Streit der Woche: "Ein Rauchverbot wie Italien"
In mehreren Bundesländern wird versucht, Qualmen in Gaststätten ganz zu verbieten. Bayerns Wirtschaftsminister Zeil (FDP) ärgert sich: Raucher sollen bekehrt werden.
BERLIN taz | Der „Streit der Woche“ auf taz.de wurde massenhaft geklickt: Zum Rauchverbot gab es so viele Kommentare wie seit der Frage „Ist Porno gucken Okay?“ nicht mehr. Das Thema bringt also Nichtraucher wie Raucher auf. Das bayerische Volksbegehren für ein härteres Rauchverbot dürfte deshalb ab kommender Woche für eine kontroverse Diskussion sorgen. Mit dem Begehren will dort ein Bündnis aus Naturschützern, Parteien, Ärzteverbänden und Sportlern ein ausnahmsloses Rauchverbot auch in Gaststätten und Kneipen durchsetzen.
„Gute Luft überall!“, fordert der 28-jährige Organisator des Volksbegehrens, Sebastian Frankenberger, im „Streit der Woche“ der sonntaz. Nicht nur Gäste, auch die Angestellten seien betroffen. „Das ungeborene Kind einer schwangeren Bedienung wird durch das Passivrauchen der arbeitenden Mutter hoch belastet.“ Er sei für italienische Verhältnisse in Bayern – in Italien gilt bereits seit 2005 das Rauchverbot in Gaststätten. Ausnahmen gibt es dort kaum.
Das Volksbegehren greift ein bayerisches Gesetz an, das im Sommer dieses Jahres von der regierenden schwarz-gelben Koalition verabschiedet wurde. Das Rauchverbot wurde damals aufgeweicht, indem Wirten erlaubt wurde, separate Raucherräume einzurichten. Wirte kleiner Kneipen dürfen den Zigarettenkonsum erlauben.
Den ganzen Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 14./15. November 2009 - zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.
„Wer den Wirten diese Möglichkeit abspricht, will nicht die Nichtraucher schützen“, schreibt der bayerische Wirtschaftsminister, Martin Zeil (FDP), in der sonntaz, „sondern die Raucher zwangsweise zum Nichtrauchen bekehren.“ Das geänderte Gesetz sei deshalb nicht zu lasch, sondern schütze Nichtraucher ohne Raucher zu diskriminieren. Dieses Gesetz ist der Stand der Dinge in fast allen Bundesländern.
Doch auch anderswo gibt es Versuche, das Rauchverbot zu verschärfen – beispielsweise im Jamaika-regierten Saarland. „Wir werden umgehend das Gesetz nachbessern,“ kündigt die Vize-Chefin der dortigen Grünen-Fraktion, Claudia Willger-Lambert, an. „Mit eindeutigen Regeln werden wir die Gesundheit der Nichtraucherinnen und Nichtraucher und der Gastronomie-Beschäftigten zu schützen.“ In Hamburg, wo Schwarz-Grün regiert, ringen die Koalitionspartner zurzeit auch. Dort wollen die Grünen ein absolutes Rauchverbot in allen Gaststätten durchsetzen.
Im „Streit der Woche“ der sonntaz äußern sich außerdem der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, die Spitzenköchin Carmen Krüger und der taz.de Leser und Rauchverbotsgegner Christopher Lorenz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“