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Streit um Budgets der Volksbegehren-InitiativenVolksbegehrer spendieren ein paar Zahlen

Erstmals äußern sich "Pro Reli" und die Tempelhof-Initiative zu ihren Ausgaben: Die Kampagne zum Flughafen-Volksentscheid habe "rund eine Million" gekostet, Pro Reli will über "einen höheren sechststelligen Betrag" verfügen

Die Zahl der Unterschriften für Pro Reli war bekannt - jetzt weiß man auch mehr über das Budget der Initiative Bild: AP

Die Initiatoren des Volksentscheids zum Flughafen Tempelhof haben fast ein Jahr nach ihrer Niederlage erstmals die Kosten der Kampagne benannt. "Wir haben rund eine Million Euro ausgegeben", sagte Andreas Peter, Vorsitzender der damals verantwortlichen Initiative Icat, am Wochenende der taz. Er wies damit Aussagen des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) zurück, in die Kampagne seien fünf Millionen Euro geflossen. Der Entscheid scheiterte im April 2008 an zu geringer Beteiligung. Auch die Initiative "Pro Reli" machte erstmals Angaben zu ihren Aufwändungen für den Volksentscheid am 26. April. Die Kosten würden am Ende "sicher einen höheren sechsstelligen Betrag" erreichen, sagte Kampagnenleiter Matthias Wambach.

Andreas Peter bezeichnete Wowereits Darstellung als "falsch und bewusst irreführend". Nach seiner Auskunft gab es auch keine ominösen Großspender: "Von keinem Spender haben wir über 50.000 Euro bekommen, auch nicht in mehreren Teilen." Senatssprecher Richard Meng reagierte am Sonntag zurückhaltend: "Diese Million wäre glaubhafter, wenn man wüsste, wo das Geld her kam. Eine richtige Offenlegung ist das ja immer noch nicht."

Auch in der genannten Höhe sind die Ausgaben der Tempelhof-Kampagne vier Mal so hoch wie die Aufwändungen des Gegenbündnisses samt zusätzlicher Parteiausgaben. SPD, Linkspartei, Grüne hatten mit dem Sozialverband AWO, den Naturschutzverbänden Bund und Nabu sowie Bürgerinitiativen überschlägig eine Viertelmillion in den Volksentscheid investiert.

Wowereit hatte im taz-Interview eine Waffenungleichheit zwischen dem Senat und den Initiatoren der Volksentscheide zu Tempelhof und aktuell "Pro Reli" gesehen und sich für mehr Spenden-Transparenz ausgesprochen. Sowohl die Tempelhof-Initiative als auch Pro Reli, das eine Wahlmöglich zwischen Religion und dem Pflicht-Schulfach Ethik fordert, hatten Angaben zu ihren Aufwändungen bisher abgelehnt. "Wieso sollten wir Zahlen nennen?", hatte der Pro-Reli-Vorsitzende Christoph Lehmann der taz noch im Februar gesagt. Angesichts der Wowereit-Äußerung änderte sich diese Haltung.

Pro-Reli-Kampagnenchef Wambach zeigte sich überrascht, dass gerade Wowereit sich dafür einsetzt, dass auch bei Volksentscheiden Spenden schon ab 10.000 Euro veröffentlicht werden müssen und nicht erst ab 50.000 Euro. "Genau das habe ich ja 2005 im Abgeordnetenhaus gefordert", sagte Wambach, der von 2000 bis 2006 für die CDU im Landesparlament saß. Wie im Plenarprotokoll nachzulesen, verlangte er damals, "auch für Bürgerbegehren und Volksabstimmungen die finanzielle Transparenz und Rechenschaftspflicht herzustellen" und etwaige Spenden über 10.000 Euro anzuzeigen. Rot-Rot, Grüne und FDP lehnten das ab, weil es zusätzliche Hürden für die Bürgerbeteiligung aufbauen würde. Ein PDS-Redner sah bei Wambach einen "misstrauischen Grundansatz - die sahnen irgendwo Geld ab, die vertreten irgendwelche Einzelinteressen".

Bislang ist bei Volksbegehren nur vorgeschrieben, Zuwendungen einzelner Spender ab 50.000 Euro sofort anzuzeigen. Zuständig ist die Innenverwaltung des Senats, der bislang keine solche Meldung vorliegt. Den Parteien legt das Parteiengesetz eine wesentlich weitergehende Pflicht auf: "Spenden, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 10.000 Euro übersteigt, sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen." Eine solche Verpflichtung findet sich im Gesetz zu Volksbegehren und -entscheiden nicht.

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2 Kommentare

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  • B
    berlinsailor

    Bevor sich der Herr Wowereit in seiner unnachahmlich selbstlosen Weise für mehr "Waffengleichheit" einsetzt, sollte er mal lieber erklären, wie es kommt, dass das Plebiszit über "Pro Reli" auf einen Extra-Termin durch seine Senatsverwaltung gelegt wurde, anstatt den Volksentscheid direkt mit der Europawahl stattfinden zu lassen. Das hätte den Steuerzahlern in diesem Land auch hohe Extraausgaben gespart.

     

    Es ist grotesk, wenn der Bürgermeister, der durch völlig willkürliche Entscheidungen, sei es bei Bread&Butter oder der Festlegung von Abstimmungsterminen für Volksentscheide, stetig sein mangelndes Demokratieverständnis unter Beweis stellt, anschließend auch noch von denen, die er permanent zu behindern sucht, mehr Transparenz einfordert. Transparenz täte diesem Senat mal ganz gut.

     

    Wie kommt es z.B., dass, nach der Schließung des Flugbetriebes in Tempelhof, der Verlust auf 14 Mio. Euro im Jahr für das Land angestiegen ist? Angeblich hat die Fluggesellschaft doch Verluste von 10 Mio Euro eingefahren. Es war wohl eher so, dass schmale Gewinne der Gesellschaft gegen die Verluste für das Land Berlin aus den leer stehenden Bereichen des Flughafens aufgerechnet wurden! Sonst müssten die Kosten für den Unterhalt des Flughafens, ohne die "Verluste" der Fluggesellschaft, nun ja niedriger liegen. Aber die Grundrechenarten hat Wowereit noch nie beherrscht. Einfach traurig!

  • UK
    Ulrich Kasparick

    Liebe Redaktion, was um Himmels Willen ist bitte schön ein "Volksbegehrer", von dem Sie in Ihrem Text schreiben? Ist das ein Schimpfwort? Oder ist das - ja was ist es eigentlich? Ich finde, Volksbegehren sind eine sehr hilfreiche demokratische Einrichtung, die auch zwischen Wahlen Einflussnahme der BürgerInnen ermöglicht. Was aber sind "Volksbegehrer"?

     

    Ulrich Kasparick MdB

    Parlamentarischer Staatssekretär

    BMVBS