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Streit über ABM legt Senat lahm

■ SDI–Anhänger blockieren Senats–Beratung über Pentagon–Etat 1988 / SDI–Entwicklung hängt an weiter Interpretation / Kritiker monieren ABM–Vertragsauslegung als „unsauber“

Washington (dpa) - Die US–Regierung hält eine umfassende Interpretation des ABM–Vertrages über die Begrenzung von Defensivsystemen für legal, hat sich aber noch nicht entschieden, ob sie diese Haltung auch zur offiziellen Politik macht. Der demokratische Senator Sam Nunn, einer der einflußreichsten Rüstungsexperten im Parlament, warnte, ein Abwei chen von der bisher gehandhabten engen Auslegung könnte der Glaubwürdigkeit der USA weltweit schweren Schaden zufügen. Der Senator war im März in einer eigenen Analyse zu dem Schluß gekommen, daß nur die bisher eingehaltene enge Auslegung des Abkommens korrekt sei. Der ABM–Vertrag mit der Sowjetunion aus dem Jahr 1972 ist zentral für die weitere SDI–Entwicklung. Eine ausgedehnte Auslegung würde Tests im Weltraum ermöglichen, die nach der bisher engen Interpretation nicht zulässig sind. Der Rechtsberater des Außenministeriums, Abraham Sofaer, hatte am Mittwoch ein neues Gutachten vorgelegt, das eine umfassende Auslegung des Vertrages „voll und ganz gerechtfertigt“ nennt. Sofaer betonte jedoch ebenso wie ein Sprecher des Weißen Hauses, daß der Präsident noch keine Entscheidung über die Annahme der weiten Interpretation getroffen. Er werde diese umstrittene Frage zuvor weiter „mit dem Kongreß und den Alliierten erörtern“. Im Senat blockierten Anhänger der angestrebten Strategischen Verteidigungsinitative (SDI) am Abend eine Debatte über den Pentagon–Etat 1988, um ein Votum für die bisherige restriktive Auslegung des ABM–Vertrags zu verhindern. Sie sehen in einem entsprechenden Zusatzantrag Nunns den unzulässigen Versuch, in die Befugnisse des Präsidenten einzugreifen, und - nach den Worten von Senator Daniel Quayle - den Abrüstungsunterhändlern „ein Messer in den Rücken zu stechen“. Sie drohten mit Dauerreden (Filibuster). Eine Wiederaufnahme der Debatte wurde erst für Freitag erwartet.

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