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Streit der WocheSind wir zu nett zur Schweiz?

Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz würde Steuersündern Amnestie und Anonymität gewähren. Nicht allen gefällt das.

Der Ankauf der Steuer-CD von NRW ärgert die Schweizer und könnte das Steuerabkommen platzen lassen. Bild: dpa

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sind sich uneins, wie man Steuersünder aus der Schweiz am besten entlarvt. Walter-Borjans bevorzugt den Ankauf von CDs, die Daten von steuerflüchtigen Deutschen enthalten. Schon die Entdeckungsgefahr kann mögliche Steuerhinterzieher abschrecken, glauben die Befürworter dieser Methode.

Wolfgang Schäuble hingegen hat vergangenes Jahr ein Steuerabkommen mit der Schweiz ausgehandelt, das den Streit über die Steuerflucht eigentlich beenden sollte: Anfang 2013 sollte ein Vertrag in Kraft treten, der deutsches Altvermögen in der Schweiz pauschal mit einem Steuersatz zwischen 21 und 41 Prozent belastet. In Zukunft sollen deutsche Vermögen auf Schweizer Konten mit rund 26 Prozent besteuert werden, so wie in Deutschland.

Der Ankauf der Steuer-CD von Nordrhein-Westfalen ärgert die Schweizer und könnte das Steuerabkommen platzen lassen. Eigentlich sollte der Vertrag den Ankauf solcher CDs überflüssig machen, da mit dem pauschalen Steuerabschlag auch die Steuerschuld beglichen wäre. SPD und Grüne kritisieren eine derartige Amnestie für Steuerhinterzieher. Deshalb blockieren sie das Abkommen im Bundesrat.

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Das Finanzministerium wirbt weiterhin für das Abkommen. Es biete einen umfassenden systematischen Ansatz, Steuerhinterziehung zu bekämpfen - in der Vergangenheit wie in der Zukunft.

Gegner kritisieren, dass die Steuerflüchtlinge anonym bleiben. Und es gebe große Schlupflöcher im Abkommen: Steuerhinterzieher haben bis Ende des Jahres Zeit, ihr Schwarzgeld in andere Steueroasen zu verlegen.

Das Finanzministerium wies jedoch darauf hin, dass Deutschland im Rahmen des Abkommens 1.300 Auskunftsgesuche an die Schweiz stellen darf und so die persönlichen Daten deutscher Anleger in der Schweiz erfahren kann. Damit bleibe für Steuerhinterzieher ein erhebliches Restrisiko.

Die USA haben deutlich ruppiger verhandelt und hatten größeren Erfolg: Die Schweiz hebt die Anonymität der US-amerikanischen Steuersünder teilweise auf.

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9 Kommentare

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  • SP
    Singa Pore

    Gäbe es nicht so viele kriminelle Deutsche, die ihr Geld in der Schweiz verstecken, bräuchte es auch kein Steuerabkommen

  • V
    vic

    Deutschland ist zu nett zu deutschen Steuerdieben. Und ja, Schweizer Banken sollten zur Auskunft verpflichtet werden. So wie die Banken aller Steuerparadiese.

  • S
    Sukram

    >21'000 Firmen mit besonderem Steuerstatus

     

    >...Steuerrabatte und der Steuerverzicht der Kantone auf Gewinne von Firmen, die im Ausland erzielt werden. Nutzniesser sind Schweizer Holdings, Briefkastenfirmen und gemischte Gesellschaften, die teilweise produzieren und gleichzeitig Beteiligungen zwecks Steueroptimierung halten. ...

     

    http://bazonline.ch/wirtschaft/konjunktur/Die-Kantone-wehren-sich-gegen-ein-Steuerabkommen-mit-der-EU/story/10797645

     

    Dieses Piratennest gehört ausgeräuchert; z.B. so:

     

    >Es hiess dort lapidar, die EU werde ihren Mitgliedsländern ab 2013 empfehlen, «einseitige Massnahmen zu ergreifen.» Laut Kennern zählen Zoll-Schikanen im grenzüberschreitenden Warenverkehr (nichttarifäre Handelshemmnisse) dazu.

  • UR
    Uwe Roos

    Allein schon die Sprachregelung ist eine Farce und verniedlicht den Strafbestand der Steuerhinterziehung. Wer von "Steuersündern" redet und das geplante Abkommen mit der Schweiz als fiskalischen Erfolg im Kampf um die "Steuerflucht" (auch so ein medial geprägter Begriff) feiert, verbiegt die Wahrheit bis sie zur Kurve wird. In diesem sorgsam inzenierten Streit, der augenscheinlich widerstrebene Parts und ihre Interessen thematisiert, wird der Begriff der Gerechtigkeit durch die Synonyme Amnestie und Anonymität ersetzt. Strafverfolgung verkommt zur Farce. Und alle jene, die schon immer wussten, das Geld die Welt regiert, werden in Ihrer Weltsicht bestätigt.

  • I
    ion

    "Wir"?? Sind "wir" gefragt worden‽‽

     

    So-so(!), seine legitimen staatlichen ("USA") Obliegenheiten & Interessen vor strukturell Kriminellen zu schützen, ist: "ruppig"?

     

    Der Rollstuhlfahrer hätte sich das Verhandeln (mit der Schweiz) er-sparen können, und in Anlehnung des bereits (von den USA) Realisierten verlangen(!) sollen.

  • MK
    Markus Knoll

    Kürzlich sind z.B. rd. 1000 Konten aufgeflogen, in denen über Schein - Lebensversicherungen deutsches Schwarzgeld bei einer Tochter der Credit Suisse auf den Bermudas geparkt war- solche Fälle würden auch durch das Abkommen nicht erfasst.

     

    Die einzige Lösung ist, daß die Hehlvetier endlich ihre scheinheilige Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug aufgeben und, wie andere zivilisierte Nationen, dem automatischen Datenaustausch mit ausl. Steuerbehörden zustimmen (und dann kämen sie auch ohne Weiteres an Daten über Schweizer Schwarzgeld im entsprechenden Ausland- wenn sie denn danach fragen täten).

     

    Die Rosinenpickerei muß endlich ein Ende haben- auch in anderen Bereichen: Die weltgrößten Rohstoff/Ölhandelsfirmen sitzen, natürlich, auch in der Schweiz- und fluggs haben die Eidgenossen beschlossen, den Ölhandel mit dem Iran weiter zu erlauben: aus "diplomatischen Gründen" http://bazonline.ch/schweiz/standard/Bund-erlaubt-weiterhin-OelGeschaefte-mit-dem-Iran/story/16318759

     

    Das ist das "Geschäftsmodell Schweiz"-

    vgl. die steuerbefreite korrupte FIFA mit >1,5 Mrd. auf der "hohen Kante" ohne irgendwelche effizienten Kontrollen über die Geldflüsse,

    vgl. Pauschalbesteuerung von reichen Ausländern (z.B. Schumacher/Vettel), die ihre Kohle anderswo verdienen (weswegen es auch nie mehr ein F1 - Rennen in der Schweiz geben wird ;-),

    vgl. Steuerparadiese wie Zug, wo Gaszprom - Gerd tätig war...

    und alles wird übertüncht durch Sitze von IRK, UNO/UNESCO etc, damit das Heidi/Almöhi-Bild im Ausland ja keinen Schaden nimmt.

  • A
    Andresito

    Definitiv. Die Schweiz ist in dieser Hinsicht zu 100 % Lernresistent. Bis vor der Krise war das Bankgeheimnis eine heilige Kuh, die ohne massiven Druck von aussen niemals angetastet worden wäre. Jetzt drückt man sich rum, spricht von Weissgeldstrategie (aber immernoch abstreiten, dass man vorher also eine Schwarzgeldstrategie fuhr) und versucht, Banken und ihren ausländischen Millionärskunden noch die grösstmöglichen Schlupflöcher offenzuhalten.

     

    Also, ohne Druck wird nur rumgemurkst, die Schweiz hat Jahrzehntelang profitiert. Eine Schande für mein Land, Steuergerechtigkeit gibts nur in der Verfassung. Auch schweizintern ist Steuergerechtigkeit ein Fremdwort. Aber der landesinterne "Steuerwettbewerb" ist genauso eine heilige Kuh, leider gibt es bei dieser keinen Druck von aussen und so werden die Steuerprivilegien weitergehen bis... wir werden sehen.

     

    Grüsse aus der Schweiz

  • M
    Mätschiur

    Aus dem Artikel wird nicht klar, warum die Schweizer (welche Schweizer überhaupt ?!) durch den Finanzdatenankauf verärgert sind. Wenn sich die Schweizer Banken neuerdings einen Saubermännchenmantel umhängen wollen, könnte es ihnen doch eigentlich egal sein, welche deutschen Schwarzgeldeinlagenkunden vom deutschen Finanzamt belangt werden.

     

    Die Interessen und Zusammenhänge der Transaktionen müssten noch viel umfassender und eindeutiger beschrieben werden, als es bisher in der TAZ der Fall war, um wirklich verstanden zu werden.

     

    Lieber einen etwas weiter ausholenden Beitrag als einen kurzen teilverständlichen.

  • TE
    Thomas Ebert

    Nett zur Schweiz? Gute Frage, aber interressanter ist doch die Gegenfrage - ist die Schweiz nett zu uns?

    Nach meiner Meinung - NEIN!

    Nur durch den Druck, den einige CD´s und wenige Politiker ausübten, ist doch überhaupt erst verhandelt worden. Die Unterstützung von internationalen Kriminellen ist doch geradezu das Geschäftsmodell viele Schweizer Banken! Nun, da mit illegalen Praktiken beschaffte Beweismittel vorliegen, jault der getroffene Hund laut auf.

    Herr Schäuble will Schweiz und Steuerhinterzieher mit Samthandschuhen anfassen, leicht schütteln und nachher ein paar Milliarden ins Staatssäckel tun. Ansonsten soll gewohnheitsmäßiger Betrug nachträglich sanktioniert werden.

    Ja, wir sind nett zur Schweiz. Viel zu nett! Da hätte mir Steinbrücks Kavallerie besser gefallen. Und natürlich ein "Zumwinkeln" der Steuerverbrecher.