Nabu akzeptiert Weiterbau der A26: Der Grünbrücken-Deal

Im Gegenzug für zusätzlichen Natur- und Lärmschutz verzichten die Naturschutzverbände auf die Möglichkeit, gegen den Bau der A 26 nach Stade zu klagen.

Bauarbeiter stehen auf der A26 bei Horneburg.

Im August 2008 wurde der erste Autobahnabschnitt der A26 für den Verkehr frei gegeben Foto: dpa

Hamburg taz | Autofahrer atmen auf: Zumindest die zwischen Cuxhaven und Hamburg werden in Zukunft ein leichteres Leben haben – so wie die Bewohner des Alten Landes südwestlich der Hansestadt: Nach einer Einigung zwischen Hamburgs rot-grünem Senat und Naturschutzverbänden kann die Autobahn 26 zwischen Stade und der A7 fertig gebaut werden.

Das verkürzt die Fahrzeit und entlastet die Dörfer, hat aber auch einen Preis: Um die Obstmarschen möglichst wenig zu beeinträchtigen, führt die neue Autobahn hart am Rande des europäischen Vogelschutzgebietes Moorgürtel entlang. Sie zerschneidet die Landschaft, trennt Lebensräume voneinander und erzeugt Lärm.

Trotzdem zeigt sich Alexander Porschke, der Vorsitzende des Hamburger Naturschutzbundes (Nabu) erleichtert: Das fünfjährige Ringen mit den Behörden habe sich gelohnt. Es sei nicht nur gelungen, die Belastung durch die Autobahn zu verringern, sondern auch bedeutende Gewinne für die Natur zu erzielen.

„Das erreichte Ergebnis ermöglicht es uns nun, auf eine Klage gegen die von uns weiterhin grundsätzlich abgelehnte Autobahn zu verzichten“, sagt Porschke, der federführend für die Arbeitsgemeinschaft Naturschutz Hamburg agiert hat; darin sind sieben nach dem Naturschutzgesetz anerkannte Verbände organisiert.

Für Hamburg, Schleswig-Holstein und das westliche Niedersachsen gibt es große Pläne:

Die „Küstenautobahn“ A20 soll von der Ostsee kommend in einem Bogen westlich um Hamburg herum verlaufen.

Durch einen Elbtunnel zwischen Glückstadt und Drochtersen könnte sie bis zum Wesertunnel südlich von Bremerhaven fortgeführt werden und weiter ins Emsland.

Bei Drochtersen ließe sich auch die A26 Richtung Stade und Hamburg anschließen.

Für den schleswig-holsteinischen Abschnitt gilt seit 2013 ein Baustopp, den das Bundesverwaltungsgericht im November bestätigt hat.

Die A26, so wie sie sich die Verkehrsplaner vorstellen, könnte einmal Teil eines Autobahnrings um die Stadt herum sein. Mit dem Bau der Autobahn ist 2002 bei Stade begonnen worden. Bis heute ist sie 16 Kilometer weit vorangekommen und endet kurz vor Buxtehude. Die Planung für den letzten Abschnitt auf niedersächsischem Gebiet ist seit dem 6. November unanfechtbar, wie die niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr auf ihrer Website mitteilt.

Der Planfeststellungsbeschluss für den Hamburger Abschnitt muss jetzt erst noch einmal öffentlich ausgelegt werden. Gehe alles glatt, also ohne weitere Widersprüche, könnte die Autobahn Ende 2023/Anfang 2024 bei Moorburg an die A7 angeschlossen sein, sagt Christian Füldner, Sprecher der Hamburger Verkehrsbehörde.

Um die Lebensräume trennende Wirkung der Autobahn zu verringern, wird es eine 50 Meter breite „Grünbrücke“ geben – so wie bei solchen Planungen heutzutage üblich. Dazu kommen mehrere kleine Brücken mit Gehölzen, an denen sich Fledermäuse orientieren können, dazu Gewässerdurchlässe. Und die vorgesehenen Lärmschutzwände sollen neben Menschen auch die Vögel schützen helfen.

Zusätzlich ausverhandelt hat die AG Naturschutz einen „Biotopkorridor“, der den Moorgürtel mit dem Naturschutzgebiet Alte Süderelbe verbindet. Das Prinzip dabei sei, Teile der Obstmarschen als Lebensraum für Tiere und Pflanzen so zu verbessern, dass der Zerschneidungseffekt der Autobahn ausgeglichen werde, sagt Eike Schilling vom Nabu: Wenn in Zukunft weniger Tiere und Pflanzen zwischen dem Moorgürtel und der Alten Süderelbe hin und her wandern könnten, erhielten sie in dem Gebiet dazwischen bessere Möglichkeiten, sich zu vermehren, so Schilling. Voraussetzung dafür sei neben der Sicherung der Flächen aber auch deren Entwicklung und dauerhafte Pflege. „Die Stadt hat sich verpflichtet, dafür Geld bereitzustellen“, und das gelte auch für den Bund.

„Wir haben uns auf diesen Kompromiss eingelassen, da es bei diesem Autobahnabschnitt vernünftigerweise nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wo und Wie gehen konnte“, sagt Nabu-Chef Porschke. Er zieht allerdings eine scharfe Grenze zwischen der Zustimmung zur sogenannten „A26 West“ und der „A26 Ost“. Diese bezeichnet die Verlängerung der Autobahn quer durch den Hamburger Hafen und den Stadtteil Wilhelmsburg. Im Bundesverkehrswegeplan genießt dieses Stück, so wie die A26 West, höchste Priorität. In der Stadt stößt sie aber auf noch größeren Widerstand als die bisherigen Abschnitte.

„Die A26 Ost ist eine planerische Altlast aus dem vergangenen Autojahrhundert“, kritisiert etwa das Bündnis Verkehrswende Hamburg. Sie helfe dem Hafen nicht, locke Pendler weg von der Bahn, führe zu Ausweichverkehr in den benachbarten Stadtvierteln und sei unverhältnismäßig teuer.

Der rot-grüne Senat hingegen verspricht gerade Vorteile für den Hafen und die Quartiere. Akzeptabel machen will er die Autobahn, indem er sie auf 1,4 Kilometern Länge zu überdeckeln verspricht.

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