Streit um Houellebecq-Jugendpreis: Deutsche Kultur aus Frankreich
Der Name des französischen Schriftstellers Houellebecq ziert einen Jugendkulturpreis der extremen Rechten in Deutschland. Das bleibt folgenlos.
Für die Verwendung fragten sie nicht um Erlaubnis. Die Namensnutzung des französischen Autors Michel Houellebecq bleibt für den neurechten Verein Journalismus und Jugendkultur Chemnitz e. V. aber ohne juristisches Nachspiel.
„Weder beim Verlag noch beim Autor wurden jemals die Rechte für die Nutzung seines Namens angefragt“, erklärt Linda Marie Schulhof vom DuMont Buchverlag und versichert: „Es gab kein Einverständnis.“
Rechtswege seien überlegt, aber als nicht erfolgreich erachtet worden. Glück für den Verein um Felix Menzel, der auch das Webportal und Magazin Blaue Narzisse verantwortet. Alle zwei Jahre lobt der Verein, der eng mit dem Institut für Staatspolitik und der Identitären Bewegung verwoben ist, einen Jugendkulturpreis aus, dessen Namensgeber jedes Mal wechselt. 2014/2015 war es Houellebecq.
Ziel des Preises sei es, so schreibt der seit 2009 gemeinnützige Verein auf seiner Webseite, das sich junge Erwachsene unter 30 Jahren „mit bedeutenden verstorbenen Dichtern, Künstlern und Schriftstellern der deutschen Kultur“ auseinandersetzen und der Frage nachgehen, „was haben uns die Künstler heute noch zu sagen?“.
Verstorben und deutsche Kultur? Houellebecq hat sich bei seiner Dankesrede für den Frank-Schirrmacher-Preis kürzlich zwar selbst gefragt „warum ich noch am Leben bin“, scheint aber dennoch eine falsche Wahl.
In vielen Interviews „der letzten Jahre hat sich Houellebecq immer wieder gegen jegliche Vereinnahmung durch politische Gruppierungen verwahrt“, erinnert Schulhof. Die Bezugnahme durch den neurechten Verein überrascht andere dagegen nicht.
In der oben genannten Dankesrede beklagt Houellebecq unter anderem die „politische Korrektheit“, und warnt davor, dass „das Vordringen des Islams“ gerade erst beginnt, „denn die Demografie ist auf seiner Seite und Europa hat sich, indem es aufhört, Kinder zu bekommen, in einen Prozess des Selbstmords begeben“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht