Streit um Abspaltung Kataloniens: Spanische Spielchen

Katalonien verschiebt den möglichen Termin einer Unabhängigkeitserklärung erneut. Jetzt machen Einheitsbefürworter mobil.

Demonstranten schwenken die spanische Flagge

Bleiben alle unter spanischer Flagge? Foto: ap

MADRID taz | Die katalanische Autonomieregierung kommt immer mehr unter Druck. Nachdem am Donnerstagabend das spanische Verfassungsgericht eine für Montag geplante Sitzung des Autonomieparlaments untersagt hatte, auf der über das Ergebnis des Unabhängigkeitsreferendums beraten werden sollte, laufen der „Generalitat“ jetzt auch die Unternehmen davon. Aus Angst vor einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung lassen sie sich in anderen Teilen Spaniens nieder. Spaniens Regierungssprecher Íñigo Méndez de Vigo forderte derweil in Madrid sofortige Neuwahlen in Katalonien. „Es wäre gut, damit zu beginnen, diese Wunde zu schließen“, sagte er.

Vorgezogene Wahlen in Katalonien müsste allerdings Kataloniens Autonomiepremier Carles Puigdemont ausrufen. Der fordert stattdessen Dialog und internationale Vermittlung. Sonst will er trotz des gerichtlichen Verbotes vor das katalanische Parlament treten – wenn auch am Dienstag statt wie bisher geplant am Montag. Eine Ankündigung von Neuwahlen wird es da wohl nicht geben. Ob Puigdemont dann aber die Unabhängigkeit ausrufen wird, für die 90 Prozent der Teilnehmer beim illegalen Referendum vom 1. Oktober gestimmt hatten, ist nicht klar. Die katalanische Presse berichtet, dass die Generalitat auf ein Zeichen aus Madrid warte, um die Ausrufung der Unabhängigkeit erst einmal auf Eis zu legen.

„Wenn es zu einem Zusammenprall wie diesem kommt, ist es das Vernünftigste, anzuhalten, nachzudenken und sich zu fragen, ob es tatsächlich keine andere Möglichkeit gibt“, mahnt der katalanische Minister für Unternehmenspolitik, Santi Vila, angesichts der Nachricht, dass bekannte Firmen Katalonien den Rücken kehren wollen. Die Banco Sabadell beschloss nach Alicante zu gehen. CaixaBank, Energieversorger Gas Natural und die Sektkellerei Freixenet stehen ebenfalls auf der langen Liste von Unternehmen, die den Weggang aus Katalonien erwägen. Am Freitag verabschiedete die Regierung in Madrid ein Dekret, das die Verlegung von Firmensitzen erleichtert.

An Dialoginitiativen fehlt es nicht. Die linksoppostionelle Partei Podemos, die Gewerkschaften, die Kirche, die katalanischen Universitäten, die Anwaltskammer und andere Berufsverbände, die baskische Regierung und selbst der FC Barcelona versuchen, beide Seiten an einen Tisch zu bekommen. Die Schweiz hat sich als Vermittler angeboten.

Entschuldigung bei den Verletzten

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy bleibt derweil hart. Er behält sich die Anwendung des Verfassungsartikels 155 vor, also die Suspendierung aller katalanischen Autonomieinstitutionen. Katalonien würde dann direkt von Madrid aus regiert. Als kleines Zeichen der Entspannung darf gewertet werden, dass sich der Vertreter der spanischen Zentralregierung in Katalonien, Enric Millo, bei den Verletzten durch die Polizeieinsätze gegen das Referendum am Wahltag entschuldigte. Gleichzeitig verteidigte er aber den Einsatz als solchen.

Auch die Justiz macht keine Pause. Das spanische Strafgericht vernahm am Freitag die Vorsitzenden der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) und Òmnium, die das Rückgrat der Unabhängigkeitsbewegung bilden, sowie den Chef der Autonomiepolizei Mossos d’Esquadra Josep Lluis Trapero wegen „Aufstand“. Alle drei wurden nach der Vernehmung auf freien Fuß gesetzt.

In den nächsten Tagen machen die Gegner einer Abspaltung mobil. Am Samstag werden in ganz Spanien Menschen unter dem Motto #hablamos? (Sprechen wir?) auf die Straße gehen. Für Sonntag ruft eine „Katalanische Zivilgesellschaft“ (SCC) sowie die spanische Regierungspartei PP und die rechtsliberale Ciudadanos zu einer Demonstration für die Einheit Spaniens in Barcelona auf.

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