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Streit der Woche mit Video"Vorausgesetzt, es hat keinen Sinn"

Ausgerechnet der ARD-Programmdirektor traut der ZDF-Sendung „Wetten, dass ..?“ noch einiges zu. Die Show sei zum PR-Forum verkommen, entgegnet Filmkritiker Georg Seeßlen.

Manchmal ein wenig gaga, aber dem ARD-Programmdirektor gefällt's: Die Kultsendung "Wetten, dass ..?". Bild: reuters

Anlässlich des 30. Geburtstags von „Wetten, dass ..? bezeichnet Volker Herres, ARD-Programmdirektor, die ZDF-Sendung als eines der wenigen Originale deutscher Fernsehunterhaltung, das sich stetig weiterentwickelt habe. „'Wetten, dass..?' ist nach wie vor sehr gut gemachte Familienunterhaltung, die ihren Reiz nicht daraus bezieht, dass Leute vor laufender Kamera fertiggemacht und bloßgestellt werden.“ Dies habe Gottschalk nicht nötig. „Seine Show bezieht ihren Spaßfaktor aus den originellen Wetten und seinem charmant-launigen Umgang mit den Gästen“ schreibt Herres.

Auch „Wetten, dass ..?“-Erfinder Frank Elstner findet nicht, dass sich die Show überlebt hat. „Die Fantasie der Zuschauerinnen und Zuschauer kennt keine Grenzen und es werden immer neue kreative Wettideen eingesendet.“ Die sinkenden Quoten der Sendung, schreibt Elstner, „sind auf einem größer werdenden Fernsehmarkt eine durchaus normale Entwicklung.“

Das Urgestein deutscher Fernsehunterhaltung habe sich längst überlebt, argumentiert hingegen der Filmkritiker und Hochschuldozent Georg Seeßlen. In seiner Anfangszeit war die „Offenbarung eines verborgenen Volksvermögens durchaus optimistisch aufgeladen. Ein Nonsens-Fest des kreativen Überschusses“, schreibt Seeßlen. Doch die Verhältnisse hätten sich dramatisch geändert. Inzwischen sei „Wetten, dass ..?“ zu einem PR-Forum der Unterhaltungsindustrie verkommen, neue Filme, neue Platten, neue Bücher zu promoten. „Gezeigt werden darf beinahe alles, vorausgesetzt, es hat keinen Sinn“, schreibt Seeßlen.

Bild: taz

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Der Fernsehkritik-Blogger Holger Kreymeier hofft, dass die Sendung nach dem schrecklichen Unfall im Dezember endlich wieder zur Seriosität zurückkehrt. „Wetten, dass ..?' bot einst große kreative Unterhaltung“ schreibt der Blogger Kreymeier. Durch unwitzige Comedians auf dem Sofa habe die Show jedoch ihren Unterhaltungswert verloren. Ihre Stärken seinen einst „exklusive Gäste und starke Wetten“ gewesen. Die Verpflichtung der „nervigen“ Michelle Hunziker als Co-Moderatorin ist dem Blogger ein Rätsel. „Der einzig kluge Satz aus ihrem Mund lautete: "Einen Arzt, bitte. In der Ausgabe, die bekanntlich vorzeitig endete", schreibt Kreymeier.

Im Streit der Woche in der Sonntaz äußern sich außerdem der Ex-“Wetten, dass ..?“-Moderator Wolfgang Lippert und die ehemalige Chefredakteurin der Bunten, Beate Wedekind, die sich für Gottschalks dumme Sprüche und die mehr oder weniger gut gealterten Damen und Herren im Saalpublikum begeistert.

Sehen Sie dazu auch die sonntaz-Video-Umfrage zu "Wetten, dass..?".

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6 Kommentare

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  • S
    Steffi

    Ich bin zwar kein ausgemachter Fan von Wetten dass, aber das Argument von Volker Herres finde ich verdammt schlagend:

    Wenn Sachen "Deutschland sucht den Superstar", "Dschungel Camp" und Skripted-Reality-"Dokus" das sind, was man als "auf der Höhe der Zeit" bezeichnen kann, dann soll Wetten dass doch ruhig altmodisch sein. Bei der Konkurrenz ist das doch geradezu ein Vorsprung.

     

    Und Theo, das mit den alten Leuten stimmt schon. Man muss sich aber mal klar machen, dass alte Leute die Mehrheit stellen und sich dieser Umstand sogar noch ständig weiter verstärkt.

    Ihnen "den bisschen Spass" zu gönnen, ist daher reichlich herablassend.

    Die Mehrheit prägt nun mal die Kultur.

    Und solange dass mit keiner Diskriminierung von Minderheiten einhergeht, kann die Mehrheit getrost darauf scheißen, ob Du ihr das gönnst. Deine Meinung braucht die Mehrheit überhaupt nicht zu interessieren.

  • D
    dieter

    Nach wie vor eine reine Geldrausschmeissveranstaltung..

     

    Weiß nicht, was daran interassant sein soll, gelangweilte Prominente zu beobachten, die nur ihre Zeit absitzen, weil sie es sich gut bezahlt haben lassen. Ansonsten würden die sich son Käse ja auch net antun. Leichtverdient.

     

    Der ARD-Chef findets natürlich dufte. Wenn auch noch der Quotenrenner wegfällt fiele es ja immer schwerer die Milliardenausgaben zu rechtfertigen für den ÖR Einheits-Low-Quality-Brei

  • R
    Rene

    Mir ist es eigentlich völlig wurscht ob die hier befragten Menschen "Wetten dass" schauen, sei es weil Sie keinen Fernseher, keine Zeit haben oder Thomas Gottschalk doof finden. Aber warum hetzen die alle so, kann denn keiner mehr stehen bleiben, wenn Ihnen eine Frage gestellt wird, was war da los? Ich glaube die hatten alle Angst Ihre Lieblingssoap am Vorabend zu verpassen.

  • H
    hto

    "Die Show sei zum PR-Forum verkommen, entgegnet Filmkritiker Georg Seeßlen."

     

    - offensichtlich läßt sich auf und in jedem Kommunikationsmüll trefflich PR machen!?

  • R
    rugero

    Zuletzt haben wir vor etwa einem jahr mal wieder zugeschaut nach längerer Pause. Nach der Hälfte haben wir die Sendung weggezappt. Das enorme Ausmaß an PR für Stars und die damals offene penetrante Werbung für Audi und die Post waren uns zuviel. Wir hatten den Eindruck, daß die Wetten immer mehr in den Hintergrundtreten, allenfalls noch die Hülle für die Werbung bilden.

  • T
    Theo

    Eine Sendung von alten Leuten für alte Leute. Ich möchte denen nicht das letzte bißchen Spass vorm Sensenmann streitig machen.

     

    Aber das mit dem PR Forum stimmt schon. Zu "Wetten dass..." kommen eh nur "Stars", wenn sie entweder einen Film promoten oder eine CD/ Buch vorstellen wollen.

     

    Zum Glück bezahle ich keine GEZ.