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Streit um ArbeitsmarktpolitikHamburg fest in roter Hand

Stadteigener Träger HAB erhält Zuschlag für 40 Sozialpädagogen, die 1-Euro-Jobber betreuen sollen. Kleinere Träger gingen leer aus. Die CDU spricht von rotem Filz.

Überzeugt vom Konzept seines ehemaligen Betriebes: SPD-Sozialsenator Detlef Scheele. Bild: dpa

Der jüngste Bericht des Rechnungshofes äußert sich kritisch zur Lage der städtischen "Hamburger Arbeitsbeschäftigungsgesellschaft" (HAB). Es sei kein "hinreichend tragfähiges Konzept zur dauerhaften Sanierung" erkennbar. Das Problem müsse "zeitnah" gelöst werden. Seit dieser Woche ist klar, dass die HAB ein neues Geschäftsfeld erhält. Sie erhielt die Federführung für das Projekt "40 flankierende Sozialbetreuer", die künftig 1-Euro-Jobber begleiten. Kosten für vier Jahre: acht Millionen Euro.

Dass es so eine Ausschreibung geben würde, hatte SPD-Sozialsenator Detlef Scheele im August bei der Vorstellung seines Arbeitsmarktprogramms eröffnet. Die CDU-Abgeordnete Katharina Wolff hakte mehrfach im Sozialausschuss und in schriftlichen Anfragen nach, wann denn die offizielle Ausschreibung beginne. "Ich bekam am 4. November die Auskunft, das geschehe ,irgendwann im November', und am nächsten Tag stand sie dann im Netz", sagt Wolff. Sie sieht sich als Abgeordnete nicht korrekt informiert und fürchtet, dass viele kleinere Träger dies gar nicht mitbekommen haben.

Ohnehin habe die Ausschreibung "schon von den Kriterien" her viele Träger ausgegrenzt. Das Ganze sei "schon ein Beispiel, wo man roten Filz erkennen kann. Die SPD hat offenbar nur neun Monate gebraucht, um Zustände zu schaffen, wegen derer sie unter anderen 2001 abgewählt wurde", sagt Wolff.

Die Abgeordnete sieht problematische personelle Verflechtungen: Sozialsenator Scheele ist ehemaliger HAB-Geschäftsführer. Sein Nachfolger, Gert Kekstadt, sei SPD-Bürgerschaftsabgeordneter und "laut aktuellem Impressum Leiter der HAB-Service Gesellschaft". Der derzeitige HAB-Chef Hans Nauber leitete jahrelang die Abteilung Arbeitsmarktpolitik in der Behörde.

Das Geflecht erinnert an die Zustände in den 90er-Jahren, die in dem Buch "Das Machtkartell - Die Stadt als Beute" von Frank Wieding und Jörn Breiholz beschrieben wurden. Damals war die Finanzierung der HAB Thema im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Filz.

Die Sozialbehörde begründet die Auswahl fachlich. Es habe drei Angebote gegeben, darunter die Bietergemeinschaft der HAB mit drei weiteren Partnern, sagt Sprecherin Nicole Serocka. Deren Konzept sei von der Auswahlkommission am besten bewertet worden. Die Bietergemeinschaft habe "überzeugend dargestellt", wie sie eine "Drehscheibenfunktion" zwischen 1-Euro-Jobbern und Trägern herstellen will.

Abgelehnt wurde ein Angebot von fünf kleineren Trägern. Diese wollten die 40 Stellen dezentral bei bestehenden Projekten einsetzen und teilweise auch Mitarbeitern geben, die wegen der Kürzungen vor der Entlassung stehen. Es sei, sagt Serocka, bereits im Arbeitsmarktprogramm festgelegt, dass "nur eine Einrichtung ausgewählt werden soll".

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7 Kommentare

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  • WC
    Working Class

    Leute: Wo es keine anständige Arbeit gibt, gibt es eben keine. Bastelt mit dem Geld doch lieber ein paar vernünftige Stellen, die es sonst nicht gäbe - und damit meine ich nicht die Stelle der Geschäftsführung der HAB! Von deren Gehalt könnte man sicherlich 5 andere Stellen finanzierungen.

    Diese So-Tun-Als-Ob-Wir-Arbeiten "Qualifizierungen" sind eine Beleidigung für denkende Hartz4 Empfänger, die es zumeist lediglich nicht verstanden haben, sich irgendeiner Partei anzudienen und die für einen Job bei Wulfs Freund Maschmeyer zuviel Selbstachtung (und ein zu geringes Maß an krimineller Energie) hatten.

    Und all das schöne Steuerzahlergeld nur, damit die Illusion einer Arbeitsgesellschaft für diejenigen hochgehalten wird, die noch einen Job haben...wegen dem sie keine Zeit für ihre Kinder und/oder ihre kranken Eltern usw. haben - unter psycho-somatischen oder sonstigen Erkrankungen wegen Arbeitsverdichtung, Stress und Selbstentäußerung leiden etc.

  • N
    Nadine

    @Substanzsucher

    ... hier geht's um 1-EURo-Jobs.

     

    Die HAB hatte früher einen guten Ruf. Vor einiger Zeit war ich in einem HAB-Sozialkaufhaus und habe mich mit einem 1-EURO-Jobber unterhalten. Der Mann hat dort nichts zu tun, sitzt seine Zeit ab und er selber glaubt schon lange Zeit nicht, dass er wirklich mal in einem normalen Kaufhaus Möbel verkaufen wird, wenn er überhaupt in einen normalen Verkaufsjob reinrutschen kann.

     

    Es ist doch so: Die Leute lernen bei der HAB nicht viel, qualifizieren sich nicht besonders und am Ende können sie überlegen, ob sie bei der Zeitarbeit mit 5 oder 6 EURO die Stunde anfangen oder ob sie irgendwo scharz arbeiten gehen. Die Ausbeutung und Vera...ung der Arbeitslosen ist doch der Skandal, nicht die Politik - nur die Linken würden aus diesen AGHs aussteigen, alle anderen Parteien würden sie weiter betreiben.

  • S
    Substanzsucher

    Es wäre wunderbar gewesen, wenn Sie, liebe Frau Kutter, Aufgabenstellung und Ausschreibung überprüft und sich ein eigenes Urteil darüber gebildet hätten, ob die Vergabe an die HAB sachgerecht ist oder nicht. So beruht Ihr Artikel darauf, dass irgendjemand "Filz" schreit und man daraus, weil es so gut klingt und herrlich zu den eigenen Vorurteilen passt, ne peppige Story strickt. Von der taz erwartet man ein weinig mehr.

  • J
    Journalismus

    ...wäre es gewesen, liebe Frau Kutter, wenn Sie sich mit der Ausschreibung und der Aufgabenstellung beschäftigt hätten und dann zu einem eigenen Urteil gekommen wären, ob die Vergabe an die HAB sachgerecht ist oder eben nicht. Mal einen fetten Arteikel schreiben, weil irgendjemand "Filz" ruft und das so gut klingt, ist ein bisschen billig und der taz eigentlich nicht angemessen.

  • H
    Hans

    In der Theorie wären die 1-EURO-Jober bei der Hamburger Arbeit (HAB) besser aufgehoben, aber: Diese Beschäftigungsgesellschaft war bundesweit Spitze im Ausnutzen des Kohle-Für-Nix und hat ihre Kompetenzen in diesem Bereich niemals genutzt, sondern nur Leute geparkt und abkassiert. Das war mal anders und auch der Senator sprach mal anders, aber woher der Wind weht, woher das Geld kommt ... Am Ende war Scheele bundesweit der Absolute-1-EURO-Champ. Keine andere Beschäftigungsgesellschaft hat in so kurzer Zeit so viel Gelder abgegriffen wie die HAB.

     

    Und das alles mit OK von Schnieber-Jastram und der besten Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde (auch Scheele hat - meine ich - noch einen alten Arbeitsvertrag mit denen in der Tasche, man weiß ja nie).

    Filz hin oder her - die Leute lernen bei der HAB genauso wenig wie bei den anderen und am Ende stehen viele vor sinnlosen Monaten und können alles von Vorner probieren.

    Echte Qualifizierung gibt's eben nicht umsonst, sondern kommt mit Kosten daher.

     

    Schon normale Lehrer und Trainer verlangen mehr als ein 1 oder 4 EURO die Stunde. Und es bedarf auch Ausstattung, Bücher, Materialien und manchmal auch Maschinen bzw. Einbauten. Die HAB hätte theoretisch die Möglichkeit mehr aus den AGHs zu machen. Aber sie wird's nicht tun, sondern diese Sozialpädagogen werden den Leuten das Wochenblatt zeigen und sagen, dass man beim Drogeriemarkt auch Regale gegen EURO-Bezahlung einräumen kann und warum der/die denn unbedingt als Facharbeiter in der Metallindustrie, den Medien oder der Verwaltung qualifiziert arbeiten will?

     

    Es ging doch eben auch mit Aufstockung. Kurz: Diese Leute werden den sozialen Abstieg der Teilnehmer organisieren und begleiten, manchmal werden sie auch ihre Vorurteile über die Teilnehmer ausgießen, aber meistens nicht. Dass es keine anderen, besseren Angebote für Arbeitslose gibt, das ist der eigentliche Skandal. Angeblich ist die Behörde und der Senator ja von der Sorge umgetrieben, es gebe bald einen Facharbeitermangel. Nun gut, wenn das bald ein Problem sein soll - dann könnte man auch anders fördern. Will man aber nicht, sondern man macht weiter da, wo es schon sehr schlecht läuft.

  • HH
    Hergen Hillen

    @ von Weiße Rose

     

    Genau: auf rotem Filz folgte schwarzer Filz, auf schwarzem Filz folgt nun wieder roter Filz. Hartz-IV-Empfänger sind dabei nur Manövriermasse. Manches erweckt den Eindruck, als sei das Ganze so gewollt. Jedem dürfte doch klar sein, dass mit solchen verwaltungstechnischen Rochaden soziale Probleme nicht gelöst werden. Was würden all die Beschäftigungsträger, freien Träger und Vereine machen, wenn es dieses Heer von sozial Deklassierten nicht gäbe, denen zwar zu einem gewissen Grad geholfen wird, die aber auch in einer Abhängigkeit verbleiben (sollen).

    Gleichzeitig etabliert sich nach jedem Regierungswechsel Gruppe von Akteuren, die an diesem System partizipieren und nicht müde werden, dieses sozialpolitische Kleinklein als großen Wurf zu verkaufen. Dabei erweckt das Mäandern zwischen Parteiarbeit, Behördenapparat und Politik mehr denn je den Verdacht, die eigene Karriere im Blick zu haben als alles andere. Staat und Politik sollte den Menschen dienen und nicht umgekehrt... Von dieser Vision ist auch die SPD in Hamburg noch sehr weit entfernt. Na ja, wenn dieser Politikstil zu offensichtlich wird, sind die die Chancen auf einen Sieg bei der nächsten Wahl selbstverständlich sehr gering. Dann soll sich Herr Scheele aber nicht beschweren, dass seine Politik missverstanden worden sei.

  • WR
    Weiße Rose

    Der anscheinend beliebig verschiebbaren Masse der 1-€-Jobber kann es letztlich egal sein, ob sie nun im Repressionsapparat des SPD-Filzes oder der Partei mit dem großen "C" gegängelt werden!