Streit um Vorratsdatenspeicherung: Innenministerium fordert Umsetzung
Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung muss vorgelegt werden, fordert der Parlamentarische Staatssekretär des Innenministeriums. Justizminister Maas will das nicht.
BERLIN afp/dpa | Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) aufgefordert, noch vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Vorratsdatenspeicherung einen Gesetzentwurf vorzulegen. „Es gibt keinen Grund, mit der Gesetzgebungsarbeit weiter zu warten“, sagte Krings der Berliner Zeitung. Er erwarte „zügig“ einen ersten Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums.
Hinweise des Europäischen Gerichtshofes ließen sich „ohne Probleme“ im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen, fügte der Staatssekretär hinzu. „Ohnehin rechnet niemand damit, dass der Europäische Gerichtshof strengere Datenschutzregeln einfordert als das Bundesverfassungsgericht.“
Maas will anders als im Koalitionsvertrag vereinbart die umstrittene Vorratsdatenspeicherung vorerst nicht einführen. „Ich lege keinen Gesetzesentwurf vor, bevor der Europäische Gerichtshof endgültig geurteilt hat, ob die Richtlinie die Rechte der EU-Bürger verletzt oder nicht“, sagte Maas dem Spiegel laut Vorabmeldung. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Richter die Richtlinie vollständig kassierten.
Dagegen beharrt die Union auf eine schnelle Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. „Wir hatten vereinbart, dass wir die Vorratsdatenspeicherung einführen. Und dabei bleibt's“, sagte der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl der Berliner Zeitung. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes abzuwarten – davon könne nicht die Rede sein. „Wenn eine Partei sich nicht an die Verträge hält, dann muss man das im Koalitionsausschuss besprechen.“
Rechtssicherheit nötig
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer pflichtete ihm im ZDF-Onlineportal heute.de bei: „Auf Gerichtsentscheidungen aus Brüssel zu warten, ist viel zu kurz gesprungen. Wir brauchen jetzt einen nationalen Vorstoß, der Rechtssicherheit bietet.“
Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach kritisierte die Weigerung des SPD-Ministers im Kölner Stadt-Anzeiger: „Es ist gerade nicht vereinbart worden, dass wir so lange abwarten, bis eine Entscheidung vorliegt. Denn an jedem Tag, an dem wir die Vorratsdatenspeicherung nicht haben, können Straftaten nicht aufgeklärt werden.“
Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD festgehalten: „Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umsetzen. Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH.“
Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), Pedro Cruz Villalón, war in seinem Votum zur Vorratsdatenspeicherung zu dem Schluss gekommen, dass die umstrittene EU-Richtlinie dazu von 2006 gegen die Grundrechte der Bürger auf Privatheit verstößt und reformiert werden muss. Der EuGH folgt in der Regel der Einschätzung seines Generalanwaltes.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung