Streit der Woche: Paralympics in Olympia integrieren?
Ende August beginnen die Paralympischen Spiele – mehr als zwei Wochen nach Ende der olympischen Wettkämpfe. Schaut da denn überhaupt noch jemand zu?
BERLIN taz | Kaum sind die 30. Olympischen Sommerspiele zu Ende, steht London das nächste Sport-Großereignis bevor: die Paralympics. Die besten behinderten Sportler und Sportlerinnen der Welt messen sich vom kommenden Donnerstag bis 9. September in der britischen Hauptstadt.
Die Organisation der beiden Veranstaltungen lag in diesem Jahr erstmalig in einer Hand, dem London Organising Committee of the Olympic Games (LOCOG). Und in Sachen Werbung und Vermarktung stehen die Paralympics ihrem „großen Bruder“ in nichts nach – über 2,1 der 2,5 Millionen Tickets sind verkauft, ein neuer Rekord. Ähnlich verhält es sich mit der Berichterstattung: Die deutschen Sender ARD und ZDF zeigen 70 Stunden live – immerhin. Bei den klassischen Olympischen Spielen waren es rund 260 Stunden gewesen.
Die Anerkennung der Weltspiele für behinderte Sportler scheint zu steigen. „Die Paralympics haben in den vergangenen Jahren enorm an Beliebtheit zugelegt und sich völlig unabhängig von Olympia fest bei den Zuschauern etabliert“, sagte Heinrich Popow, Silbermedaillen-Gewinner von Peking über 100 Meter Sprint, der taz. Als Popow neun Jahre alt war, musste ihm sein linkes Bein amputiert werden.
Teilnahme von Frauen hat auch ewig gedauert
Wäre es da nicht an der Zeit, die Paralympischen in die Olympischen Spiele zu integrieren? Die olympische Familie brauchte schon immer etwas länger, wenn es um Neuerungen ging. Gegen die Beteiligung von Frauen an Olympia gab es Anfang des 20. Jahrhundert heftigen Widerstand seitens des Internationalen Olympischen Komitee IOC.
Den ganzen Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 25./26. August. An jedem gutsortierten Kiosk, im eKiosk oder im Briefkasten per Wochenendabo.
Der Weltverband wollte das „schwache Geschlecht“ nicht teilnehmen lassen. 1928 in Amsterdam waren nur 9,6 Prozent der Teilnehmer weiblich, schreibt die Sportsoziologin Gertrud Pfister 1996 in ihrem Aufsatz „Vom Ausschluss zur Integration? Frauen und Olympische Spiele“.
Das gesellschaftliche Leben wird heutzutage immer und überall behindertengerecht gemacht. Barrierefreies Reisen ist ein Standard geworden. Behinderte sollen und dürfen nicht ausgegrenzt werden. Bei Olympia gilt das plötzlich nicht mehr?
Auf Anfrage erklärte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), eine Integration der Paralympioniken sei nicht möglich. Und auch Heinrich Popow spricht vom „totalen Overkill“, würde man die Events zusammenlegen. Aber wieso lassen sich zum Beispiel die Olympischen Spiele nicht um eine Woche verlängern?
Berührungsängste abbauen
„Wenn alle Spiele zusammen wären, würden das viele Leute gucken und das würde Berührungsängste besser abbauen“, sagte Christian Specht, Mitglied des Behindertenbeirats Kreuzberg-Friedrichshain in Berlin, der taz. Wäre er Präsident des Behindertensportverbands, er würde sich dafür einsetzen, „dass alle gemeinsame Spiele machen“.
Was meinen Sie: Sollte man die Paralympics in die Olympiade integrieren? Beziehen Sie Stellung! Die taz wählt unter den interessantesten Kommentaren ein oder zwei aus und veröffentlicht sie im Wochenendmagazin sonntaz. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwochmittag eine Mail an: streit@taz.de.
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