Streit um Autobahnzubringer in Buxtehude: Urteil schon gefällt
In Buxtehude wurden 100 Bäume für den geplanten Zubringer der A26 gefällt. Das ist legal, aber noch steht eine Gerichtsverhandlung aus.
Landrat Michael Roesberg lasse nun mit dem unverzüglichen Baubeginn „die Säbel rasseln“, empört sich Carsten Hinrichs, betroffener Anwohner und Mitglied der Bürgerinitiative Rübker Straße (BI).
Aus der Sicht von Hinrichs gebe es „eine ganze Menge“ Alternativen zur Rübker Straße. Warum der Landkreis so vehement an dieser Option festhalte, wisse er nicht. Nur dass er die Straße, die durch ein Wohngebiet führt und an der links und rechts drei Meter hohe Lärmschutzwände hochgezogen werden sollen, für ungeeignet hält. „Das ist eine Verkehrspolitik, die man vor 40 Jahren so hätte machen können.“ 21.000 Autos werden Prognosen zufolge den Zubringer täglich nutzen.
Um den Bau der A26 und auch den Rest der Küstenautobahn streiten sich seit Jahren Behörden, Autobahngegner*innen und Naturschützer*innen. Die A26 führt inzwischen von Stade bis nach Jork, nur wenige Kilometer fehlen noch bis Buxtehude.
Hartwig Holthusen, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag Stade
Auch der Autobahnzubringer auf der Rübker Straße, der in Buxtehude geplant ist, war schon einmal vor Gericht: Im November 2019 kippte das Verwaltungsgericht Stade überraschenderweise die Baupläne. Anwohner*innen hatten geklagt, weil sie eine extreme Lärmbelastung befürchteten. Das hatte das Gericht für unzumutbar gehalten.
Das OVG entschied aber im Januar dieses Jahres, die Berufung gegen die damalige Entscheidung zuzulassen. Diese hatte das Verwaltungsgericht in seinem Urteil eigentlich ausgeschlossen. Nun wird der Fall beim OVG noch einmal „umfangreich geprüft“, sagt eine Gerichtssprecherin. Das dauert. Und wer gewinnt, ist offen.
Trotz der ausstehenden Entscheidung ist der Landkreis grundsätzlich berechtigt, jetzt schon weiter zu bauen. Grund dafür ist die „sofortige Vollziehbarkeit“ des Baus, die im Planfeststellungsbeschluss von 2017 vorgesehen ist, weil es „im öffentlichen Interesse“ liege, dass der Bau schnell voranschreitet. In ihrer Antwort auf die Frage, warum man nicht das Urteil des OVG abwarte, beruft sich Kreisbaurätin Madeleine Pönitz auf diesen Passus.
Hinrichs vermutet, dass der Landkreis mit der Aktion die BI provozieren möchte, ein Eilverfahren einzuleiten, um die „sofortige Vollziehbarkeit“ anzugreifen. Eine Anwältin der BI habe aber prognostiziert, dass man dabei wenig Chancen habe; man sei durch die Baumfällungen nicht direkt betroffen. „Wenn wir verlieren, könnte sich das negativ auf die zweite Verhandlung auswirken“, so Hinrichs. Denn dann gebe es bereits eine Tendenz für das OVG. „Das ist eine ganz verzwickte Situation.“
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag Stade, Hartwig Holthusen, hält das Vorgehen des Landrats angesichts des unsicheren Ausgangs vor Gericht ebenfalls für vorschnell. Roesberg habe zwar nach dem Urteil vom Oberverwaltungsgericht weitere Maßnahmen angekündigt, so Holthusen, aber nicht, dass „jetzt auf die Schnelle 100 Bäume, zum Teil alte Eichen, gefällt werden“.
Holthusen selbst habe es aus der Presse erfahren, informiert worden sei der Kreistag nicht. „Wir waren entsetzt“, sagt er. „Einem Landrat darf so etwas nicht passieren. Er hätte zumindest vorher den Kreistag und die Anwohner mit einbeziehen müssen.“
Grüne Stade sind grundsätzlich gegen den Autobahnzubringer
Der Landrat habe im Kreisausschuss Anfang Februar sehr wohl über die Pläne informiert, sagt dagegen Kreisbaurätin Pönitz. Neben den Baumfällungen stehe auch der Bau eines Regenrückhaltebeckens an. Und weitere Fällungen. Allerdings, stellt sie klar, gehen insgesamt nur rund 35 Bäume auf die Kappe des Landkreises; der Rest sei im Auftrag des Bundes erfolgt.
Die Grünen in Stade sehen den Bau des Autobahnzubringers grundsätzlich kritisch: Man habe schon zwei Auffahrten in der Nähe, sagt Holthausen. Das sagt auch Hinrichs. Beide meinen die Auffahrten in Jork und Neu Wulmstorf – sie sind neun und zwölf Autominuten vom Buxtehuder Zentrum entfernt. Neben den „längeren Fahrtwegen“ seien bei dieser Variante die jeweiligen Anwohner*innen mehr belastet, sagt Pönitz.
Hintergrund der Hauruckaktion ist wohl auch, dass Baumfällungen nur noch bis zu Beginn der Brutsaison Anfang März erlaubt sind. Aber da das Oberverwaltungsgericht ohnehin noch rund ein Jahr für seine Entscheidung brauchen wird, argumentieren BI und Grüne, hätte man damit locker bis zum nächsten Winter warten können.
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