Streit um FDP-Chef Westerwelle: Guidos Gegner
FDP Parteichef Guido Westerwelle wankt, seine innerparteilichen Gegner machen mobil. Dahinter steckt Kalkül, aber auch Rache. Die fünf wichtigsten Feinde und ihre Motive.
Guido Westerwelle hat wenige Freunde. Viele hatte er noch nie. Auch nicht, als der Rheinländer die FDP aus ihrer tiefen Krise Mitte der 90er Jahre heraus- und vor einem Jahr in die Bundesregierung hineinholte. Stets brachte seine Partei dem persönlich Distanzierten bestenfalls Anerkennung für seine Leistungen entgegen, nie Zuneigung. Nun zeigt sich, was geschieht, wenn der Erfolg ausbleibt: Alte Gegnerschaften werden wach. Viele aus der FDP-Spitze nutzen die Parteikrise, um ihre Rechnungen zu begleichen.
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Jörg-Uwe Hahn: Er zählt zu den ausdauerndsten Kritikern des Parteichefs. Der hessische Justizminister und FDP-Landeschef machte bereits im vergangenen Sommer Westerwelle für den Absturz der Partei in Umfragen verantwortlich - und forderte kaum verhohlen dessen Rücktritt vom Parteivorsitz. Wie so viele hessische Freidemokraten ist der störrische Kasseler seit Jahren nicht gut auf Westerwelle zu sprechen. Hahn fühlt sich von Westerwelle ausgebremst.
Obwohl die Hessen 2009 ein blendendes Landtagswahlergebnis einfuhren, seit Jahren mitregieren und rund ein Zehntel der Parteimitglieder stellen, haben sie in der FDP-Bundesspitze wenig zu sagen. Bei der Vergabe von Ministerposten und beim Fraktionsvorsitz ging der konservative Landesverband leer aus. Machtlosigkeit und Frust lassen Hahn besonders laut kritisieren, was im Bund schiefläuft. Hinzu kommt: Graue Eminenz der Hessen-FDP ist Wolfgang Gerhardt. Der Vorsitzende der parteinahen Friedrich-Naumann-Stiftung hat nie verwunden, dass Westerwelle ihn einst aus Partei- und Fraktionsvorsitz drängte. Und hält sich noch immer für die Idealbesetzung als Außenminister.
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Wolfgang Kubicki: Nur er schreit noch lauter als Jörg-Uwe Hahn. Der starke Mann der schleswig-holsteinischen FDP sorgte per Spiegel-Interview vor zwei Wochen für ein publizistisches Beben. Der Fraktionschef im Kieler Landtag sprach aus, was viele in der Partei denken: Mit Westerwelle an der Spitze wird die FDP nicht aus ihrem Dauertief finden. Jürgen Möllemanns einstiger Vertrauter ist neben Hahn der einzige offene Kritiker des Parteichefs. Er kann es sich erlauben. Mehrmals hat der 58-Jährige erklärt, er strebe keine Karriere im Bund mehr an. Zugleich ist seine Macht im nördlichsten Landesverband unbestritten. Der Miterfinder des "Projekts 18" hat nie verwunden, dass Westerwelle eine Mitverantwortung für Möllemanns antisemitisch angehauchten Bundestagswahlkampf 2002 von sich wies.
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Der Konflikt: Bei nur noch drei Prozent sehen die Meinungsforscher von Forsa die FDP. Angesichts von sechs Landtagswahlen 2011 fürchtet die Partei desaströse Ergebnisse. Die Kritik am Vorsitzenden Westerwelle wird lauter - und zunehmend öffentlich vorgetragen. Der rheinland-pfälzische FDP-Fraktionschef Herbert Mertin hatte vor zwei Wochen kritisiert, Westerwelle sei im beginnenden Wahlkampf ein "Klotz am Bein".
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Der Termin: Am 6. Januar kommt die Partei zum Dreikönigstreffen in Stuttgart zusammen. Die einen erhoffen ein Rückzugsangebot Westerwelles, andere eine zündende Wahlkampfrede. Führende FDPler wie Generalsekretär Christian Lindner und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatten sich in den vergangenen Wochen demonstrativ vor Westerwelle gestellt.
Hermann Otto Solms: Seine Kränkung liegt weniger offen zutage. Ziel des FDP-Schatzmeisters war es, Bundesfinanzminister zu werden. Doch der Taktiker Westerwelle entschied sich bei den Koalitionsverhandlungen 2009, das der FDP näher liegende Wirtschaftsministerium zu beanspruchen. Solms musste sich mit dem Trostpflaster begnügen, dass Westerwelle auf dem Parteitag Ende 2009 vorschlug, das FDP-Stufenmodell einer Einkommensteuerreform "Solms-Modell" zu nennen. Damit verebbt die Karriere des 70-Jährigen, anstatt wie die eines anderen Altgedienten von Ministerehren gekrönt zu werden.
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Rainer Brüderle: Der lange Verlachte hat binnen eines Jahres eine steile Karriere gemacht - vom Talkshow-tingelnden Mittelstands-Versteher aus der Provinz zum Bundeswirtschaftsminister mit dem Ruf des letzten Ordnungspolitikers. Der starke Mann der rheinland-pfälzischen FDP und Westerwelle sind einander in Abneigung verbunden. Zur Kritik aus seinem Landesverband, Westerwelle sei im Wahlkampf ein "Klotz am Bein", hat Brüderle auffällig lange geschwiegen.
Als durchsickerte, dass der "Schaumburger Kreis" konservativer FDPler über eine Ablösung Westerwelles beriet, vermuteten Beobachter Brüderle hinter der Indiskretion. Auch Solms gehört dem Kreis an. Der 65-jährige Brüderle wird als Übergangschef gehandelt, der die Partei beruhigen könnte. Westerwelles Sturz könnte Brüderles Aufstieg bedeuten.
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Christian Lindner: Das trifft auch auf Lindner zu. Der Rheinländer ist erst seit einem Jahr FDP-Generalsekretär. Aber in dieser Zeit hat der smarte Politologe etwas für Freidemokraten fast Unglaubliches geschafft: Er hat keinen gravierenden Fehler begangen. Dies, seine einnehmende Art, sein Intellekt und die Verzweiflung seiner Parteifreunde lassen den 31-Jährigen zur Hoffnung vieler FDPler werden.
Anders als alte Weggefährten hat er keine Rechnungen mit Westerwelle offen. Im Gegenteil: Dem Parteichef verdankt er die Berufung zum obersten Wadenbeißer der Partei. Lindner kann aufsteigen, wenn er sich weiterhin loyal gegenüber seinem Chef zeigt. Die Dinge laufen ohnehin auf ihn zu. Hahn, Kubicki, Solms und Brüderle mögen Intrigen spinnen. Als deren größter Profiteur könnte sich Lindner erweisen.
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