Streit um Freiluftkultur: Kleingärtner verhindern Festival
Ein Festival des Zuckerwerks an der Ochtum wird nicht fortgesetzt. Nachbarn bemängelten Ruhestörung. Dabei war alles angemeldet.
Alles war ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt. Anlagen wurden aufgebaut, die Bäume mit Lichtern bestrahlt, Buden gebastelt. Insgesamt etwa 700 Leute kamen am vergangene Wochenende, sagen die Veranstalter des Zuckernetzwerks, die nun dennoch eine ernüchternde Bilanz ziehen müssen: 35 Beschwerden wegen Ruhestörung sind eingegangen, der ansässige Kleingartenverein ging auf die Barrikaden. Den Veranstaltern wurde das zu hitzig, sie sagten die Fortsetzung des Festivals für dieses Wochenende ab.
„Vielleicht war den Leuten nicht klar, dass das hier keine Party mit Ghettoblaster wird“, sagt Akifa Taxim vom Zuckernetzwerk. Anstatt eines Ghettoblasters, also einer tragbaren Kompakt-Musikanlage, stand eine hallmächtige Anlage auf der Wiese. Aus dem Umfeld des Netzwerks heraus wurden auch immer wieder nicht angemeldete Freiluftpartys organisiert.
Dieses Mal jedoch hatten sich die Organisatoren für den Gang durch die Behörden entschieden – was auch tatsächlich gut funktionierte. Als große Schwierigkeit stellte sich im Vorfeld eher die Wahl der richtigen Lage heraus. Die eine Möglichkeit entpuppte sich als Naturschutzgebiet, im zweiten Fall stellten sich die Kleingärtner schon gleich am Anfang quer: „Auf keinen Fall Techno!“ ist laut Taxim die deutliche Ansage gewesen.
Beirat und Bauamt im Boot
Der Fund des Geländes an der Ochtum erschien dann zunächst wie ein Glücksfall. Der Bremer Deichverband, dem das Gelände gehört, war der Idee gegenüber nicht nur aufgeschlossen, sondern stellte sogar den Strom. Auch der Huchtinger Beirat war einverstanden. Und sogar das Bauamt setzte sich für die Veranstaltung ein. Das sieht auch Taxim positiv: „Wir können der Stadt hier keinen Vorwurf machen. Insbesondere das Bauamt hat alles gegeben, um das Festival zu ermöglichen.“
Das ist durchaus ein neuer Ton: In der Vergangenheit hat das Zuckernetzwerk nicht gerade mit Kritik an der Stadt gespart: sei es die jahrelange erfolglose Suche nach einer Immobilie für den 2012 geschlossenen Club „Zucker“ oder das Vorgehen der Polizei gegen unangemeldete Freiluftpartys in den letzten Jahren, die in der Regel sofort aufgelöst wurden.
Kein Platz für Technokultur
Doch auch wenn Taxim die Zusammenarbeit mit den Behörden in diesem Fall lobt, macht sich bei ihm doch zunehmende Frustration breit: „Wir haben das Gefühl, dass es nicht möglich ist, unser Kulturformat hier in die Tat umzusetzen.“ Mal fehlen die Flächen, mal schreitet vorzeitig die Staatsgewalt ein. Im Falle des Festivals an der Ochtum erwies sich nun auch der Platz zumindest in einer Hinsicht als ungeeignet: Die Bässe wummerten nachts bis Huchting hinüber, was auch die Veranstalter nicht abstreiten. Den massiven Ärger vieler Anwohner kann Taxim nachvollziehen.
Die Schwierigkeiten für unkommerzielle Partys hat auch die Linke Ende Juli in einer großen Anfrage an den Senat aufgegriffen: Die für solche Feiern zur Verfügung gestellten Flächen seien unzureichend, die Auflagen zu strikt, heißt es dort. „Es wird oft so dargestellt, als hätten Freiluftpartys grundsätzlich etwas Unruhestiftendes“, sagt Miriam Strunge, kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Junge Menschen sollten aber die Möglichkeit haben, unkommerziell und spontan ihre eigenen Feiern zu organisieren, „so lange niemand gestört wird“. Die Polizei löse aber Partys auf, teils ohne klar zu kommunizieren, ob überhaupt eine Beschwerde vorliege. Die Linke will nun eine Debatte anregen, wie Feiern ohne bürokratische Hürden ermöglicht werden können.
Zuckerwerk sucht weiter
Im Falle des Ochtum-Festivals ist die Stadt dem Netzwerk entgegengekommen. Der vorzeitige Abbruch zeigt jedoch, wie eng gesteckt die Möglichkeiten für alternative Kultur in Bremen sind. Dass es einfach an den fehlenden geeigneten Flächen liegt, bezweifelt Strunge: „Die Frage ist doch: Gibt es keine Flächen oder vielleicht einfach kein Verständnis für diese Form der Kultur?“ Das Zuckernetzwerk bleibt indessen nomadisch und sucht weiter irgendwo zwischen Parzellengebiet und Industriebrache nach einem Platz zum Feiern.
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