Streit um Kirchner-Bild: Das Kreuz mit der Straßenszene
War die Rückgabe des Kirchner-Bilds "Berliner Straßenszene" an die Erben nun rechtmäßig? Das Parlament hat darauf bis heute keine Antwort. Im zuständigen Ausschuss flammt der Streit neu auf.
Dass das Brücke-Museum nächste Woche seinen 40. Geburtstag ohne das Bild "Berliner Straßenszene" feiern muss, ist bitter für Berlin. Das zeigte am Freitag auch die siebte Sitzung des Sonderausschusses "Restitution" im Abgeordnetenhaus, der Ende des Jahres seinen Bericht vorlegen soll.
In einem sind sich die neun Abgeordneten, die seit April Akten wälzen und erbittert diskutieren, einig: Erfolgreich waren sie bisher nicht. Der Ausschuss soll klären, ob die Rückgabe des Bildes an die Erben im August 2006 angemessen war. Und wie das Land künftig mit ähnlichen Fällen umgehen soll. In beiden Fragen sei man "von einem abschließenden Urteil noch weit entfernt", sagte die grüne Ausschussvorsitzende Alice Ströver.
Der damalige Kultursenator Thomas Flierl (Linke) hatte das Kirchner-Bild aus dem Bestand des landeseigenen Brücke-Museums an die Erben des ehemaligen jüdischen Eigentümers Alfred Hess zurückgegeben. Die Begründung: Hess sei zum Verkauf genötigt worden, das Land habe eine moralische Pflicht zur Rückgabe. Das von einer auf Restitutionsforderungen spezialisierte Kanzlei eingeforderte Bild kam kurz darauf in einem New Yorker Auktionshaus für knapp 30 Millionen Euro unter den Hammer. Für den Umgang mit dem Fall erntete die Koalition harte Kritik.
Im Ausschuss flammte diese Erregung erneut auf. Robbin Juhnke (CDU) warf Flierl und seiner Staatssekretärin Barbara Kisseler vor, "schlampig gearbeitet" und wesentliche Fakten nicht berücksichtigt zu haben. Grünen-Politikerin Ströver warf der Koalition "katastrophales Katastrophenmanagement" vor. Sie habe die politische Dimension des Falls falsch eingeschätzt und nicht alles unternommen, um das Bild in Berlin zu halten. Die Koalitionsvertreter Brigitte Lange (SPD) und Wolfgang Brauer (Linke) verteidigten die Rückgabe als moralisch korrekte, politische Entscheidung.
Wie man aus dem Kirchner-Fall lernen könnte, zeigte die Anhörung von Hartmut Dorgelow, Direktor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Er beschäftigt seit 2004 eine Expertin für Provenienzforschung, die bisher 1.000 Fälle bearbeitete und 70 Werke restituierte. Nur wer aktiv die Herkunft des eigenen Bestands erforsche, könne sich auf künftige Forderungen einstellen, so Dorgelow. Zusätzlich forderte der Experte eine Sperrfrist für die Wiederveräußerung restituierter Kunst.
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