Streit um E-Evidence-Verordnung: Barley hat begründete Bedenken
Ist die E-Evidence-Verordnung ein „revolutionärer Vorschlag“ zur Herausgabe elektronischer Beweismittel? Der EU-Ministerrat stimmt am Freitag ab.
Im April hatte die EU-Kommission eine Verordnung über elektronische Beweismittel vorgeschlagen, die E-Evidence-Verordnung. Danach können Staatsanwaltschaften und Untersuchungsrichter aus anderen EU-Staaten deutsche Firmen direkt verpflichten, ihnen Daten herauszugeben oder sie im Zweifelsfall zunächst zu sichern.
Falls sich der Provider unberechtigt weigert, der Anordnung nachzukommen, kann ihm eine Geldbuße von bis zu 2 Prozent seines globalen Jahresumsatzes auferlegt werden.
Es geht dabei unter anderem um Zugangsdaten (etwa PIN-Nummern), Verkehrsdaten (wer hat den Dienst wann und wo genutzt) und Inhaltsdaten (was stand in der SMS).
Direkter Zugriff
Früher war grenzüberschreitende Strafverfolgung extrem kompliziert. Rechtshilfeersuchen mussten über Regierungsstellen abgewickelt werden. Innerhalb der EU gibt es inzwischen die Europäische Ermittlungsanordnung, bei der sich Staatsanwaltschaften direkt an Staatsanwaltschaften in anderen EU-Staaten wenden können.
Für elektronische Beweismittel soll den Ermittlern aus anderen EU-Staaten jetzt sogar der direkte Zugriff erlaubt werden. Als problematisch gilt dies vor allem, wenn nicht nur die Daten in Deutschland gespeichert sind, sondern der Verdächtige auch hier lebt.
Bisher konnte die deutsche Polizei die Mitarbeit verweigern, wenn zum Beispiel die Tat in der Bundesrepublik gar nicht strafbar war oder die geplante Maßnahme völlig unverhältnismäßig erschien. Sobald jedoch die ausländischen Ermittler direkt auf deutsche Provider zugreifen können, läuft der deutsche Grundrechtsschutz leer.
Als Kompromiss wurde in den Kommissionsvorschlag zwar noch eine Notifikationsregel eingefügt. Danach muss die zuständige deutsche Staatsanwaltschaft benachrichtigt werden, wenn Inhaltsdaten von einer in Deutschland lebenden Person betroffen sind. Die deutschen Ermittler können bei Bedenken aber nur protestieren, aber nicht die Herausgabe verhindern.
Barley fordert mehr
Justizministerin Barley wird deshalb gegen den Vorschlag stimmen. „Rechtsstaatliche Grundsätze sind in der Europäischen Union nicht überall gleichermaßen gesichert“, sagte sie der taz. „Wenn gravierende grundrechtliche Bedenken bestehen, sollte der betroffene Mitgliedstaat auch widersprechen können.“
In einem Brief an die EU-Kommission forderte Barley deshalb weitere Kompromisse. Ein so „revolutionärer Vorschlag“ brauche eine breite Mehrheit im Ministerrat. Der Brief wurde unter anderem von den Niederlanden und Schweden unterstützt, aber auch von Ungarn. Andere Staaten wie Frankreich und Spanien halten dagegen schon die Notifikationsregel für unnötig und lehnen weitere Zugeständnisse ab.
Barley hofft nun, dass das Europäische Parlament eine grundrechtsfreundlichere Position beschließt und diese in den anschließenden Trilog-Verhandlungen mit dem EU-Ministerrat möglichst weitgehend durchsetzt.
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