Streit um die Mühlendammbrücke: Langsam abschwellende Kfz-Ströme

Haben Autos auf der umstrittenen neuen Mühlendammbrücke ab 2029 nur noch eine Spur zur Verfügung? Ganz so schnell geht es offenbar nicht.

Mühlendammbrücke von oben

Zurzeit herrscht das Auto hier noch unangefochten: Mühlendammbrücke Foto: dpa

BERLIN taz | Gab es im Streit um die Mühlendammbrücke in Mitte eine überraschende Einigung zwischen der Senatsverkehrsverwaltung und dem Bezirksamt Mitte? Eine Artikel der Berliner Morgenpost legte das am Donnerstag nahe: Die Zeitung zitierte Stadtentwicklungs-Stadtrat Ephraim Gothe (SPD) mit der Aussage, die neu zu bauende Brücke werde ab 2029 nur noch eine Kfz-Fahrbahn pro Richtung haben. Nach taz-Informationen ist das nicht ganz zutreffend.

Die Verwaltungen hätten folgenden Kompromiss vereinbart, so die Morgenpost: Die Brücke, die aufgrund struktureller Schäden neu gebaut werden muss, erhalte zunächst – wie bereits geplant – zwei Fahrbahnen für Kfz und eine Busspur. Wenn die in der Brückenmitte verlaufenden Tramlinien vom Alex zum Kulturforum und zum Halleschen Tor in Betrieb gingen, solle die Busspur aufgehoben und der Autoverkehr auf einen Fahrstreifen reduziert werden. Das werde 2029 der Fall sein.

Wie Gothe am Donnerstagnachmittag der taz bestätigte, gibt es tatsächlich den Kompromiss, im anstehenden Realisierungswettbewerb die Möglichkeit der späteren Verringerung auf eine Kfz-Spur stärker zu gewichten: „Die Wandelbarkeit der Brücke wird für die Jury wichtig sein.“ Im Übrigen gilt auch weiterhin, dass eine Verringerung von zwei Spuren auf eine (jetzt: drei) erst in Frage kommt, wenn im Zuge der Mobilitätswende die Verkehrsströme ausreichend abgenommen haben.

Ob das bis 2029 der Fall ist, steht ebenso in den Sternen wie der Abschluss der Bauarbeiten für den Tramabzweig am Spittelmarkt, der über Axel-Springer- und Lindenstraße zum Halleschen Tor bzw. zum U-Bahnhof Mehringdamm führen soll. Bis jetzt hat noch nicht einmal die – im Koalitionsvertrag festgehaltene – Vorplanung dafür begonnen.

Allerdings scheint sich der Stadtrat damit abgefunden zu haben, dass die neue Mühlendammbrücke 39,60 Meter breit sein wird (aktuell: 45,20 Meter). Der Stadtrat hatte bislang eine deutlich schmalere Brücke gefordert. Die Senatsverwaltung hält dagegen, dass eine noch stärkere Verringerung der Breite ein neues Planfeststellungsverfahren erforderlich mache. Dies werde voraussichtlich Jahre in Anspruch nehmen, Zeit, die man angesichts des baulichen Zustands nicht habe.

„Konzept für die gesamte Mitte“

Wie Gothe der taz sagte, sei mit der Verwaltung von Senatorin Regine Günther (Grüne) aber auch vereinbart worden, ein Verkehrskonzept für die gesamte Berliner Mitte zu entwickeln – bei ausgeweiteter Partizipation der AnwohnerInnen und unterschiedlichen Interessengruppen: „Da kann man sich jetzt schon Formate ausdenken.“ Die an die Brücke angrenzenden Stadträume wie der Molkenmarkt oder die Spandauer Straße, bis hin zu Unter den Linden und Friedrichstraße müssten aufeinander bezogen und zusammengedacht“ werden.

Viele KritikerInnen an der überbreiten Brücke gehen davon aus, diese sei „nicht stadtverträglich“. In diese Kerbe schlägt auch Henner Schmidt, infrastrukturpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion: Die Mühlendammbrücke sei „auch mit der neuen Planung weiterhin überdimensioniert und mit dem Stadtbild der historischen Mitte nicht verträglich“. Die Verkehrsverwaltung geht dagegen davon aus, dass ein breiter Querschnitt auch zum Flanieren oder Verweilen genutzt werden kann.

FDP-Mann Schmidt zieht dann auch noch eine Karte der alten rot-schwarzen Verkehrspolitik: Durch den „zügigen Weiterbau der A100“ – sprich: bis an den Rand von Prenzlauer Berg – könne „der Durchgangsverkehr herumgeleitet und somit vor Ort reduziert werden“. Außerdem spare ein Verzicht auf die „sinnlose Tramlinie“ zwei Spuren.

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