Streit der Woche: „Die Frage klingt zynisch“

Hat sich der Irakkrieg gelohnt? Ja, sagen die einen. Der Irak sei frei. Nein, widersprechen die anderen. Dort herrsche Chaos.

Ein irakischer Arbeiter auf einem Ölfeld in West-Qurna. China macht den USA dort Konkurrenz. Bild: Atef Hassan, reuters

Thomas von der Osten-Sacken, Journalist und Leiter der Hilfsorganisation Wadi, die im Irak tätig ist, hält den Irakkrieg auch zehn Jahre später noch für richtig. In einem Gastbeitrag für die sonntaz errinnert er daran, wie Saddam Hussein Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung einsetzte.

„Vor genau 25 Jahren bombardierten Kampfflugzeuge der irakischen Luftwaffe die Stadt Halabdscha mit Giftgas. 5.000 Zivilisten starben damals einen qualvollen Tod. Die Überlebenden des Massakers wurden deportiert, in anderen Teilen des Irak zwangsangesiedelt oder gleich an Ort und Stelle exekutiert.“

Heute hätten die 100.000 Kurden in Halabdscha wieder eine Zukunft. Denn die Diktatur Saddam Husseins sei Vergangenheit.

„Entsprechend schwer fiele es auch, nur einen Bewohner Halabdschas zu finden, der 2003 nicht den Krieg unterstützt hätte. Der Einmarsch amerikanischer Truppen wurde sogar ausdrücklich als Befreiung begrüßt, und das nicht nur von den Kurden.“

Kein Regime im Nahen Osten sei je so brutal gegen jede Form von Opposition vorgegangen wie das irakische. „Kurzum, ohne Militärinvasion wäre Saddam Hussein weiter an der Macht geblieben und das Land heute noch jene orwellsche „Republik der Angst“, deren Schrecken der irakische Autor Kanan Makiya einst so eindrücklich beschrieben hat.“

Verseuchtes Wasser, Armut, Krankheiten

Der irakische Schrifsteller Najem Wali, der in Berlin lebt, widerspricht im „Streit der Woche“: „Kein Krieg hat sich in der Geschichte der Menschheit gelohnt. Und dieser Krieg noch weniger.“

Zehn Jahre nach Kriegsbeginn herrsche in seinem Heimatland totale Zerstörung. „Drei Jahre Bürgerkrieg (2005-2008) haben die Iraker hinter sich, dessen Merkmale bis heute die hohen Betonmauern sind, die sich um ganze Stadtteile ziehen. Im Grunde ist die gesamte irakische Hauptstadt mittlerweile in eine einzige Festung umgewandelt, dazu kommen korrupte Politiker, Stromausfälle, verseuchtes Wasser, Armut und Krankheiten, entstellte Demokratie, Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung von Frauen und Minderheiten, Demos im Westen des Landes, Streit mit den Kurden im Norden.“

Auch taz-Leser haben sich auf Facebook und taz.de in die Debatte eingeschaltet. Manche Nutzer kritisieren die Art der Fragestellung. „Ob sich der Irakkrieg gelohnt hat? Die Frage klingt schon sehr zynisch“, sagt Nutzer „Bodo Goldmann“. Auch die taz-Redaktion hat darüber gestritten, ob man das Verb „lohnen“ im Zusammenhang mit Kriegen benutzen sollte.

Nutzer „Willi Willumat“ sieht, wie auch viele andere Leser, den eigentliche Kriegsgrund in den irakischen Bodenschätzen: „Strategisches Ziel des Krieges war die Sicherung der Ölvorkommen im Nahen Osten für den Westen und die USA. Alles andere war nur Vorwand.“

Nutzer „Neinder“ widerspricht. „Die USA bekommen fast kein Öl aus dem Irak. Das ganze "Krieg-für-Öl"-Geschrei hat sich als Unsinn entpuppt.“

Streit-Teilnehmer von der Osten-Sacken bringt den Irakkrieg in Zusammenhang mit der aktuellen Entwicklung in Syrien. „Wenn Aufständische aus Syrien den Westen dieser Tage verzweifelt anflehen, doch gegen das Regime Baschar al-Assads zu intervenieren, dann tun sie dies, obwohl sie wissen, wie der Irak sich in den letzten zehn Jahren entwickelt hat.“

Sie wüssten, dass es fast unmöglich sei, eine Diktatur aus eigener Kraft zu stürzen, die bereit ist, sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu wehren.

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