Streit um Oppositionsrechte: Linke und Grüne sind zu klein
Bei einer großen Koalition hätte die Opposition zu wenig Sitze, um die Regierung zu kontrollieren. Eine niedrigere Quore könnten extremistische Parteien ausnutzen.
BERLIN dpa |Im Fall einer großen Koalition wollen Union und SPD die Kontrollrechte der dann deutlich geschrumpften Opposition im Bundestag erhalten. Sollten CDU/CSU und SPD eine Regierung bilden, käme die Opposition aus Linkspartei und Grünen auf 127 Sitze und damit nur auf 20 Prozent der Abgeordneten. Das Quorum zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses oder für die Überprüfung eines Gesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht liegt aber bei 25 Prozent.
Die SPD will laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung im Koalitionsvertrag festschreiben, dass die Opposition aus Linkspartei und Grünen gemeinsam einen Untersuchungsausschuss beantragen können. Ob das durch eine Änderung der Geschäftsordnung oder aber des Grundgesetzes geregelt wird, müsse noch entschieden werden.
In der Union werden Verfassungsänderungen allerdings skeptisch gesehen. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl stellte eher Änderungen an der Geschäftsordnung zugunsten kleinerer Parteien in Aussicht. Diese müssten aber behutsam vorgenommen werden, sagte er dem Tagesspiegel: „Exzessiv ausgebaute Minderheitenrechte lassen sich nur schwer zurückschrauben.“ Auch informelle Lösungen zwischen den Regierungs- und Oppositionsfraktionen seien denkbar.
Quoren hätten nicht den Sinn, Kleine klein zu halten, sondern sie sollten die Arbeitsfähigkeit des Parlaments schützen. „Sollten es extremistische Parteien mal ins Parlament schaffen, könnten diese auch Minderheitenrechte ausnutzen, um die Legislative lahmzulegen.“
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, hatte sich in einem Schreiben an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gewendet und Lösungen angemahnt.
Die Grünen machten deutlich, dass Signale allein nicht ausreichten. Die neue Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, sagte Spiegel Online: „Wir brauchen verbindliche Regelungen zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, zur Einsetzung einer Enquete-Kommission, dem Verlangen öffentlicher Ausschussanhörungen oder der Redezeitvereinbarung.“ Am Montag will die Fraktion über diese Punkte mit Verfassungsexperten sprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima