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Streit um BBI-FlugroutenSteglitz wird ruhiggestellt

Nach langen Diskussionen gibt es einen Kompromiss für Routen ab dem Flughafen BBI. Er ist ein Etappensieg für die Initiativen. Die sind trotzdem unzufrieden .

Protestierende Flugrouten-Gegner. Bild: dpa

Ein halbes Jahr nach Beginn des Flugrouten-Aufstands im Süden Berlins haben die Protestbürger einen wichtigen Etappensieg erzielt. Die Fluglärmkommission votierte am Montag für einen ersten konkreten Routenvorschlag, der Ortschaften wie Lichtenrade und Teltow weitgehend von Fluglärm verschont. Die Vorsitzende des Gremiums, Kathrin Schneider, zeigte sich erleichtert. Sie sprach von intensiven Diskussionen, die der Empfehlung vorausgegangen seien. Bürgerinitiativen äußerten sich gleichwohl zurückhaltend. Sie warten auf die Ausdifferenzierung der Routen bei der nächsten Sitzung.

Geeinigt nämlich hat sich die etwa drei Dutzend Mitglieder umfassende Kommission lediglich auf Routen für den Nahbereich, also direkt nach dem Abflug. Demnach sollen Flieger, die in Richtung Westen von Berlin Brandenburg International (BBI) abfliegen, von der Nordbahn geradeaus fliegen.

Von der Südbahn knicken sie mindestens 15 Grad ab. Wenn wenig los ist, sollen womöglich auch Flugzeuge von der Nordbahn Richtung Süden abknicken - diese Möglichkeit zur Entlastung der Blankenfelder wird nächstes Mal diskutiert. Orte wie Lichtenrade können damit aufatmen, für Menschen in Wannsee, Nikolassee und Potsdam kommt es auf die weitergehende Routenführung an. Ab einer Höhe von 5.000 Fuß - mehr als 1.500 Meter - ist es theoretisch möglich, dass Flugzeuge "ausfächern", also von einer vorgegebenen Route abweichen.

In Richtung Osten soll es auf der Nordbahn geradeaus gehen, auf der Südbahn wünscht die Kommission wann immer möglich den "kurzen Abflug": ein rasches Abknicken in Richtung Süden. Gegen den Willen der Deutschen Flugsicherung (DFS) wurde diese beauftragt, die Möglichkeit eines längeren parallelen Geradeausfliegens von beiden Bahnen zu prüfen.

Die DFS nimmt das Votum in ihre weiteren Planungen auf. Der Berliner Niederlassungsleiter Hans Niebergall sprach von einem konstruktiven Prozess. Seine Behörde war nach der Präsentation eines Vorschlags am 6. September 2010 heftig in die Kritik geraten - wegen der Pläne selbst und wie sie öffentlich gemacht worden waren. Laut diesen Plänen hätte der Berliner Süden einiges an Fluglärm abbekommen. Tausende Bürger waren seitdem auf die Straße gegangen. Sie fühlten sich getäuscht, weil sie sich bis dahin in Ruhe glaubten, auch nach der BBI-Eröffnung Mitte 2012.

Diesen Protest wollen die Initiativen auch nach der jüngsten Empfehlung aufrechterhalten. "Es ist alles sehr zäh", sagte Marela Bone-Winkel, die die meisten Bündnisse vertritt. Für sie gelte weiter die ursprüngliche Forderung "Außen rum statt oben drüber", also keine Flüge über Stadtgebiet. Der Sprecher etwa der Initiative Weltkulturerbe Potsdam, Markus Peichl, sprach von einem Etappensieg. Gleichwohl bleibe die Initiative bei ihrer Maximalforderung, dass beide Abflüge in Richtung Westen geradeaus laufen müssten. Christine Dorn, Sprecherin des Bündnisses VuV aus dem Südosten, fehlt nach wie vor eine Bewertung der Gesamtbelastung. Man müsse endlich An- und Abfluglärm zusammenfassen - dann zeige sich, welche Gemeinden wie betroffen sind.

Grund zum Missmut hat vor allem der Vertreter der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow, Bernd Habermann: Der Anrainerort an den Flughafen würde durch den neuen Vorschlag deutlich stärker belastet als in den Plänen vom September. "Natürlich bin ich nicht zufrieden. Aber es ist eben alles nicht so einfach", erklärte Habermann. Die Fluglärmkommission tritt wieder am 11. April zusammen.

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2 Kommentare

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  • BK
    Bernd Kudanek

    Die Südwestberliner "Initiativen" liefern ein trauriges Schauspiel ab! Ihr Motto ist offenbar: St. Florian St. Florian, verschon mein Haus, zünd andre an."

     

    Seit 1960 mußten und müssen hunderttausende Anwohner in Spandau, Reinickendorf, Wedding, Pankow und andere Flugplatz-Tegel-Anrainer nicht nur den Lärm der An- und Abflüge erdulden, anfangs sogar nachtsüber, sondern auch noch die stundenlangen Probeläufe der Turbinen während der Wartung der Maschinen. Infernalisch war seinerzeit besonders die (wunderschöne) Concorde mir ihrem Höllenlärm. Im Sternenviertel rund um die Meteorstr. direkt am Flugplatz Tegel nahe dem Kurt-Schumacher-Platz haben die Wände gewackelt und sind immer wieder Dächer abgedeckt worden. Und da jammern diese Südwestberliner und fühlen sich in ihrer "Ruhe" gestört, wenn Flugzeuge in 1200 bis 5000 m Höhe, also wenig bis kaum noch hörbar, über ihre Swimmingpools fliegen! Aber seit Jahrzehnten düsten sie selber lärmend nach Marbella oder nach Florida billig in den Urlaub. Drinnen im Flieger war's ja angenehm ruhig.

     

    Und jetzt wollen sie am besten gar keine Flugzeuge über ihren Swimmingpools, die sollen gefälligst die Ossis in Brandenburg nerven. Ich kann gar nicht soviel fres... Zitat Max Liebermann.

     

    Ich bin übrigens seit Eröffnung vom Flugplatz Tegel Anwohner nahe dem Kurt-Schumacher-Platz.

  • PG
    Peter Gerl

    Schön, daß sich ein Bestreben zur Minimierung des Fluglärms zeigt.

    Dennoch bleiben die Tatsachen:

    Alle fachlichen Empfehlungen lauteten gegen den Standort Schönefeld.

    Der BER (Berlin Regional)- so heißt er nämlich - ist nach dem BVerwG Urteil kein Großflughafen, kein Drehkreuz - sondern als mittelgroßer Regionalflughafen mit einem Umsteigeanteil von 5 - 10 % mit modernen 2-Bahnen genehmigt. Wir befinden uns in einem stadtnahen Gebiet!

     

    Die wirtschaftlichen Interessen in Ehren - aber nicht auf Kosten meiner (und Hundertausender anderer) Gesundheit. Umweltschutz von Wirtschaftlichkeit. Daher erweitertes Nachtflugverbot.