Streit um Auslieferung von Snowden: USA spielen die Wirtschaftskarte
US-Kongressabgeordnete drohen Ecuador. Sollte das Land dem Ex-Geheimdienstler Edward Snowden Asyl gewähren, könnte es Handelsprivilegien verlieren. Wann Ecuador entscheidet, ist unklar.
WASHINGTON dpa | Im Streit um den von den USA wegen Spionage und Diebstahls von Regierungsdokumenten gesuchten Ex-Geheimdienstler Edward Snowden verschärft sich der Ton zwischen den USA und Ecuador. US-Kongressmitglieder drohten dem südamerikanischen Land am Mittwoch offen mit schweren wirtschaftlichen Konsequenzen, sollte einem Asylantrag des 30-Jährigen dort stattgegeben werden.
In dem Fall würde eine anstehende Verlängerung von Handelsprivilegien für das Andenland blockiert, erklärte der Vorsitzende des Senatsausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Robert Menendez. Die Regierung in Quito forderte die USA indes auf, schriftlich darzulegen, warum man Snowden kein Asyl gewähren solle.
Snowden, der in den vergangenen Wochen umfangreiche Ausspäh- und Überwachungsprogramme amerikanischer und britischer Geheimdienste öffentlich gemacht hatte, war am vergangenen Sonntag von Hongkong nach Moskau geflohen. Dort hängt er ohne gültigen Reisepass im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo fest. Nach Angaben der Regierung in Quito hat er in Ecuador um Asyl gebeten.
„Unsere Regierung wird Länder für schlechtes Verhalten nicht belohnen“, drohte Menendez in einer Erklärung. „Handelsvorteile sind ein Privileg, das Staaten gewährt wird, kein Recht.“
USA muss sich schriftlich äußern
Ähnlich äußerte sich der führende Demokrat im Handelsausschuss des Abgeordnetenhauses, Sandy Levin. Die im nächsten Monat auslaufenden Handelsprivilegien für Ecuador würden „auf keinen Fall“ verlängert, sollte das Land Snowden Asyl gewähren, sagte er der Zeitung The Hill. „Wenn sie das tun, gibt es keinen Grund, auch nur darüber zu reden.“
Wie die ecuadorianische Botschaft in Washington mitteilte, wurde die US-Regierung um eine schriftliche Darlegung ihrer Position zum Asylantrag Snowdens gebeten, „damit diese als Teil des gründlichen Überprüfungsprozesses in die Überlegungen mit eingezogen werden kann“.
Zugleich zeigte sich Botschafter Efrain Baus erbost über abfällige Bemerkungen über sein Land. „Die Botschaft Ecuadors weist jüngste Erklärungen von US-Regierungsvertretern, die abträgliche, unwahre und unproduktive Behauptungen über Ecuador enthielten, scharf zurück“, erklärte er.
Ein Tag, eine Woche oder zwei Monate
Den Zeitpunkt, wann über den Asylantrag entschieden wird, ließ Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño am Mittwoch offen. Dies könne in einem Tag, einer Woche oder in zwei Monaten geschehen, teilte er über den Kurznachrichtendienst Twitter mit und wies darauf hin, dass dem Asylgesuch von Julian Assange auch erst nach zwei Monaten zugestimmt wurde. Der im Zusammenhang mit Sex-Vorwürfen von Schweden gesuchte Wikileaks-Gründer hatte vor über einem Jahr Zuflucht in der Londoner Botschaft Ecuadors gesucht.
Bei der Entscheidung über Snowdens Antrag werde man Risiken abwägen, einschließlich dem einer Beeinträchtigung der Handelsbeziehungen mit den USA, erklärte Patiño laut einem Bericht der regierungsnahen Zeitung El Telégrafo.
Sollte Snowden sich tatsächlich entscheiden, nach Südamerika zu gehen, stünden ihm aller Voraussicht nach auch in Venezuela die Türen offen. Sein Land werde Snowden bei einer entsprechenden Anfrage „fast sicher“ politisches Asyl gewähren, versicherte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro am Mittwoch im staatlichen Fernsehen VTV. Schließlich sei das Asylrecht „eine Institution des internationalen Menschenrechts, um Verfolgte zu schützen.“
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