Streit der Woche: Kann irgendetwas Versuche an Affen rechtfertigen?
In Bremen experimentiert ein Neurobiologe seit Jahren mit Makaken. Er will die Funktion des Gehirns erforschen. Tierschützer nennen ihn Folterer und lehnen Versuche an Affen prinzipiell ab.
Der Neurobiologe Andreas Kreiter will das menschliche Gehirn verstehen. Für seine Grundlagenforschung experimentiert er an der Bremer Universität seit mehr als zehn Jahren mit Makakenaffen. Er hofft, dass er irgendwann einmal Epileptikern oder Parkinsonpatienten helfen kann.
Die Affen werden für die Versuche operativ vorbereitet, ein Bolzen wird mit der Schädeldecke verschraubt. Während der Versuche müssen sie lange Zeit ruhig sitzen, ihnen werden Messelektroden ins Gehirn eingeführt.
Die Debatte um die Affenversuche ist in Bremen längst zum Politikum geworden. Vor drei Jahren beschloss die Bremer Bürgerschaft den Ausstieg aus den Affenexperimenten. Im Herbst 2008 lehnte die Gesundheitsbehörde die Fortsetzung der Versuche ab. Sie seien ethisch nicht vertretbar. Dass sämtliche Tierschutzauflagen erfüllt seien, daran zweifelte die Behörde jedoch nicht. Die Universität klagte gegen das Verbot des Senats - mit Erfolg. Bis zum Gerichtsverfahren, das am 28. Mai beginnt, darf Kreiter weiterforschen. Von Gegnern wird Andreas Kreiter Affenfolterer genannt, ihm wurde gedroht, er erhält Polizeischutz.
Für Tierschützer sind Experimente an Affen ein Skandal. Grundlagenforschung reiche nicht als Rechtfertigung aus. Die Versuche seien medizinisch fragwürdig und ethisch nicht vertretbar. Forscher sagen, ihre Experimente seien notwendig für die Hirnforschung. Es gelte die Forschungsfreiheit. Und das Thema werde zu politischen Zwecken missbraucht.
Über den Bremer Fall hinaus bleibt die Frage, ob medizinische Versuche an Affen prinzipiell zu rechtfertigen sind, etwa wenn damit Heilungsmethoden für Parkinson, Epilepsie oder geistige Behinderung erforscht werden sollen. Es ist ein Streit darum, was schwerer wiegt: die Freiheit der Forschung oder der Schutz der Tiere.
Was meinen Sie - kann irgendetwas Versuche an Affen rechtfertigen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“