Mit dem Protektionismus auf Du und Du: Streit im GATT
■ Von Halbleitern bis zu Äpfeln fast alles umstritten
Genf (afp) - Eine Reihe von gegenseitigen Vorwürfen zwischen den großen Industrienationen dürfte die gestern begonnene Tagung des Rates des allgemeinen Zoll– und Handelsabkommens (GATT) prägen. Die Europäische Gemeinschaft verlangt von den Vereinigten Staaten eine Entschädigung für die Praxis Washingtons, Importöl mit einer 3,5 Prozent höheren Steuer zu belasten als heimisches Öl. Diese Regelung wurde bereits im Juni 1987 vom GATT verurteilt. Nach Angaben der EG hat sie die erhöhte Besteuerung in den USA allein in den Jahren 1984 bis 1986 ganze 7,24 Millionen Dollar gekostet. Weiter wird sich die EG wegen der amerikanisch–japanischen Vereinbarung über Halbleiter beschweren. Die Gemeinschaft will vor allem wissen, wann sich Japan dem Ordnungsruf des GATT beugen will und auch auf den anderen Märkten, ebenso wie in den Vereinigten Staaten, aufhört, Halbleiter zu Dumpingpreisen anzubieten. Die Europäische Gemeinschaft wird in Genf jedoch auch auf der Anklagebank sitzen. Die Vereinigten Staaten werfen ihr vor, mit ihren Subventionen für Soja–Erzeuger seit 1982 den amerikanischen Exporteuren Verluste von 40 Prozent zugefügt zu haben. Zudem werden sich die Vereinigten Staaten und Australien über die japanischen und koreanischen Importhindernisse für Rindfleisch beschweren. Doch die Liste der Beschuldigten und Ankläger ist noch länger. Chile will dagegen protestieren, daß ihm von den USA nicht länger die Meistbegünstigungsklausel eingeräumt wird und daß die EG Importbeschränkungen für chilenische Äpfel verhängt hat. Schließlich muß sich Schweden auf Druck der USA wegen seiner Importbeschränkungen für Äpfel und Birnen verantworten. Zudem wollen die Vereinigten Staaten eine Kommission ins Leben rufen, die die Ungleichheiten bei der Behandlung von Arbeitern untersuchen soll. Nach amerikanischer Ansicht stellt die schlechte Bezahlung der Arbeiter, vor allem in den jungen Industriestaaten in Fernost, eine Wettbewerbsverzerrung dar. Ob die Amerikaner mit ihrer Forderung nach Errichtung einer Studienkommission im GATT jedoch auf Unterstützung treffen, wird von vielen Beobachtern bezweifelt.
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