziert sich.
Im April 2013 ist in Bangladesch der Fabrikkomplex Rana Plaza eingestürzt, bei der Katastrophe starben mehr als 1.000 Menschen. Müller will als Reaktion darauf die Industrie unter Druck setzen, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Zulieferfabriken zu verbessern.
In Kooperation mit Verbänden, Unternehmen, Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften hat der Minister deshalb einen Aktionsplan ausarbeiten lassen, den die Partner möglichst bis kommenden Donnerstag unterzeichnen sollen. An diesem Tag will Müller an die Öffentlichkeit gehen und das Textil-Bündnis offiziell gründen.
Existenzsichernde Löhne sind nicht drin
Dass aus der Wirtschaft wenig Unterstützung kommt, ist ein Dämpfer für Müller. Wie sich die großen deutschen Unternehmen Adidas, Metro und andere entscheiden, ist noch nicht bekannt. Ohnehin konnte sich der Minister bisher nicht mit seiner Absicht durchsetzen, ein neues Textilsiegel für sozial- und umweltverträgliche Kleidung einzuführen.
Die Ablehnung der Wirtschaft scheint allerdings nicht einhellig zu sein. So hat die Business Social Compliance Initiative (BSCI), ein Zusammenschluss von rund 1.400 Firmen, ihre Unterstützung signalisiert. Die Kampagne für Saubere Kleidung hält die Ziele in Müllers Aktionsplan überwiegend für richtig.
„Es ist schlicht nicht möglich, die gesamte Lieferkette abzusichern“, sagte ein Sprecher des HDE. Die Unternehmen stören sich unter anderem an der im Aktionsplan enthaltenen Verpflichtung, allen Beschäftigten in den Zulieferfabriken existenzsichernde Löhne zu zahlen.
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