Streit um Kohlekraftwerk Datteln IV: Grüne wollen nicht schuld sein
Die Vorwürfe der Umweltschützern seien „absurd“. Die Grünen in NRW wollen nichts davon hören, dass sie vor der Kohlelobby eingeknickt seien.
BERLIN taz | Im Streit um das Kohlekraftwerk Datteln IV wehren sich die Grünen gegen Angriffe von Umweltverbänden wie Greenpeace oder dem BUND, sie seien vor dem Stromkonzern Eon eingeknickt. „Uns einen Kniefall vor der Kohlelobby vorzuwerfen, halte ich für absurd“, schreibt der Fraktionschef der Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag, Reiner Priggen, in einer Antwort auf die Umweltschützer, die der taz vorliegt.
Die Umweltverbände, darunter auch campact, die Deutsche Umwelthilfe und urgewald, hatten der Öko-Partei in dem ebenfalls in der taz abgedruckten offenen Brief vorgeworfen, „gemeinsam mit der SPD den Weg für die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks freigeräumt zu haben“. Die Entscheidung der grünen Minister in NRW, mit der kohlefreundlichen SPD von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, dem Kraftwerk per „Zielabweichungsverfahren“ doch noch eine Chance zu geben, sei „eine rein politische Entscheidung für Datteln IV“.
Der neu errichtete, zu über 80 Prozent fertiggestellte Block IV des Dattelner Kraftwerks wird von den Umweltschützern seit Jahren bekämpft: Betreiber Eon hatte die grundlegenden Ziele der Landesplanung ignoriert und den Kohleblock fünf Kilometer vom vorgesehenen Standort entfernt errichtet. Gerichte hatten die Baugenehmigungen in verschiedenen Urteilen deshalb für unwirksam erklärt.
Priggen argumentiert dagegen, das „Zielabweichungsverfahren“ sei ein „übliches landesplanerisches“ Vorgehen – die Landesregierung habe sich schlicht an die Gesetze gehalten. Außerdem konzentrierten sich die Umweltschützer auf das falsche Ziel: Datteln IV sei nur einer von insgesamt 55 Kohleblöcken allein in NRW.
Mit dem drohenden Wettbewerbsverfahren, das EU-Kommissar Joaquín Almunia wegen der angeblich illegalen Subventionen der erneuerbaren Energieträger in Deutschland anschieben will, sei dagegen die gesamte Energiewende in Gefahr – dabei habe nur die dafür gesorgt, dass neue Kohlekraftwerke auch „ökonomisch nicht mehr zukunftsfähig“ seien.
Leser*innenkommentare
Hans L.
Lese ich das richtig?
Campact schaltet bei euch auf taz.de ständig sehr präsente Werbung und ihr schreibt in eurer Zeitschrift ein toll schmeichelndes Porträt - Kampagnennetzwerk könnte man nicht schmeichelnd auch mit Lobby-Organisation übersetzen - über den "Kopf von Campact"?
www.taz.de/Der-Kopf-von-Campact/!129316/
Hat Campact für den Text in zeo2 bezahlt? Für andere Erwähnungen in Artikeln der taz? Macht die taz gemeinsame Sache mit Campact?
Gestriger Kommentierer
Gast
Muss ich meinen kurzen Kommentar zu eurer Berichterstattung über Campact neu schreiben oder wird der von mir gestern online geschaltet?
reblek
Gast
"Außerdem konzentrierten sich die Umweltschützer auf das falsche Ziel: Datteln IV sei nur einer von insgesamt 55 Kohleblöcken allein in NRW." - Die anderen 54 verhindern die sogenannten Grünen selbstverständlich, oder?
Tortes
Nach rein betriebswirtschaftlich-kostenrechnerischen Gesichtspunkten, ohne die Subventionen über die garantierte Einspeisevergütung, ist die Kilowattstunde Strom im Kohlekraftwerk immer noch weit kostengünstiger als die vom Solarfeld oder der Windmühle.
Ganz zu schweigen davon, dass Kohlekraftwerke zwar träge sind, aber immer noch besser dem täglich schwankenden Strombedarf nachgeregelt werden können, als Windmühlen oder Solarfelder.
Die Ökostromer können ja noch nicht mal eine 24h-konstante Grundlast liefern, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Stattdessen drücken die ihren Strom oft gerade dann in derart grossen Mengen ins Netz, wenn der dort grad am allerwenigsten gebraucht wird, also faktisch auf Überschuss produziert ist.
Aber bereits jetzt haben wir mit garantierter Einspeisevergütung, Befreiung von Grossverbrauchern, Golfplätzen usw. von der Ökostromumlage einen derartigen Subventionskostenwahnsinn, der letztendlich für Bezieher kleiner Einkommen, Kleinrentner usw. den Strom zum unerschwinglichen Luxusgut macht. Die sprichwörtliche Oma mit Kleinrente und Leselampe, die darf letztendlich den ganzen Unsinn bezahlen.
Mal ganz zu schweigen davon, dass das von vorne bis hinten einfach nur unsozial ist.
Frage an die Volkswirtschaftler; wieviele Leselampenomas braucht man rechnerisch, um einen Ökostromunlage-befreiten Golfplatz für Millionäre mit Wind-/Solarstrom zu versorgen ?
schreiber
Gast
Jetzt also auch in NRW ... in Hamburg haben die Grünen mit ihrem ehemaligen gemeinsamen Partner CDU ja auch ein Kohlekraftwerk gebaut. Was man nicht alles für die Macht so tut ... echt finster wie sehr die Grünen sich verändern und jetzt schon krass verändert haben. Von Öko-Partei ist da nicht mehr viel zu sehen.