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Streit der Woche„Sie werden die Bürger anzapfen“

Jörg Asmussen will zyprische Konten mit einer Sonderabgabe belasten. Lisa Fitz fürchtet eine Plünderung der Konten auch anderswo.

Ist Zypern nur der Anfang? Bei einem Protest vor dem Parlament in Nikosia. Bild: Andreas Manolis/reuters

Jörg Asmussen, Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), hat zur Rettung der zyprischen Banken eine Beteiligung der Sparer verteidigt. Im Streit der Woche der aktuellen sonntaz schreibt er: „Dem Land das Geld einfach zu schenken, wird keine politische Mehrheit finden. Eine realistische Alternative ist, dass Zypern einen Eigenbeitrag leistet.“ Weil Privatisierungen nicht ausreichen werden, eben auch „durch eine einmalige Sonderabgabe auf Einlagen.“ Aber die Europäische Zentralbank sei mehr als offen dafür, ein Design zu wählen, das Kleinsparer nicht belastet.

Lisa Fitz, politische Kabarettistin, kritisiert das: „Es ist so, als nähme ich einen Kredit fürs Zocken auf und forderte von meiner Putzfrau, ihn 30 Jahre abzubezahlen.“ Sie gehe davon aus, dass Zypern nur der Anfang sei: „Wenn die Staaten ihre Schulden aus Missmanagement und Profitgier der Verantwortlichen nicht mehr bezahlen können, dann werden sie die Bürger anzapfen, mit Zwangskrediten auf Eigenheime und Plündern der Sparkonten.“ Zu oft hätten die rufenden Unken Recht behalten.

Die Eurozone ist in Gefahr

Die zyprische Krise könnte bedeutsamer für die EU sein als erwartet. „Die Auswirkungen werden so destruktiv sein, dass die Eurozone selbst in Gefahr sein wird. Findet bitte wieder zu den Anfängen Europas zurück!“, schreibt Christiana Avraamidou, eine zyprische Autorin. Und warnt: „Wenn das, was auf Zypern gerade passiert, sich auf Länder wie Irland oder Portugal ausweitet, verliert die Europäische Union ihr Wesen.“

taz
sonntaz

Den Streit der Woche zur Frage „Ist Zypern nur der Anfang?“ und viele andere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 23./24. März 2013. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Jörn Kruse, Professor für Wirtschaftspolitik und Mitglied der neuen rechtspopulistischen Partei „Alternative Deutschland“, findet, dass der Protest der zyprischen Bürger und Politiker zeige, wie sehr die Rettung maroder Banken durch den europäischen Steuerzahler schon als Selbstverständlichkeit angesehen werde.

Ein eigener Beitrag zur Lösung der Krise werde als unzumutbar, „neo-kolonialistisch“ und „finanzieller Völkermord“ bezeichnet. „Dies ist ein Symptom für eine mediterrane Haltung, die unvermeidlich noch viele teure und ärgerliche Konflikte zwischen Nord- und Südländern erzeugen wird, solange der Euro besteht.“ Eine Auflösung des jetzigen Euro wäre ein Friedensprojekt für Europa, schreibt er. Es würde auch den Südländern helfen, wieder auf eigene Beine zu kommen.

Das große Fressen werde auch nach Zypern weitergehen, schreibt Frank Schäffler, FDP, Mitglied im Finanzauschluss des Bundestages. „Seit dem ersten Schuldenpaket für Griechenland dreht sich die Interventionsspirale immer schneller.“ Mit diesem Plan „haben die Rettungseuropäer die Kriterien von Maastricht und die Nichtbeistandsklausel über Bord geworfen“. Am Ende stehe die Vergemeinschaftung aller Schulden durch Eurobonds, kritisiert er. „Es heißt, das wolle niemand. Wer glaubt das überhaupt noch?“

Die sonntaz-Frage beantworten außerdem Annamaria Simonazzi, Professorin für Wirtschaft an der Universität Sapienza in Rom, Panikos Lasettas, Archikekt auf Zypern und Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion – in der aktuellen sonntaz vom 23./24. März.

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11 Kommentare

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  • A
    Arno

    Lisa Fitz, politische Kabarettistin, hat noch nicht begriffen, dass in diesem Spiel die Putzfrau die Deutschen sind. Sie merkt wie viele nicht, dass es darum geht an die Kohle der anderen zu kommen. Deutschland und somit seine Bürger und Putzfrauen finanzieren seid Jahren die EU und stehen für die Gelddruckmaschine EZB als Bürge da. Mit diesem gedruckten Geld, werden zurzeit massenhaft Immobilien in Deutschland von anderen Europäern gekauft. Es wird sich massenhaft in deutsche Unternehmen eingekauft, mit Geld für das die deutschen Steuerzahler gerade stehen. Sie müssen sich mal die Entwicklung der Eigentumsverhältnisse der DAX Unternehmen ansehen. Dann werden Sie den Ausverkauf erkennen. Weite Teile der Unternehmenslandschaft gehören mittlerweile ausländischen Investoren. Der ehemals deutsche Wohlstand verschwindet gerade. In 10 bis 15 Jahren, wenn die Geburtenstarken Jahrgänge beginnen als schiebende Kräfte aus dem Arbeitsleben zu scheiden wird das Land feststellen, dass nichts mehr über ist. Um nachfolgenden Generationen den Wohlstand und die Zukunft zu sichern muss jetzt masiv gehandelt werden. Keine Bürgschaften mehr, es sollte ein deutscher Bürgerfonds aufgelegt werden, der sich gegen den Ausverkauf stemmt und deren Erträge zur Finanzierung von Bildung, Kinderbetreuung und Unterstützung von Rentnern herangezogen werden kann. Bei Daimler und Co sollten man nicht China, Kuwait, Norwegen etc. beteiligen sondern den Bürgerfonds unseres Landes. Eine evt. Vermögenssteuer müsste diesen Fonds zu gute kommen, sonst müssten die deutschen Unternehmer zur Finanzierung einer solchen Steuer Stück für Stück ihre Unternehmen an internationale Finanzanleger verkaufen und nach einem Strohfeuer wären wir ärmer als vorher. Was haben wir davon, wenn z.B. Daimler seine Gewinne nach Kuwait auskübelt, oder Vattenfall nach Schweden etc...

  • H
    Hugo

    Wenn man es über die Kaufkraft betrachtet, bleibt es fast gleich, ob eine Währung wie der Euro durch Gelddrucken systematisch entwertet wird oder ob jeder zwangsweise einen Betrag von seinen Ersparnissen leistet.(was quasi auf einen nachträgliche Steuer- oder Zinskorrektur hinausläuft) Negative Zinsen und Renditen, das haben die Linken Besserwisser und Heilsbringer doch jahrelang gepredigt. Warum regt man sich jetzt darüber auf? Bloß weil es das eigene Konto treffen könnte? Das nenne ich scheinheilig und ohne Moral! Das gilt auch für die Kritik von Lengsfeld und Geistesverwandten. Ist doch interessant, wie sich da Fronten zusammen raufen, von denen keiner gedacht hätte, dass sie zusammen gehören.

  • TS
    Thomas Sch.

    Schön zu sehen, daß auch die durchschnittlinke Kommentatoren hier anfangen zu begreifen, daß "Schulden" immer heißt, daß jemand anderes eine diesen Schulden entsprechende "Forderung" hat. Und daß dieser andere nicht immer einer der üblichen Verdächtigen ist, also der böse Großkapitalist, die internationale Großbank oder der gierige amerikanische Hedgefonds, sondern Opa Hoppenstedt, der sich in den letzten 30 Jahren 40.000 zusammengekratzt hat oder der Kioskbesitzer aus dem Erdgeschoß, der schon seit über 20 Jahren auf ein Wohnmobil hinspart. Und: Wenn Staaten pleitegehen (und das tun sie gar nicht mal so selten), geht natürlich nicht der Staat pleite, sondern seine Bürger. Warum, liebe Eurofans, halten Sie das denn für unmöglich, daß auch Ihr Konto mal betroffen sein könnte ? Glauben Sie nicht, daß auch Ihre schöne DG-Etage in Kreuzberg mal von einer Zwangsabgabe betroffen sein könnte ? Ich sage Ihnen: Stellen Sie es sich doch mal vor. Ich prophezeie Ihnen - ob Sie sich nun links oder rechts bezeichnen - Ihre Eurobegeisterung wird sich schlagartig verdünnisieren. Die Wette halte ich. Und ich gewinne eigentlich immer.

  • TS
    Thomas Sch.

    Schön zu sehen, daß auch die durchschnittlinke Kommentatoren hier anfangen zu begreifen, daß "Schulden" immer heißt, daß jemand anderes eine diesen Schulden entsprechende "Forderung" hat. Und daß dieser andere nicht immer einer der üblichen Verdächtigen ist, also der böse Großkapitalist, die internationale Großbank oder der gierige amerikanische Hedgefonds, sondern Opa Hoppenstedt, der sich in den letzten 30 Jahren 40.000 zusammengekratzt hat oder der Kioskbesitzer aus dem Erdgeschoß, der schon seit über 20 Jahren auf ein Wohnmobil hinspart. Und: Wenn Staaten pleitegehen (und das tun sie gar nicht mal so selten), geht natürlich nicht der Staat pleite, sondern seine Bürger. Warum, liebe Eurofans, halten Sie das denn für unmöglich, daß auch Ihr Konto mal betroffen sein könnte ? Glauben Sie nicht, daß auch Ihre schöne DG-Etage in Kreuzberg mal von einer Zwangsabgabe betroffen sein könnte ? Ich sage Ihnen: Stellen Sie es sich doch mal vor. Ich prophezeie Ihnen - ob Sie sich nun links oder rechts bezeichnen - Ihre Eurobegeisterung wird sich schlagartig verdünnisieren. Die Wette halte ich. Und ich gewinne eigentlich immer.

  • JG
    Jürgen Gojny

    Die börsenverzockende politische Klasse kommt zu spät. Ich räume bereits meine Konten ab. By the way, was machen eigentlich Spezialdemokraten, selbsternannte Unionschristen, börsenverzockende Neoliberale, Pseudolinke, wachsende Öko-Armut und Biozide verbreitende sowie jesuslatschige und sich um Kopf und Kragen twitternde Piraten wenn das Volk aufsteht und der Sturm losbricht???!!!

  • F
    Frontmotor

    @taz

    Wieso gilt es als "rechts" und "populistisch", wenn man als Normalo keine Lust mehr auf die Finanzierung von Bankenrettungen hat?

     

    Ihr nutzt den Begriff damit ab und helft. dass er demnächst nicht mehr negativ besetzt ist.

  • H
    Holländer

    Genau, RedHead. Eine "systemrelevante" Bank, also eins die man retten wurde, sollte es in einer Marktwirtschaft nicht geben. Risiken gehören zum Unternehmen dazu, nicht nur Profite.

     

    "Systemrelevante" Banken sollten nationalisiert werden und die Manager ein Gehalt wie ein Beamter bekommen. Hoffentlich wäre das ein Anreiz für Banken sich auf zu spalten und weniger zu vernetzen. Dann wäre die Marktwirtschaft wieder da.

  • B
    BL007

    Ich bin kein Anhänger der AfD, weil die den Euro gleich ganz abschaffen wollen.

     

    Aber wieso sollen die rechtspopulistisch sein? Ist das jetzt jeder, der zur praktizierten Euro"rettung" eine kritische Einstellung hat? Muß man ein Euro- und Europagegner sein, wenn man auf Einhaltung des Vertragsgeistes von Maastricht oder Lissabon besteht? Immerhin ist das gültiges Recht von Verfassungsrang.

     

    Derlei Einstellungen als rechtspopulistisch zu diffamieren, zeigt eigentlich nur journalistische Missgunst und/oder Unfähigkeit, in dem Thema zu differenzieren. Die wahren Eurogegner sind jene, die Gemeinschaftsschulden, Gelddrucken und damit Inflation das Wort reden. Inflation ist Wohlstandsvernichtung des kleinen Mannes auf breitester Front. Das wird zu Konflikten in Europa führen, welche die Friedenspolitik der letzten 60 Jahre at acta setzt.

  • H
    habnix

    Die Befürchtungen von Lisa Fitz sind sicher nicht unbegründet. Entscheidend für Asmussen und Konsorten ist, dass die Spekulaten durch den Normalbürger gestützt werden. Also Risiken zu Lasten unbeteiligter Dritter. So einfach kann Marktwirtschaft der Neoliberalen sein. Gewinne streicht man selbst unter minimalster Besteuerung ein und Verluste sind dann "Allgemeingut". Das ist "Mutti´s" Politik der schleichenden Enteignung. Ich glaube, ohne politischen Streik geht es hier nicht mehr.

  • A
    autocrator

    die kommentare, soweit hier zu lesen, sind durch die bank dramatisch schlecht durchdacht. Nimmt sich keiner mehr die zeit, die dinge mal nen ganzen tag lang durchzudenken?

     

    - was ist eine bank?

    - mit was handelt oder wettet eine bank?

    - was sind spareinlagen?

    - was sind sonstige anlageformen?

    - wer hat guthaben?

    - was ist eine solidargemeinschaft? national wie international?

    - was ist geld, was sind schulden?

    - wo kommen die staatsschulden her?

    - welche folgen hat die nicht-trennung von real-und finanz-wirtschaft?

    - wo liegt die geldschöpfung?

    - wo kommen wirtschaftswachstum, inflation, zinseszins & schulden her?

    - wieso kann man in Zypern so schön geldwäsche betreiben?

    - welche folgen hätte denn z.B. ein staatsbankrott wirklich?

    - oder ein ausstieg aus dem €uro?

    - wer hat eigentlich ein interesse daran, dass das, was ist, so bleibt wie es ist?

    - wieso muss da überhaupt was "gerettet" werden?

    - was machen EZB oder ESM?

    - wer sitzt da drin?

    - welche & wessen interessen vertreten die?

     

    usw.usf. ...

    wenn man das mal ordentlich durchdenkt, kann man über die kommentare oder das, was da die verschiedenen protagonisten des trauerspiels verbocken nur noch den kopf schütteln.

    Ein aufgeregtes hühnergegacker mit flügelschlag und federflug, als wäre der fuchs im stall, dabei ist noch nicht mal ein ei gelegt worden!

  • R
    RedHead

    Die Alternativen sind eben nicht nur entweder die EU zahlt oder Zypern beklaut die Anleger. Im übrigens ist das Insolvenzverschleppung und Betrug.

    Wenn Banken wirklich ein so hohes gesamtgesellschaftliches Interesse erfüllen, dass die Politik eine Insolvenz der Banken nicht in Kauf nehmen will, dann gehören Banken nicht in Privatbesitz. Für die eigene private Misswirtschaft ist jeder selbst verantwortlich, nicht der Steuerzahler. Enteignung steht hier sowieso im Raum, wieso dann nicht die Eigentümer der Bank enteignen? Und die der anderen Banken gleich mit, weil sie ja angeblich so wichtig sind.