piwik no script img

Streit um ProfiloberstufeRabe sagt Basta

SPD lehnt Anhörung zum Zentralabitur ab. Schüler, die ihre Profile schon gewählt haben, bräuchten Vertrauensschutz, sagt GAL-Fachanwalt Till Steffen.

Von Lehrern kritisiert, vom Schulsenator verteidigt: Zentralabitur. Bild: dpa

Mit scharfen Worten hat Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Freitag im Schulausschuss das Zentralabitur verteidigt. Die Profiloberstufe löse sich „nicht in Luft auf“. Er sei es leid, solche „Weltuntergangsszenarien“ zu hören“. Lehrern, die künftig diese ganze Zeit des Unterrichts für die Abiturvorbereitung verwenden, sage er: „Wenn ich euch dabei erwische, dann lernt ihr uns kennen“.

Rabe reagierte so auf die Kritik, dass zentrale Prüfungen in allen Einzelfächern die fächerübergreifenden Profile kaputt machen. Die Zeit, die man brauche, um Schüler auf die Prüfung vorzubereiten, so die Sorge, fehle im Profilunterricht.

Wieso? Das erläuterten am Abend zuvor Schulleiter auf einer GAL-Veranstaltung. Denn die Bildungspläne gaben den Schulen bewusst Spielraum, den diese nutzen, um die Profile zu bilden. Den engt die Behörde jetzt ein. Sie gibt mehrere Themen vor, von denen wieder nur eines im Abitur dran kommt. „Man lernt mehr, als man muss, um vorbereitet zu sein“, sagte ein Rektor.

Die ersten Betroffenen

Die Schulbehörde plant für 2014 zentrale Prüfungen in allen Fächern. Bisher gibt es die nur in Deutsch, Mathe und Sprachen.

Betroffen sind die jetzigen 10. Klassen der Gymnasien und 11. Klassen der Stadtteilschulen.

Profile sind Verbünde von drei bis vier Fächern, die ein Themenfeld bearbeiten. Je eines ist auch Abi-Prüfungsfach.

An der Stadtteilschule haben die Schüler in Klasse 11 ein profilgebendes Fach belegt, das Bedingung für die spätere Profilwahl ist.

Die Wahl der Profile fand zwischen Februar und April statt.

„Es ist mal wirklich moderner Unterricht entstanden“, sagte Margarete Eisele-Becker vom Gymnasialleiterverband. „Über kurz oder lang geht das kaputt“. Auch die Elternkammer und die Initiative zur Förderung der Naturwissenschaften appellierten an die Politik, eine andere Lösung zu finden, etwa einen Aufgabenpool, aus dem die Schulen wählen können.

„Ich habe vier Kinder im Abstand von neun Jahren. Und jedes macht unter anderen Bedingungen Abitur“, sagte die Mutter Eva Kowalski-Stasiak. Die Politik möge doch von unten her anfangen und erst mal für bundesweite Bildungspläne sorgen.

Der CDU-Politiker Robert Heinemann beantragte tags drauf im Schulausschusseine Expertenanhörung. Auch die GAL war dafür, damit die gesammelten Argumente der Kritiker dort Gehör finden. Doch die SPD lehnte dies ab, nachdem Rabe sagte, er halte nichts davon.

Die GAL-Politikerin Stefanie von Berg übermittelte dennoch ein paar Forderungen, auch die nach einheitlichen Bildungsplänen. Dazu sagte Rabe: „Da hätte ich richtig Lust drauf. Dann hätten wir eisenharte zentrale Vorgaben. Es wäre aus mit den vielen Freiheiten und Flexibilität, die das Hamburger System von anderen unterscheidet“. Ihn stört also noch mehr.

Das Argument, dass das Zentralabitur zu schnell komme, ließ er nicht gelten. Wer einmal Lehrer war, wisse, dass die Zeit zur Vorbereitung reiche. Und auch der Einwand, dass die Schüler bereits ihre Profile wählten, bevor das Zentralabitur bekannt wurde, zählt für Rabe nicht.

Das sieht der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Till Steffen, etwas anders. „Wenn ein Schüler weiß, dass eine Zentralprüfung kommt, würde er vorsichtiger wählen“, sagt der GAL-Politiker. Im Hochschulrecht sei es üblich, dass Studierende nach der Prüfungsordnung studieren, die galt, als das Studium begann. Es müsse für die, die jetzt ihre Profile gewählt haben „Vertrauensschutz“ geben, sagt auch Anwalt Walter Scheuerl. Eltern könnten per Einstweiliger Anordnung beantragen, dass ihr Kind eine dezentrale Prüfung bekommt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • RB
    Rüdiger Bäcker

    Wer in Hamburg freiwillig Schulsenator wird, hat entweder auf seiner Brust rotjuckende Druckstellen des Jobcenterrevolvers, oder aber eine profunde Todessehnsucht. Wieso ? Da ist auf der einen Seite das quirlige Durcheinander der vielen berufenen " Kindeswohlwahrer ", " Elternvertreter " und " Fachkollegien." Andererseits die intransparenten parteipolitischen Ambitionen vieler " Parteihelden ", die sich angeblich um Hamburgs Wirtschaft und deren Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Nicht zu vergessen die engagierten " Muttis ", die für ihre " hoch begabten Kinder " berserkern. Überhaupt: Die Hamburger Raben möchten nicht weniger, als Hamburg über Bayern an die Spitze irgendwelcher PISS - Studien zu katapultieren. Schulkinder, überhaupt der " kleine Mensch ", stören eher nur. Dazu kommen ein Schuß Realitätsferne, 68er Libertinage, Piagetromantik, Pestalozzimief und von Hentig Utopien. In diesem "pädagogischen Setting" einer geschlossenen psychiatrischen Eingangsstation mit einem breiten Grinsen den Amtseid zu sprechen, bezeugt weniger ein " gesundes " Selbstbewußtsein, sondern naheliegenderweise, dass der Amtsinhaber durch eine Tagesbeschäftigung als handfester Wirtschafter eines Kiezbordells und Wochenendhooligan der HHLA - Badmintongruppe derbe unausgelastet ist. Will sagen: Versuchen Sie mal in einem anarchischen und von Wieseln im Hanseatenpelz unterwanderten Hühnerstall "Ruhe!" zu befehlen? Herrn Senator Rabe wird es daher so gehen wie es allen seinen VorgängerInnen gegangen ist: In ein paar Jahren wird er mit zittrigen Fingern auf Korfu sitzen, ein Glas nach dem anderen kippen, auf das Meer hinausstarren und um die guten Jahre trauern, die er der vermaledeiten Hamburger Schulcliquenwirtschaft geopfert hat. Bayern wird dann immer noch die " besseren " Abiturienten haben, die Uni Hamburg wird immer noch " not accessable " sein, Azubis können immer noch keinen Dreisatz lösen oder akzentfrei am deutschen Hauptsatz basteln, insgesamt betrachtet der " Hanseatic Way of wasting Time" fortgesetzt werden. Ein Basta mehr oder weniger macht in der Summe also keinen großen Unterschied. -

  • C
    Claudia

    Tja unsere Politiker, was soll man dazu noch sagen. Erst die Schulreform, so dass die Kinder bzw. die Eltern keine freie Schulwahl mehr haben und jetzt das Zentralabitur, was kommt noch liebe Politiker. Schade dass man die Pferde immer erst von hinten aufzäumt, anstatt erstmal das normale Schulsystem mit weniger Unterrichtsausfall zu bewältigen.

    Liebe Eltern lasst Euch das nicht gefallen, denn immerhin sind wir diejenigen, die nachher mit den Kindern dastehen und zusehen können, einen Arbeitgeber zu finden, der den Kindern eine Chance auf Ausbildung gibt.

  • WW
    wen wundert das?

    Wer wundet sich über Rabe? Der Mann hat zwar mal 8 Jahre Lehramt studiert, die nächsten 12 Jahre dann aber beim Elbe-Wochenblatt verbracht, dann vier Jahre lang den SPD-Stallgeruch intensiviert, bevor er mal neben seiner SPD-Tätigkeit fünf Jahre wirklich Lehrer war (sofern seine politische Tätigkeit ihn nicht davon abhielt). Planlosigkeit und Basta-Mentalität fügen sich recht gut, bekanntermaßen gerade bei den Apparatschiks von der SPD.