Streit der Woche: Braucht die Bahn mehr Konkurrenz?
Die Deutsche Bahn ist auf Deutschlands Schienen unangefochten. Auch im Busfernverkehr ist sie die Nummer Eins. Ob das so bleiben darf, da scheiden sich die Geister.
BERLIN taz | Von Hamburg nach Köln - im Intercity der Deutschen Bahn kosten die knapp 450 Kilometer Schienenstrecke ohne Rabatte und Kundenkarten 83 Euro. Seit Montag geht es jedoch billiger: Bei sehr geringer Nachfrage kann die Karte des Hamburg-Köln-Express‘ (HKX) schon mal 75 Prozent weniger kosten als die Bahnkarte, maximal kostet die Verbindung 60 Euro. Bei zehn Minuten mehr Fahrzeit – also der durchschnittlichen Verspätung der DB, wie Bahn-Kritiker frotzeln.
Ob der jüngste Bahnkonkurrent damit bei den Kunden landen kann, bleibt abzuwarten. Doch die alte Frage ist schon jetzt wieder hoch gekocht: Gibt die Deutsche Bahn AG eigentlich schon alles für die Kunden? Und wenn nein, wie kann man sie dazu bringen?
Christian Janisch nennt sich einen Überzeugungstäter. Warum er vor zweieinhalb Jahren das Fernbus-Unternehmen Dein Bus mitgegründet hat, erklärt der studierte Betriebswirt ganz simpel: Er habe während seines Studiums selbst oft gemerkt, dass mobil sein sehr teuer werden kann – wenn man auf den Monopolisten Deutsche Bahn oder ein Auto angewiesen ist.
Den kompletten Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 28./ 29. Juli. Die sonntaz gibt es auch im Wochenendabo.
Mittlerweile fährt Dein Bus recht regelmäßig, doch ein umfassendes Angebot hat das Start-Up seit der Jungfernfahrt im Dezember 2009 von Frankfurt nach Köln noch immer nicht aufgebaut. Denn bisher gilt eine über 70 Jahre alte Regelung, sie steht im so genannten Personenbeförderungsgesetz.
Keine neue Linien
Ist für eine Strecke schon eine ausreichende Versorgung durch Linienverkehr gewährleistet, darf keine neue Linie eingeführt werden. In der Realität bedeutet das: Wo die Bahn schon fährt, darf kein Konkurrent mehr nachziehen, es sei denn er bringt eine merkliche Verbesserung des Angebots.
Für die meisten potenziellen Konkurrenten der Bahn, die neben jährlich 126 Millionen Fernreisenden auf der Schiene mit eigenen Angeboten auch den Großteil der zwei Millionen Fernbusreisenden abgreift, ist das kaum machbar. Die schwarz-gelbe Regierung verabschiedete deshalb im vergangenen Sommer einen Reformentwurf, der unter anderem den Fernbusverkehr liberalisieren soll. Im Herbst dieses Jahres soll das novellierte Gesetz im Bundestag verabschiedet werden und dann sofort in Kraft treten.
Doch nicht alle sind damit zufrieden. Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag fürchtet, dass nur Großkonzerne in Konkurrenz mit der Bahn treten werden. Diese würden über Lohndumping die Preise drücken, bis die Bahn ihr Angebot auf der Strecke einstellen müsse. „Der nächste Schritt ist dann, dass der private Anbieter die Preise erhöht und den Fahrplan ausdünnt, weil sich diese Buslinien eigentlich nur in den Stoßzeiten rechnen“, sagte Leidig in einer Bundestagsdebatte im Januar.
Die Einführung der Greyhound-Überlandbusse in den USA „unter massivem Druck der Automobilkonzerne“ führe die Folgen anschaulich vor Augen. „Sie sind maßgeblich für die Zerstörung eines einstmals großen intakten Eisenbahnnetzes verantwortlich“, sagt Leidig. Sie plädiert stattdessen für eine bessere Kontrolle des bundeseigenen Betriebs durch den Aufsichtsrat, den die Bundesregierung teilweise besetzt.
Andere Kritiker der Liberalisierung sehen in mehr privater Konkurrenz zur Bahn Raubbau an der öffentlichen Versorgung. Sie verweisen auf Großbritannien. Dort passierten seit der Privatisierung des Schienenverkehrs in den 90er Jahren übermäßig viele Unfälle zwischen verschiedenen Anbietern auf dem Schienennetz und die Geldsummen, die der britische Staat in Subventionen für die privaten Unternehmen versenkte, waren gigantisch.
Was meinen Sie, baucht die Deutsche Bahn mehr Konkurrenz?
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