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Streit um das Krim-GoldBald glänzt es in Kyjiw

Die Ukraine und die Niederlande einigen sich: Damit ist die Rückgabe von Museums-Exponaten von der Krim an Kyjiw perfekt. Kosten fallen keine an.

Blick in die Ausstellung „Die Krim: Gold und Geheimnisse des Schwarzen Meeres“ in Amsterdam Foto: Bart Maat/picture alliance/ANP

Berlin taz | Für den ukrainischen Kulturminister Rostislaw Karandeew dürfte der vergangene Mittwoch ein guter Tag gewesen sein. Mit dem geschäftsführenden Direktor der Amsterdamer Universitätsbibliothek, Fred Weerman, unterzeichnete er eine Vereinbarung über die Rückgabe von wertvollen Museums-Exponaten an Kyjiw.

„Die Rückgabe von Artefakten von besonderer historischer und kultureller Bedeutung ist ein bedeutender und vielschichtiger Prozess. Er vereint rechtliche, museale, diplomatische und logistische Aspekte. Wir freuen uns darauf, die Sammlungen in die Ukraine zurückzuholen“, zitiert das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Pravda den Kulturminister.

Ein Teil der Artefakte – das sogenannte Skythen-Gold – stammt aus vier Museen, die sich auf der Krim befinden. Im Februar 2014 wurden diese Ausstellungsstücke in die Niederlande, an das Allard-Pierson-Museum, geschickt und dort im Rahmen der Ausstellung „Krim: Gold und Geheimnisse des Schwarzen Meeres“ gezeigt. Einen Monat später annektierte Russland die Krim – ein klarer Bruch des Völkerrechts.

Die Frage der Rückgabe beschäftigte die niederländische Justiz über mehrere Jahre. Im Dezember 2016 ­urteilte das Amsterdamer Bezirksverwaltungsgericht, dass die Kollektion der Ukrai­ne zu übergeben sei. Die russische Seite focht diese Entscheidung an.

Beschwerde eingelegt

Im Oktober 2021 bestätigte das Kassationsgericht in Amsterdam das Urteil in erster Instanz. Auch dagegen legte Moskau Beschwerde ein, diese landete beim Obersten Gerichtshof der Niederlande. Am 9. Juni 2023 erging das nächste Urteil: Der Goldschatz geht an Kyjiw. Zuvor müsse die Ukraine den Niederlanden jedoch rund 100.000 Euro für die Lagerung der Objekte zahlen.

Demnächst werden die Ausstellungsstücke also die Heimreise antreten. Was ebenfalls nicht unwichtig ist: Alle Lagerkosten werden Kyjiw erlassen. Dieses Geld wird woanders dringender gebraucht.

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4 Kommentare

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  • Hier fehlen zur Einschätzung ein paar grundlegende Informatioen (übrigens in allen deutschen Medien): Die Objekte stammen unter anderem aus dem Taurischen Zentralmuseum in Simferopol, der Hauptstadt der Krim. Taurien ist der alte Name der Krim, abgeleitet vom Volk der Taurier, die im Altertum auf der Krim siedelte.



    Ich habe das Museum noch vor der Annexion besucht.

    Mit Beginn des Mongolensturms übernahmen Krimtartaren aus der asiatischen Steppe im 13. Jahrhundert die Halbinsel, daher der heutige Name. Nach dem türkisch-russischen Krieg im 18. Jahrhundert versuchten die Russen die krimtatarische Kultur auszulöschen und benannten die Region in Taurien um.

    Das Gleiche ist seit 2014 erneut zu beobachten: Die Russen haben Krimtartaren aus dem öffentlichen Leben nahezu verbannt, ihre Medien verboten, waren sie doch die einzigen, die gegen die Annexion protestierten.

    Die krimtartarische Kultur ist auf der Krim erneut durch die Russen bedroht. Daher spricht, neben völker- und kulturpolitischen Aspekten, alles dafür, Russland den Zugriff auf diese Kultur zu verwehren, denn es ist eine Umwidmung im Sinne der nationalistischen Agenda Putins zu befürchten. Russland ist wohl der letzte Sachwalter krimtartarischer Kultur.

    • @rakader:

      Bei den Artefakten handelt es sich zumindest was so online lesbar ist, um Gold aus der skythischen Zeit, weit vor den Krimtataren. Eine kulturelle Verbindung zu den Krintataren besteht dabei nicht.

      • @nutzer:

        Da liegen Sie falsch. Es gibt einen Grund, warum Putin mit den Skythen versucht, die krimtartarische Geschichte als nicht elementar umzuschreiben.

        Sie verkennen, dass die russische Geschichtsklitterung Zeitlinien konstruiert, indem Skythen und Russen verwoben werden, auch wenn die russische Besiedlung auf der Krim erst Ende des 18. Jahrhunderts begann. Dies soll den russischen Imperialismus legitimieren.

        Ich zitiere den Historiker und Osteuropa-Experten Berthold Seewald:



        "Dass Wladimir Putin sie jetzt zur russischen Kriegsbeute macht, hat mehrere Gründe. Zum einen geht es offenbar darum, die Geschichte der Ukraine zur russifizieren und dem überfallenen Land seine Identität zu nehmen. Zum anderen kann sich der Kriegsherr damit in eine alte Traditionslinie einschreiben, die unter russischen Nationalisten nach wie vor populär ist. Laut ihr werden die Skythen zu fernen Vorbildern umgedeutet, als Verteidiger der russischen Länder gegen das übrige Europa. „Skythisch zu sein“ bedeutet, „gegen den ,dekadenten’ Westen Stellung zu beziehen“, erklärt der Beutekunst-Spezialist Konstantin Akinsha in der „Neuen Zürcher Zeitung“ die magische Anziehungskraft des Skythengoldes auf die russischen Invasoren."

        • @rakader:

          Die Skythen haben weder mit den Russen, noch mit den Krimtataren eine Verbindung. Die Skythen waren ein Kulturkreis zu einer ganz anderen Zeit.



          Die Putinsche Geschichtsverdrehung, bedeutet aber nicht, dass das Gegenteil dann wahr wäre.



          Es ist ein Besitzstreit unter heutigen Akteuren.



          Das Russland dabei ideologische Verdrehungen anwendet ist keine Frage, es ist aber eine politische Frage, keine historische.